Fünf Jahre Smartphone:Lieber leben als iPhone

Seit fünf Jahren gibt es nun das iPhone. Noch immer soll es aber Menschen geben, die einfach nur ein normales Handy haben. Wir haben zehn gefunden. Hier erklären sie, warum sie auf ein Smartphone verzichten.

Mirjam Hauck

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Fünf Jahre Smartphone:Bierpfützen-erprobt

SonyE-Felix

Quelle: Mirjam Hauck

Seit fünf Jahren gibt es nun das iPhone. Doch noch immer gibt es Menschen, die einfach nur ein normales Handy haben. Neuneinhalb Smartphone-Verweigerer erklären, warum sie verzichten.

Keine Ahnung, welche Marke das ist. Kann man nicht mehr lesen. Auch die Tasten funktionieren nur noch, wenn man sie mit Gewalt reindrückt. Im Menü gibt es ein Tennis-Spiel, bei dem sich die Figuren genauso abgehackt bewegen wie "Leisure Suit Larry" in den 80ern. Und wenn mehr als 50 SMS im Speicher sind, muss gelöscht werden, sonst geht gar nichts mehr.

Warum ich der klobigen alten Gurke treu bin? Sie ist extrem robust (von den Tesafilmstreifen, die die Rückseite zusammenhalten, mal abgesehen). Sie hat schon stundenlang in Bierpfützen gelegen und ist mir hundertmal runtergefallen, einmal sogar aus einem fahrenden Auto. So eine Gurke finde ich nie wieder.

Marc Felix S. aus M.

Protokolle und Auswahl: Mirjam Hauck

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Fünf Jahre Smartphone:Zum Wohle meiner Kinder

Motorola Christian

Quelle: Mirjam Hauck

Ich gebrauche mein Handy, um zu telefonieren, die eine oder andere SMS zu verschicken, ein paar Termine zu verwalten. Ich bin erreichbar - ohne Apps und Gadgets. Und ich kann sogar Fotos machen, die nach was aussehen! Online könnte ich auch gehen - mach ich aber nicht, weil es kompliziert, mit so einem kleinen Display recht nutzlos und in meinem Basis-Tarif teuer ist.

Ich will im Urlaub nicht ständig meine E-Mails checken oder schauen, was los ist in der Welt. Dafür gibt es Nachrichten in Funk und Fernsehen. Und: Ich habe Urlaub! Oder Wochenende. Oder Feierabend. Ich sitze den ganzen Tag vorm PC, da brauch ich so was wie ein iPhone nun wirklich nicht. Und sollte ich mal im Urlaub und sonst wo - trotz intensiver althergebrachter Vorbereitung mit papiernen Reiseführern - mal den Weg nicht wissen, den lokalen Apple-Store oder die nächste Pizzeria nicht finden, habe ich immer noch 'nen Mund zum Fragen oder gehe in ein für iPhone-Nutzer antiquarisch anmutendes Internetcafé.

Was aber das Wichtigste ist: Ich möchte meinen Kindern zeigen, dass es auch ein Leben ohne iPhone und sonstiges gibt. Es gibt genug Kinder, die schon in der 1. Klasse mit Handy oder gar iPad hantieren und sich lieber Spielekonsolen als Büchern, Musikinstrumenten oder dem Sportplatz widmen.

Christian A. aus Z.

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Fünf Jahre Smartphone:Als würde King Kong Fenster putzen

Jannis Blackberry

Quelle: Mirjam Hauck

Smart ist an diesem Phone nur sehr wenig. Um ehrlich zu sein, ist einiges daran ziemlich doof. Es hat nicht einmal UMTS. Ein Londoner Banker hat sich einmal bei mir beschwert, mit Blackberrys könne man überhaupt keine Frauen mehr beeindrucken.

Aber diese Tastatur! Auf der kann man tatsächlich schreiben! Das war auf den alten Nokia-Zahlenpads äußerst umständlich. Die angeblich modernere Variante, Touchscreens wie beim iPhone, verschmutzt nicht nur schnell, selbst gestandene Nutzer vertippen sich ständig auf den virtuellen Tasten.

Außerdem: Mit zwei Daumen krampfig auf dem Blackberry rumzuhacken hat etwas von Jack Kerouac an der Schreibmaschine. Mit dem Finger übers iPhone wischen sieht aus, als würde King Kong Fenster putzen.

Jannis B. aus M.

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Fünf Jahre Smartphone:Pure Vernunft darf auch mal siegen

Nokia Tobi

Quelle: Mirjam Hauck

Nein, es war nicht das Mitleid mit einem kriselnden Weltkonzern, das mich vor einem Jahr dazu brachte, ein Nokia-Handy zu kaufen. Es war die pure Vernunft. Dieses Telefon, das auf den verführerischen Namen 6303i hört, kann keine Apps herunterladen, keine stylischen Instagram-Pics machen und es kennt auch keine Siri. Dafür nimmt es wenig Platz in der Hosentasche weg, funktioniert zuverlässig und - vor allem: Es muss nur einmal in der Woche aufgeladen werden, was allerdings auch nichts nützt, wenn man von seinen Freunden ab dem frühen Abend nur noch hört: "Mein Akku ist fast leer. Es kann also sein, dass du mich später nicht erreichst."

Kürzlich bin ich doch schwach geworden und habe mir ein Android-Smartphone gekauft. Doch dann kam ein Urlaub in Indien dazwischen, 6303i wurde reaktiviert und seitdem liegt das Smartphone in der Schublade. Morgens in der S-Bahn lese ich seitdem wieder Zeitung, anstatt Angry Birds zu spielen.

Tobias D. aus M.

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Fünf Jahre Smartphone:Leben in der Idioten-Zeit.

Nokia Paul

Quelle: Mirjam Hauck

Mein Handy und das iPhone sind ungefähr gleich alt: Gerade als die Apfel-Apparatur den Mobilfunk zu revolutionieren begann, kaufte ich mir das gute Stück aus dem Hause Nokia. Wenn das iPhone der Mercedes unter den Handys ist, dann ist mein Nokia vielleicht noch nicht einmal ein Yugo GV.

Trotzdem würde ich das Nokia niemals mit dem iPhone eintauschen - aus einem einfachen Grund: Ich versuche in der Tarkovskij-Zeit zu leben und nicht in der Idioten-Zeit. Der russische Regisseur ist schon 1986 gestorben, doch er wird im 21. Jahrhundert schwer vermisst. Denn inzwischen darf nichts mehr länger dauern - und niemand kann sich auf etwas länger konzentrieren - als zwei Sekunden, wozu das iPhone nicht unwesentlich beigetragen hat.

Tarkovskij arbeitete in seinen Filmen hingegen mit noch längeren Einstellungen als Antonioni, was die Konzentration der Zuschauer in ungeahnt fruchtbarer Weise schult. Wenn die Menschen heute keinen Henry James mehr lesen können, weil sie nicht mehr die Aufmerksamkeit aufbringen können, von einer endlosen Sentenz zur nächsten zu gelangen, dann ist das ein klares Indiz für ihr Leben in der Idioten-Zeit. Mit dem iPhone werden sie diesen Modus kaum abschalten können.

Paul K. aus M.

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Fünf Jahre Smartphone:Wie ein alter Daimler

Nokia alt

Quelle: oH

Angeblich nutzen die Meisten das 6310i, weil sie alte Daimler fahren. Ich habe kein Auto, denn ich reise viel. Und dabei muss ich telefonieren ohne mir Sorgen über den Akku zu machen. SMS tippe ich gerne ohne hinzusehen. Deshalb bleibt der Knochen.

Der Benutzer möchte anonym bleiben.

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Fünf Jahre Smartphone:Kein jährliches Neu-Handy-Geschenk

Nokiabronze Christina

Quelle: Mirjam Hauck

Ich habe mein Normalo-Handy nur noch, weil ich zu geizig bin, mir ein Smartphone selbst zu kaufen. Ich habe nämlich einen Handyvertrag ganz ohne jährliches Neu-Handy-Geschenk. Mittlerweile hat aber sogar meine Mutter ein iPhone und ich fühle mich immer altmodischer - und das nicht im positiven-hippen Sinne.

Also werde ich wohl demnächst die Zähne zusammenbeißen und einen neuen Vertrag abschließen. Da ich dafür in so einen Handy-Shop gehen muss, zögere ich die Entscheidung allerdings noch weiter hinaus.

Christina W. aus M.

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Fünf Jahre Smartphone:Geduld, Geduld!

Nokia Verena

Quelle: Mirjam Hauck

Mein Handy ist noch gar nicht so alt. Und ja - es war eine bewusste Entscheidung, kein iPhone zu kaufen. Ich brauche kein iPhone, weil ich nicht jeden Morgen eine halbe Stunde und mehr in der S-Bahn verbringe, sondern auf dem Land wohne. Ich kann mich zehn Minuten gedulden, bevor ich das nächste Mal ins Internet gehe - mal abgesehen davon, dass das ja auch mit anderen Mobiltelefonen als dem iPhone funktioniert. Ich habe ein Telefon, mit dem ich telefonieren kann und einen Kalender, in dem ich meine Termine nachschauen und koordinieren kann.

Denn nichts nervt mich so sehr wie iPhone-Nutzer, die mich "gleich nochmal anrufen müssen", weil sie gerade nicht in ihren Kalender schauen können, weil sie den gerade ans Ohr drücken.

Verena W. aus A.

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Fünf Jahre Smartphone:Real nie wirklich da

Walkman-Handy Julia

Quelle: Mirjam Hauck

Der Hauptgrund ist, dass ich es schlicht absurd finde, 600 Euro für ein Smartphone auszugeben. Ich lebe gerne sparsam und bin kein großer Fan von Luxus.

Zwar hätte ich manchmal gerne Google Maps auf meinem Handy, letztlich bin ich aber doch ein bisschen froh, dass ich es nicht habe. Denn einer Grafik folgend, kann man die Straßen viel weniger wahrnehmen als mit dem gerade beschriebenen Weg von einem Passanten im Kopf.

Hätte ich ein Smartphone, wäre mein ganzes Leben in der Tasche. Das hat zwar auch klare Vorteile -  wie oft habe ich schon Freunde angerufen, ob sie mal schnell an den Rechner gehen können, um mir das Kinoprogramm durchzugeben, weil ich mich spontan entschlossen habe, ins Kino zu gehen. Trotzdem, die Welt wird mir zu schnell.

Die Kommunikation mit Freunden wird immer häufiger dadurch abgebrochen, dass jemand etwas im Smartphone nachgucken kann oder das Gefühl hätte, er müsste es tun. Man ist immer erreichbar und real nie wirklich da, weil man seine Erreichbarkeit aufrecht erhalten muss oder möchte.

Last but not least ist es einfach ein tolles Gefühl, das Handy auf den Boden knallen zu sehen und dabei das Herz nicht pochen zu hören.

Julia S. aus M.

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Fünf Jahre Smartphone:Ok, ich habe auch ein iPhone

Barbara

Quelle: Barbara Vorsamer

Wenn mein altes Nokia-Telefon nicht irgendwann abgeraucht wäre - ich hätte es heute noch. Schließlich hatte es immer Netz, immer Akku und brauchte weder Updates noch Synchronisation.

Dass ich mich damals für ein iPhone statt für ein Nachfolgemodell der alten Nokiamühle entschieden habe, war vor allem ein Statement. Schließlich war ich gerade in Elternzeit und wollte signalisieren, dass mit mir noch zu rechnen ist und dass ich nicht ewig nur am Wickeltisch stehen werde.

Inzwischen bin ich der Meinung, dass niemand ein iPhone dringender benötigt als die Mutter eines kleinen Kindes. Denn sie hat schließlich nie Zeit, in Ruhe E-Mails zu schreiben, einkaufen zu gehen, Zeitung zu lesen.

Das iPhone aber steht immer parat, um zwei Tage vorm Urlaub noch schnell von unterwegs ein UV-Schutzzelt zu bestellen, am Spielplatz über Ebay Babyklamotten zu ersteigern, sich per Whatsapp mit den anderen Mamas zu verabreden, in den wenigen ruhigen Momenten auf Süddeutsche.de herumzulesen und mit Hilfe von Google Maps nach einem langen Spaziergang wieder nach Hause zu finden.

Inzwischen brauche ich mein iPhone kaum mehr. Ich arbeite wieder und sitze den ganzen Tag vorm PC.

Barbara V. aus G.

© Südeutsche.de
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