Süddeutsche Zeitung

Frei gegen Kaution:Megaupload-Chef Schmitz aus U-Haft entlassen

Kim Schmitz ist frei: Einen Monat nach seiner Festnahme in Neuseeland wurde der Gründer von Megaupload gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen. Der Richter sah keine Fluchtgefahr. Schmitz muss strenge Auflagen erfüllen - unter anderem ist ihm der Zugriff aufs Internet verwehrt.

Kein Geld, drei Kinder, eine schwangere Frau: Das sollte einen Mann davon abhalten, vor dem Gesetz zu fliehen, findet Nevin Dawson. Der Richter aus dem neuseeländischen Auckland hat den deutschen Betreiber von Megaupload, Kim Schmitz, einen Monat nach dessen Verhaftung gegen Kaution freigelassen. Die genaue Summe ist unbekannt.

Nachdem er auf freiem Fuß kam, umschwärmten Reporter den schillernden Internet-Unternehmer. Auf die Frage, wie die Polizisten ihn behandelt hätten, antwortete Schmitz grinsend: "Es fühlte sich an wie ein Vorsingen bei 'Deutschland sucht den Superstar'." Er betonte außerdem, er sei erleichtert, seine drei kleinen Kinder und seine schwangere Frau wiederzusehen.

Neuseeländische Behörden hatten Schmitz auf Wunsch von amerikanischen Ermittlern festgenommen. Die USA werfen Schmitz und seinen drei Mitarbeitern vor, die inzwischen geschlossene Plattform Megaupload zu einem der größten Umschlagplätze für illegale Kopien von Filmen und Musik gemacht zu haben. Den Rechteinhabern sei so ein Schaden von mehr als 500 Millionen Dollar entstanden.

Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück. Megaupload bot seinen Nutzern seit 2005 an, Daten im Internet zu speichern und dort auch anderen zur Verfügung zu stellen. Dies ist an sich nicht verboten. Allerdings wurde die Plattform auch dazu genutzt, illegale Kopien etwa von Musik, Filmen und Software zu verbreiten.

In Deutschland ist Schmitz bekannt, weil er als selbsterklärter Super-Hacker und, während der Dotcom-Blase, als Investor in Internet-Firmen mit skurrilen Aktionen in die Öffentlickeit drängte. Er wurde wegen Insider-Handel verurteilt, fuhr mit anderen Millionären halblegale Autorennen quer durch Europa und veröffentlichte selbstproduzierte Videos, in denen er sich selbst neben B-Prominenten inszenierte.

Richter Dawson hatte im Gegensatz zu zwei vorherigen Entscheidungen von Kollegen keine Bedenken, den 38-Jährigen auf freien Fuß zu setzen. Neben der Beschlagnahmung seines Vermögens sei auch seine Familie ein Grund, weshalb Schmitz ein Interesse daran habe, in Neuseeland zu bleiben, argumentierte Dawson. Die Auflagen verbieten Schmitz, aufs Internet zuzugreifen. Außerdem muss er in seinem Anwesen in Auckland bleiben, es sei denn, es gebe einen medizinischen Notfall. Zudem darf kein Hubschrauber auf seinem Grundstück landen.

Der Anwalt von Schmitz, Paul Davison, sagte, sein Mandant sei entschlossen, weiter gegen die US-Vorwürfe zu kämpfen. Diese hätten "keinerlei substanzielle Basis".

Drei Mitarbeiter des 38-Jährigen, der auch die finnische Staatsbürgerschaft besitzt und seinen Namen inzwischen in Kim Dotcom geändert hat, waren schon zuvor gegen Kaution aus der Untersuchungshaft freigekommen, darunter zwei weitere Deutsche. Die vier waren am 20. Januar auf Antrag der US-Behörden von der neuseeländischen Polizei wegen Internet-Piraterie festgenommen worden.

Die Entscheidung des Richters vom Mittwoch ist ein Rückschlag für die US-Justiz, die eine Auslieferung der vier Megaupload-Verantwortlichen fordert, unter anderem wegen Verletzung des Urheberschutzes und Betrug. Eine Anhörung zu den Auslieferungsanträgen soll voraussichtlich am 20. August stattfinden. Sollte der aus Kiel stammende Schmitz vor ein US-Gericht gestellt werden, droht dem ehemaligen Internet-Hacker die Maximalstrafe von 20 Jahren Haft.

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