Freedom Box Foundation:Freiheit von der Macht der Webkonzerne

Meine Daten gehören mir: Eine Graswurzelbewegung setzt sich für ein dezentrales Internet ein. Eine Alternative zu den großen Web-Portalen?

Im Internet bedeutet Freiheit vor allem Kontrolle: Kontrolle darüber, was mit den eigenen Daten passiert.

Pirate Box

Mini-Server Pirate Box: Das Internet soll wieder dezentral werden.

(Foto: David Darts)

Die beginnt in den Augen einer neuen Bewegung nicht erst mit einer transparenteren Datenschutzpolitik von Großunternehmen wie Facebook oder Google, sondern bereits mit dem Ort, an dem die eigenen Daten lagern.

Freedom Box Foundation heißt die Stiftung, die der US-Rechtsprofessor Eben Moglen vor wenigen Wochen gegründet hat. Die Idee dahinter: Eine Selbstversorgung der Nutzer durch eigene Privat-Server vorantreiben.

Die Vision soll einem Trend entgegenwirken, der sich am besten mit dem Wort Zentralisierung beschreiben lässt: Unsere Daten haben wir längst bei einigen wenigen großen Online-Dienstleistern im World Wide Web abgegeben. Die Freedom Box soll diesen Trend umkehren: Jedermann kann seinen eigenen Server erhalten und sich ins Wohnzimmer stellen.

Diese verschlüsselte Datenbank verbindet sich wiederum mit den Servern von Freunden und lässt so eine dezentrale Struktur entstehen. Der Vorteil: Der Einzelne hat immer die Kontrolle über seine Daten, weiß genau, dass sie nur bei ihm lagern. Als Backup-Server fungieren die Freedom Boxes von Freunden, wo die Inhalte verteilt und verschlüsselt lagern. Die Technik der dezentralen Speicherung ist bereits von Datentauschformen wie BitTorrent bekannt.

Lunchbox mit Datenpäckchen

Prinzipiell ist diese Idee eines eigenen Datenspeichers nicht neu, aber bislang wenig praktikabel: Kaum jemand würde sich heute einen Server ins Wohnzimmer stellen, auch wenn diese inzwischen schon recht handlich sind.

Allerdings sind die Materialkosten inzwischen so stark nach unten gegangen, dass es sogar kein großes Problem mehr darstellt, ein eigenes Datenzentrum selbst zusammenzuschrauben.

Wie ein solcher Mini-Server aussehen kann, zeigt die Pirate Box des New Yorker Kunstprofessors David Darts, die er für weniger als 100 Dollar gebastelt hat. Sie sieht aus wie eine Brotzeitdose, in Wirklichkeit enthält sie einen kleinen Server und einen Wlan-Router.

Die tragbare Pirate Box ist nicht ans Internet angeschlossen, ermöglicht aber eine lokale Tauschplattform: Darts' Studenten stellen über ihre Laptops die Verbindung her und tauschen auf dem gemeinsamen Server Dokumente und Ideen aus. Ihre Login-Daten werden nicht gespeichert.

"Das Internet entwickelt sich im Moment ähnlich wie das Radio", sagt Darts, "zu Beginn gab es großen Optimismus, dass eine neue Massenkommunikationsform entsteht, doch dann setzte sich das werbefinanzierte Modell der Radiostationen durch. Die Pirate Box ist eine Antwort auf eine ähnliche Zentralisierung, die wir im Web gerade erleben."

Anonyme Chatplattform

Gerade baut Darts eine Chatsoftware für die Pirate Box. Damit könnte sie zu einer anonymen, lokalen Chatplattform werden, mit der sich beispielsweise Demonstranten während Protestaktionen verständigen können.

Was Freedom Box Foundation und Pirate Box verbindet, ist die Idee eines Internet, das ohne große Zwischenhändler funktioniert. In diesem Geiste basiert die verwendete Software auf Open Source, jeder kann sich an der Weiterentwicklung beteiligen.

Ob eine breite Masse von Nutzern allerdings bereit ist, sich vom Komfort webbasierter Dienste zu verabschieden, bleibt fraglich. Und auch das beste dezentrale Netzwerk funktioniert nur, wenn sich genügend Menschen daran beteiligen.

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