Flughafen-Sicherheit:Körperscanner mit Unschärfen

Können Körperscanner unsere Flughäfen sicherer machen? Die Geräte zeigen keine Nackedeis mehr, doch ein Kernproblem bleibt: Die Systeme haben gravierende Lücken.

Johannes Kuhn

Wolfgang Bosbachs Lächeln gefror vor laufender Kamera. "Das finde ich jetzt nur begrenzt witzig", knurrte der CDU-Sicherheitspolitiker in der ZDF-Talkshow "Markus Lanz", nachdem der österreichische Physiker Werner Gruber gerade einen Gegenstand nach dem anderen hervorgeholt hatte: Einen Zünder, im Mund versteckt, ein Röhrchen, unter einem Schienbeinpflaster befestigt, drei Flaschen Thermit. Aus den Substanzen entzündete er ein 3000 Grad heißes Feuer, das in einem Flugzeug verheerende Folgen angerichtet hätte.

Flughafen-Sicherheit: Körperscanner, wie er bereits am Flughafen Amsterdam eingesetzt wird: Kein Hinweis auf gefährliche Strahlung

Körperscanner, wie er bereits am Flughafen Amsterdam eingesetzt wird: Kein Hinweis auf gefährliche Strahlung

(Foto: Foto: ddp)

Das Pikante: Gruber, der als Experimentalphysiker an der Universität Wien arbeitet, war zuvor von einem Körperscanner der Firma ThruVision ausgeleuchtet worden - Geräte dieser Art könnten bald an allen deutschen Flughäfen stehen. Bei den Proben sei er noch viel intensiver durchsucht worden, das Ergebnis sei das gleiche geblieben. "Jedes technische Gerät lässt sich überlisten", sagt Gruber, "auch Körperscanner".

Nicht erst seit dem falschen Terroralarm am Münchner Flughafen diskutiert Deutschland über Flughafen-Sicherheit. Dabei trug die Debatte über Körperscanner lange Zeit hysterische Züge: Da wurde in Deutschland über die Einführung von Backscatter-Scannern diskutiert, die mit Röntgenstrahlen durch die Kleider leuchten und die Fluggäste nackt zeigen - obwohl die Installation solche Geräte wohl schon an den Maßgaben der deutschen Röntgenverordnung scheitern dürfte.

Können die Geräte Anschläge verhindern?

Derzeit testet die Bundespolizei in Lübeck Scanner, die mit Millimeterwellen arbeiten. Diese werden vom Körper reflektiert und können wasserhaltiges von leblosem Gewebe unterscheiden - und damit im Idealfall erkennen, wenn ein Mensch verbotene Gegenstände am Körper trägt. Mit "Nacktscannern" hätten diese Geräte nicht viel zu tun, versichert das Bundesinnenministerium (BMI). Auf einer Internetseite wird erklärt, dass Menschen auf dem Bildschirm nur als Piktogramme angezeigt werden - und nur in dem Fall, dass Gegenstände am Körper zu finden sind.

Gesundheitsrisiken wurden bei dieser Technik bislang noch nicht festgestellt, doch die Kernfrage bleibt: Wie zuverlässig können die Geräte Anschläge verhindern? "Wenn Sie eine gewisse Leibesfülle haben, können sie sich den Sprengstoff in Hautfalten klemmen, auch der Enddarm wäre ein beliebtes Versteck", sagt Physiker Gruber, "und wenn Substanzen geschluckt und auf der Bordtoilette wieder ausgeschieden werden, hilft ihnen ebenfalls kein Bodyscanner." Drogenkuriere würden pro Flug 20 bis 30 mit Heroin gefüllte Kondome transportieren, die sie vorher verschluckt hätten.

Auch das Einnähen explosiver Substanzen in Kleider könnte eine Lücke bieten - immer noch streiten Experten, ob ein Körperscanner den in die Unterhose eingenähten Sprengstoff des mutmaßlichen Detroit-Attentäters überhaupt entdeckt hätte.

Weshalb die jetzigen Scanner bald veraltet sein könnten

Alexander Kekulé, Mikrobiologe an der Universität Halle-Wittenberg und Mitglied der Schutzkomission des BMI, fordert deshalb ein Umdenken: "Wir befinden uns bereits jetzt in einer Situation, in der wir uns aus Angst beinahe versklavt haben. Damit haben die Terroristen ein Teilziel bereits erreicht", sagt er. "Deshalb müssen wir überprüfen: Welchen Sicherheitsgewinn bringen uns Körperscanner? Und der ist meiner Meinung nach am Ende marginal."

Gewinnen dürften die Hersteller, die 150.000 Euro für ein Gerät verlangen. Die Passagiere würden weniger glücklich sein, dürften sich doch die Schlangen vor den Sicherheitskontrollen am Flughafen durch den Körperscan weiter verlängern: Millimeterwellenscanner können Menschen nur aus nächster Nähe erfassen, eine Kontrolle ist deshalb zeitaufwendig. Einen Fortschritt könnten hier passive Scanner mit Terahertz-Wellen bieten. Diese könnten nicht nur auf größere Entfernung Messungen vornehmen, sie würden auch auf eine aktive Bestrahlung der Fluggäste verzichten.

Sprengstoff am Spektralbild erkennen

Da ihr Bild allerdings nicht so genau wie das der Millimeterwellenscanner ist, und die Lücken im System auch hier bestehen, ruht die Hoffnung auf einer anderen Anwendung der Technik. Heinz-Wilhelm Hübers vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) arbeitet derzeit mit seinem Team an einem Gerät, das Sprengstoffe anhand von deren Spektralbild erkennt.

Weil jeder Sprengstoff eine Art unverwechselbaren Fingerabdruck hat, könnten die Sicherheitsbehörden mit einem Terahertz-Gerät solche Substanzen direkt identifizieren. Dies könnte Körperscanner-Einzelkontrollen deutlich verkürzen oder sogar überflüssig machen, würde man solche Geräte an bestimmten Punkten im Flughafen aufstellen und einfach die Strahlung vorbeilaufender Passagiere messen. "Das ist ein sehr ambitionierter Plan", dämpft Hübers jedoch die Hoffnungen, "in zwei Jahren wissen wir mehr."

Gut möglich also, dass die heutigen Geräte bereits in wenigen Jahren als überholt gelten.

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