Flirten per SMS und E-Mail:"Man muss spitz sein"

Wer seine Angebetete erobern will, sollte in SMS und E-Mails auf Wörter wie "nett" oder "LG" verzichten. Flirt-Experte Phillip von Senftleben verrät, worauf es ankommt.

Leonie Teßmer

Seine Flirt-Erfolgsquote liegt angeblich bei 85 Prozent: Rund 1200 Telefonnummern will Radiomoderator Phillip von Senftleben in den vergangenen vier Jahren gesammelt haben. Seine Geheimnisse brachte der 42-Jährige zuletzt angehenden IT-Fachleuten des Potsdamer Hasso-Plattner-Institut für Softwaretechnik bei.

Flirten per SMS und E-Mail: Journalist, Flirt-Coach und Buchautor Phillip von Senftleben.

Journalist, Flirt-Coach und Buchautor Phillip von Senftleben.

(Foto: Foto: oH)

sueddeutsche.de: Sind IT-Fachleute eine besondere Herausforderung?

Phillip von Senftleben: Ich lasse mich von Vorurteilen nicht beeindrucken - und die Klischees haben sich auch nicht bestätigt. Ich arbeite immer mit Menschen zusammen. Jeder kann Flirten lernen. Das heißt: Ich habe den Jungs und Damen versprochen, dass nach meinem Seminar keiner länger als 14 Tage ungeküsst bleiben wird.

sueddeutsche.de: Was haben Sie ihnen beigebracht?

von Senftleben: Da das Seminar unter dem Motto "Der Mensch ist Mensch durch Worte" stand, war mir die von mir entwickelte Terminologie spitze und stumpfe Worte wichtig. Worte wie "nett" zur Beschreibung einer Person sind stumpf, weil sie nichts Spezielles aussagen. Diese sind beim Flirten verboten. Besser sind spitze Worte wie "einfühlsam", die sich eindeutig auf eine konkrete Eigenschaft beziehen.

sueddeutsche.de: Wer schriftlich flirten will, sollte also "spitz" sein?

von Senftleben: Absolut, weil man dadurch - und das ist auch einer der wichtigsten Aspekte - merkwürdig wird. Und zwar in dem Sinne, dass man würdig ist, dass der andere sich einen merkt. Man muss auffallen und etwas Besonderes sein. Eine gute Einstiegsregel für die erste Ansprache ist, dass man irritieren soll. Das geht mit Humor oder mit etwas zunächst deplatziert Wirkendem. Denn Irritation zieht immer eine Reaktion nach sich. Und da hat man einen ganz einfachen Flirteinstieg - auch wenn man sehr schüchtern ist. Das allersimpelste Beispiel, dass ich meinen Seminarteilnehmern gern für den Flirt an der Busstation oder im Fahrstuhl mitgebe, ist, ab 15 Uhr einfach "Guten Morgen" zu sagen. Daraus ergibt sich zu 99 Prozent ein Gespräch.

sueddeutsche.de: Gibt es spezielle Regeln für einen erfolgreichen Flirt?

von Senftleben: Selbstverständlich, das fängt bei Formalitäten an. So sollte man den Zeitabstand und Umfang, in dem die Korrespondenz stattfindet, spiegeln. Das heißt, bekomme ich erst nach drei Stunden eine Antwort auf meine SMS, antworte ich auch erst nach drei Stunden. Dieses Machtspielchen gilt auch auf dem virtuellen Sektor. Es sei denn, es geht um eine Verabredungs-SMS. Bei einer einer E-Mail oder Kurznachricht muss man als Schreiber zudem beachten, dass man im Grunde für ein Publikum schreibt. Wenn die ersten Flirt-SMS auftauchen, zeigen die Empfänger sie ihrer besten Freundin, ihrer Mutter, ihrer Schwester und holen sich Rat ein. Deswegen ist es ganz wichtig, SMS sorgfältig, witzig, herausfordernd, höflich und originell zu formulieren.

Auf der nächsten Seite: Warum man sich beim Schreiben von Flirt-SMS Zeit nehmen sollte.

"Man muss spitz sein"

sueddeutsche.de: Gibt es da einen bestimmten Trick?

von Senftleben: Wichtig ist Empathie. Also, bei SMS sollte man niemals "LG" am Ende schreiben. Das steht in Flirtangelegenheiten für Langweiler. Es zeigt, dass ich mich überhaupt nicht mit meinem Gegenüber beschäftige und ist völlig unoriginell. Und man muss beim Flirten individuell sein. Was wunderbar funktioniert, ist seine Befindlichkeit am Ende der SMS mit dem vorletzten Wort in einem Wort zusammenzufassen. Also wenn man vor dem ersten Date aufgeregt ist, dann schreibt man "Aufgeregt: Katja". Das ist die sanfteste Form von Originalität plus Selbstoffenbarung. Das zieht, weil es so prägnant ist.

sueddeutsche.de: Liegt die Hemmschwelle bei SMS und E-Mail niedriger, weil es eine vermeintliche Anonymität gibt?

von Senftleben: Bei einer SMS ist da ja nicht so - da weiß man ja, wer der Adressat ist. Wenn die Hemmschwelle da gering ist, sollte man sie wieder heraufsetzen. SMS sollten gerade wegen des Öffentlichkeitsaspekts sehr sorgfältig formuliert werden.

sueddeutsche.de: Ist es schwieriger, per SMS oder E-Mail zu flirten, als wenn man sich persönlich gegenübersteht?

von Senftleben: Nein, nein. Aber Liebe zu wecken ist anspruchsvoll und muss erlernt werden. Man muss anfangen, seinen Wortschatz zu überarbeiten. Die Sprache ist der Weg über den wir zur Liebe kommen. Je sprachgewandter man ist, je direkter man mit Worten agieren kann, desto mehr Liebe kann man auf schnellere Weise wecken.

sueddeutsche.de: Wie macht man das?

von Senftleben: Sich für Worte zu sensibilisieren geht über simple Spiele wie spitze Worte, stumpfe Worte. Und dann kann man ganz einfach trainieren, Synonyme zu finden. Ich gebe in meinen Seminaren oft als Hausaufgabe in zwei Wochen 20 Worte für "sanft" zu finden. Die ersten drei schreiben sie ganz schnell hin, aber dann geraten sie schon ins schwanken. Doch wenn sie die Aufgabe wirklich durchziehen, dann fruchtet die Regel ganz schnell.

Auf der nächsten Seite: Warum Smileys nicht witzig sind.

"Man muss spitz sein"

sueddeutsche.de: Wie sieht es mit Ironie aus?

von Senftleben: Ironie gibt es im Internetverkehr heute fast nicht mehr, weil jeder eine sanft-ironische Andeutung bereits mit einem Smiley kennzeichnet, ihr also die Überraschung und das Geheimnisvolle raubt. Das gilt auch für Humor, der beim Flirten auch ganz wichtig ist. Bitte nicht Humor als solchen kennzeichnen. Was wirklich witzig oder ironisch ist, wirkt von sich aus und braucht keine kleinen Smileys.

sueddeutsche.de: Was sind weitere Fehler, die man machen kann?

von Senftleben: Geschlossene Fragen zu stellen, die man nur mit Ja oder Nein beantworten kann. Um Fehler zu vermeiden, ist es auch sinnvoll, mal die Ich-Perspektive einzunehmen. Zum Beispiel, wenn wenn man an dem anderen etwas zu bemängeln hat. Anstatt dem anderen vorzuwerfen, etwas unverständlich geschrieben zu haben, einfach sagen, dass man hier und da nicht ganz folgen konnte.

sueddeutsche.de: Rund sieben Millionen Singles suchen monatlich in Online-Kontaktbörsen nach Partnern. Sollen Ihre Tipps auch dabei helfen?

von Senftleben: Selbstverständlich. Internet ist insofern manchmal ein bisschen schwierig, als dass man da die Möglichkeit hat, viel zu lügen. Ich würde immer auf Authentizität gehen, dann ist das Internet ein adäquates Mittel, jemanden kennenzulernen.

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