Verschlüsselungsdebatte:Offener Brief gegen Facebooks Verdunklung

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Will künftig Nachrichten verschlüsseln und hat deswegen Post vom US-Justizminister bekommen: Facebook-Chef Mark Zuckerberg. (Foto: Justin Sullivan/AFP)

US-Justizminister Barr macht Stimmung gegen Zuckerbergs Verschlüsselungspläne. Ermittlern könnte damit bald Zugang zu wichtigen Beweismitteln fehlen, fürchtet er.

Von Max Muth, München

US-Justizminister William Barr will verhindern, dass Facebook Nachrichten, die mit dem Messenger-Dienst des Netzwerks versendet werden, Ende-zu-Ende (E2E) verschlüsselt. Diese Art der Verschlüsselung führt dazu, dass selbst die Social-Media-Konzerne den Inhalt der Nachrichten nicht kennen, weil sie vor dem Versand verschlüsselt werden und erst auf dem Gerät des Empfängers wieder entschlüsselt werden.

Barr schickte dazu einen offenen Brief an Facebook-Chef Mark Zuckerberg, über den die Nachrichtenseite Buzzfeed zuerst berichtet hat. Darin argumentieren Barr und die Innenminister von Großbritannien und Australien, Priti Patel und Peter Dutton, dass so verschlüsselte Kommunikation dazu führe, dass die Behörden im Kampf kaum Chancen gegen Terroristen oder Verbreiter von Kinderpornografie haben. Sie fordern Facebook auf, die Pläne zu verwerfen, oder aber Hintertüren für Ermittler einzubauen.

Ein Vorreiter bei E2E-Verschlüsselung ist iMessage, der Dienst mit dem iPhone-Nutzer Nachrichten hin und herschicken, Whatsapp zog 2016 nach und führte ebenfalls flächendeckend Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein. Auch Apps wie Threema oder Signal rühmen sich damit, dass sie den Inhalt von Nachrichten ihrer Nutzer nicht lesen könnten, selbst wenn sie es wollten. Nun plant auch der Whatsapp-Mutterkonzern Facebook, seine Messenger auf diese Art abhörsicher zu machen.

Der offene Brief gilt als Antwort auf einen Blogpost Zuckerbergs

Für die Strafverfolgungsbehörden ist das ein unangenehmes Szenario. Gerade die Kombination aus offener Social-Media-Plattform mit sichtbaren Profilbildern und verschlüsselter Kommunikation erhöht Barr zufolge die Gefahr, dass etwa Kinder von Unbekannten angesprochen würden, ohne dass Ermittler etwas tun können.

Barr und seine Kollegen sehen ihren offenen Brief auch als Antwort auf einen Blogpost, den Zuckerberg im März dieses Jahres veröffentlicht hatte, in dem dieser die Vision eines in Zukunft deutlich privateren Sozialen Netzwerks gezeichnet hatte. In dem Text hatte der Facebook-Chef selbst angemerkt, dass ein auf geschützte Kommunikation ausgelegtes Facebook wohl deutlich weniger Fälle von Hetze, Missbrauch und anderen Verstößen gegen Gesetze oder Plattformregeln identifizieren könnte, als bisher.

Der offene Brief der Minister ist eine weitere Episode in einem Konflikt zwischen Ermittlern und Technologiekonzernen, der seit 2016 schwelt. Damals hatte ein Richter angeordnet, dass Apple das Telefon eines getöteten Attentäters entsperrt, der Konzern hatte sich gerichtlich gegen die Anweisung zur Wehr gesetzt.

Zuckerbergs Zukunftsszenario für ein privateres Facebook war im März verhalten positiv aufgenommen worden. Verschiedene Kommentatoren hatten jedoch auch gemutmaßt, dass der Schritt für Facebook auch deshalb so wichtig wäre, um die Kommunikationen zwischen WhatsApp, Messenger und Instagram zu bündeln - und damit eine Art Mega-Netzwerk ähnlich des chinesischen WeChat zu schaffen.

Der Widerstand der Justizbehörden dürfte für Facebook nicht überraschend kommen. In einer kürzlich geleakten Audio-Datei eines Facebook-Meetings hatte Zuckerberg angekündigt, dass sich wegen der Pläne des Unternehmens Konflikte mit den Behörden abzeichnen, und er beabsichtige dagegen zu halten. Dementsprechend fiel jetzt die Antwort aus. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei zunehmend der Standard in der Branche und werde von über einer Milliarde Menschen genutzt. Hintertüren für Ermittler, wie sie jetzt von Barr gefordert werden, würden deshalb die Privatsphäre und die Sicherheit von Menschen auf der ganzen Welt gefährden.

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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