Süddeutsche Zeitung

Facebook:Washington, D.C. verklagt Facebook wegen Cambridge Analytica

  • Der Cambridge-Analytica-Skandal hat für Facebook in den USA ein juristisches Nachspiel.
  • Der Washingtoner Generalstaatsanwalt verklagt den Tech-Konzern wegen Verstößen gegen lokale Datenschutzregeln.
  • Auch die Bundesbehörde für Verbraucherschutz, FTC, prüft seit Monaten, ob Facebook eine Vereinbarung mit der Behörde verletzt hat, lässt sich bislang aber nicht in die Karten schauen.

Von Max Muth und Valentin Dornis

Der Generalstaatsanwalt von Washington, D.C. verklagt Facebook wegen des fahrlässigen Umgangs mit Nutzerdaten. Er wirft dem Tech-Konzern in der Klageschrift (PDF) vor, die Daten der Facebooknutzer unzureichend vor Missbrauch geschützt zu haben. Das Unternehmen habe Mitglieder der Plattform über die Verwendung ihrer Daten getäuscht und Datenlecks nicht rechtzeitig oder gar nicht offengelegt. Verschärft werde das Problem dadurch, dass die Facebook-Nutzungsbedigungen missverständlich und verwirrend seien. Anlass für die Klage sind offenbar die Enthüllungen im Zuge des Cambridge-Analytica-Skandals.

Im März 2018 hatte ein ehemaliger Mitarbeiter von Cambridge Analytica enthüllt, dass die britische Politik-Marketing-Agentur Daten von mehr als 70 Millionen Facebooknutzern verwendete, um detaillierte Persönlichkeitsprofile zu erstellen und Nutzer mit zielgerichteter politischer Werbung auf Facebook zu beeinflussen. Die Nutzerdaten stammten von einer Psycho-Test-App und wurden ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica weiterverkauft. In welchem Ausmaß das passierte, zeigt die Klageschrift: Demnach luden zwar nur 852 Nutzer in Washington die Psycho-Test-App herunter. Die App griff allerdings auch auf die Daten der Freunde dieser Nutzer zu. Bei Cambridge Analytica sollen dadurch die Daten von mehr als 340 000 Bewohnern gelandet sein.

Zuckerberg gelobte Besserung - die blieb bislang aus

Die Enthüllungen im Frühjahr 2018 hatten weltweit Empörung ausgelöst. Facebook-Chef Mark Zuckerberg und andere Top-Manager mussten in Folge des Skandals unter anderem dem US-Kongress und dem Europäischen Parlament Rede und Antwort stehen - und versprachen, in Zukunft besser auf die Daten der Nutzer aufzupasssen.

Entgegen dieser Absichtserklärungen wurden in den vergangenen Wochen erneut Fälle bekannt, die zeigen, dass Datenschutz innerhalb des Unternehmens immer noch nicht höchste Priorität genießt. So veröffentlichte die New York Times erst diese Woche einen Bericht, wonach Facebook großen Tech-Konzernen wie Spotify, Netflix und Amazon weitreichende Zugriffsrechte auf Nutzerdaten einräumte - und zwar unabhängig von den Privatsphäreeinstellungen der Nutzer. Auch auf diese Praxis nimmt der Washingtoner Generalstaatsanwalt in seiner Klage Bezug.

Lokale Justiz gegen globales Facebook

Die Klage in Washington ist insofern ungewöhnlich, dass hier der Generalstaatsanwalt - also quasi der Justizminister - des Hauptstadtdistrikts Facebook wegen Verstößen gegen ein lokales Verbraucherschutzgesetz verklagt. Dabei wäre ein bundesweites Vorgehen gegen Facebook vermutlich sinnvoller. Dass die lokale Justiz jetzt Fakten schaffen will, könnte damit zusammenhängen, dass bislang völlig unklar ist, inwieweit Bundesbehörden gegen Facebook vorgehen werden. Die ebenfalls zuständige Aufsichtsbehörde FTC hat zwar bestätigt, das Verhalten Facebooks zu untersuchen, sich aber seit März nicht in die Karten schauen lassen.

Unklar ist noch, wie teuer das Verfahren in Washington für Facebook werden könnte. In der Klageschrift fordert die Generalstaatsanwalt zwar Schadenersatz für betroffene Nutzer und wirtschaftliche Schäden, nannte allerdings keine konkrete Summe. Die Gesetze, auf die sich die Klageschrift bezieht, erlauben Strafen von bis zu 10 000 Dollar pro Verstoß. Eine mögliche Strafe wäre also auch davon abhängig, in wie vielen Fällen solche Verstöße in einem Verfahren festgestellt würden. In der Klageschrift ist die Rede von 340 000 Betroffenen in Washington, D.C. Bei einem möglichen Verfahren zum Cambridge-Analytica-Skandal auf Bundesebene, wo unter anderem die staatliche Verbraucherschutzbehörde FTC zuständig wäre, gehen Experten von Milliardenstrafen aus.

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