Süddeutsche Zeitung

Facebook:Drei Optionen für Mark Zuckerberg

Nach dem verpatzten Börsenstart fragt sich die Technologie-Branche, was Facebook als nächstes plant. Kauft Gründer Zuckerberg den norwegischen Browser Opera? Bauen die Kalifornier bald ein eigenes Handy? Oder nutzt Facebook seinen Datenschatz, um eine Suchmaschine zu entwickeln?

Johannes Kuhn

Während die Facebook-Aktie am Dienstag zwischenzeitlich mit einem Preis von unter 30 Dollar auf ein Allzeittief rutschte (was bei weniger als zwei Börsenwochen natürlich nichts aussagt) und Mark Zuckerberg für seine Flitterwochen in Rom weilt, diskutiert die Tech-Branche über mögliche Zukunftsoptionen des Unternehmens.

Nach den Berichten über schlechtere Umsätze für das aktuelle Quartal ist klar, dass Facebook neue Einnahmequellen oder zumindest eine bessere Vermarktung braucht. Um sich diese zu erschließen, scheint das Unternehmen keine Angst vor waghalsigen Geschäftsentscheidungen zu haben.

[] Facebook als Smartphone-Hersteller?

Gerüchte über ein "Facebook-Phone" gibt es schon lange - richtig ernst habe ich sie nie genommen. Warum sollte ein soziales Netzwerk in den risikoreichen Hardware-Bereich einsteigen, wo ein knallharter Verdrängungswettbewerb herrscht und nur wenige Anbieter derzeit schwarze Zahlen schreiben?

Offenbar denkt man in Kalifornien anders, berichtet doch Nick Bilton von der New York Times, dass Facebook bereits 2013 ein Handy auf den Markt bringen möchte und deshalb schon mehr als ein halbes Dutzend Apple-Veteranen angeheuert hat. Den Grund skizziert ein namentlich nicht genannter Facebook-Angestellter: "Mark hat Angst, dass Facebook bald nur noch eine App bei anderen mobilen Plattformen wird, wenn er nicht bald ein Smartphone baut."

Angst ist kein guter Ratgeber, auch in diesem Fall nicht. Schon Google wird es nicht einfach haben, Motorola Mobility in den Konzern zu integrieren. Kann Facebook, trotz der gut gefüllten Portokasse, eine eigene Hardware-Abteilung aus dem Boden stampfen, um ein erstklassiges Smartphone zu bauen (und nur erstklassig wird auf dem Markt funktionieren)? Und ändert ein Facebook-Smartphone etwas am Problem, mobile Anzeigen zu vermarkten und generell geringe Click-Through-Raten bei den Anzeigen zu liefern?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Gedankenspiele wirklich dazu führen werden, dass wir bald ein Facebook-Phone sehen, auch ein möglicher RIM-Kauf scheint mir bei dem Ballast der Kanadier unwahrscheinlich. Vielmehr könnten die ehemaligen Apple-Ingenieure am Ende dafür zuständig sein, gemeinsam mit anderen Herstellern die Facebook-Funktionen auf Smartphones prominenter zu platzieren.

[] Braucht Facebook einen Browser?

Wie Reuters meldet, ist Facebook derzeit stark am norwegischen Browser-Hersteller Opera interessiert und könnte für die Firma bis zu einer Milliarde Dollar zahlen. Das wäre die nächste Milliarden-Investition für den mobilen Markt, ist Opera Mini doch durchaus beliebt bei Smartphone-Nutzern. Der Sinn eines Facebook-Browsers erschließt sich sofort: Die Plattform könnte über das Surfverhalten der Mitglieder noch mehr Informationen ergattern und kombinieren, was wiederum die Werbeformen und -erlöse steigern würde.

Doch, so wird auch bei Basicthinking angemerkt, hat ein Facebook-Browser für den Kunden keine ersichtlichen Vorteile: Ein Browser ist ein Werkzeug für das freie Web, wohingegen Facebook die Nutzer an die eigene Plattform binden möchte. Ein weiterer Punkt ist der Preis der Opera-Aktie an der Börse Oslo - der stieg seit dem Auftauchen der Gerüchte kräftig an und könnte Facebook dazu bringen, die mögliche Kaufsumme lieber in die Entwicklung eines eigenen Browsers zu stecken. Doch würden die Menschen einen Facebook-Browser wirklich nutzen? Ich habe meine Zweifel.

[] Facebook als Suchmaschine

Eine solche Strategie ist immer wieder im Gespräch, wenn es auch kaum Anzeichen dafür gibt, dass Facebook sie derzeit verfolgt. Jüngst erklärte Martin Weigert bei Netzwertig, dass Facebook unbedingt Google Konkurrenz machen müsste.

Ein wesentlicher Vorteil wäre die Datenbasis (Gefällt-mir-Angaben im eigenen Profil, Likes auf Hunderttausenden Webseiten) und die Möglichkeit, wie Google bei Suchanfragen Werbung auszuspielen. Andererseits hat Google dort einen gewaltigen Vorsprung, die Entwicklung würde viel Geld verschlingen.

Möglicherweise beschränkt sich Facebook erst einmal darauf, die interne Suche zu verbessern und eine bessere Vernetzung nach Interessen zu ermöglichen (ähnlich wie Microsofts So.cl) - und ist das nächste Mal empfänglicher, wenn Microsoft-Abgesandte vorfühlen, ob man an einem Kauf von Bing Interesse hätte.

Smartphone, Browser, Suchmaschine oder etwas ganz anderes: Welche Strategie wird Facebook einschlagen? Diskutieren Sie in den Kommentaren, bei Twitter (@sz_digital) oder bei Google Plus.

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