Fabian Thylmann im Interview:"Haben wir nicht früher alle irgendwelche Sexheftchen angeschaut?"

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Fabian Thylmann, ehemaliger Besitzer von Youporn und Pornhub, im Club "Bootshaus" in Köln (Foto: Thomas Rabsch)

Mit Youporn machte Fabian Thylmann Millionen, auch weil die Filme ohne Altersprüfung im Netz standen. Im Interview sieht er darin kein Problem - seinen Töchtern hat er noch nicht erzählt, wie er sein Geld verdient hat.

Von Fabrice Braun

Man muss sich die ungeheuren Zahlen vor Augen führen, um zu verstehen, welche Dimension der Konsum von Pornovideos im Internet hat. Allein die Webseite Pornhub hat vergangenes Jahr 92 Milliarden Videos gezeigt, statisch gesehen hat also jeder Mensch auf der Welt allein dort zwölf Pornos angesehen. Sexwebseiten wie Pornhub oder Youporn werden so oft angeklickt wie Amazon oder Wikipedia.

Fabian Thylman hat maßgeblich dazu beigetragen, dass kostenlose Pornovideos im Internet für alle jederzeit frei verfügbar sind. Er hat Pornhub, Youporn und viele andere Sexseiten groß gemacht - und damit so viel verdient, dass er mit 39 Jahren nicht mehr arbeiten muss. Sein Unternehmen Manwin hatte 1200 Mitarbeiter und Büros in Luxemburg, Zypern, Kanada, den USA und Hamburg, das New York Magazine nannte ihn den "wohl größten Porno-Tycoon der Welt". Doch kaum jemand kennt den Deutschen, der in Belgien lebt. "Ich bleibe gerne im Hintergrund", sagt Thylmann im Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Schon als Schüler programmiert er Webseiten und Software für die Pornoindustrie. "Mit 28 Jahren hatte ich meine erste Million." Aber Thylmann hat noch lange nicht genug: Er kauft Sexseiten, verkauft sie wieder mit Gewinn und erwirbt davon noch mehr Pornoseiten. "Ich wollte einfach nur weiterwachsen und habe mich nach neuen Beteiligungen umgesehen." 2009 übernimmt er für angeblich mehr als 360 Millionen Dollar Pornhub, später auch noch Youporn, und bald werden seine Sexseiten bis zu 16 Milliarden Mal im Monat aufgerufen. Es gibt Vorwürfe, dass er seinen Konzern mit fragwürdigen Methoden aufbaut, so zeigen seine Plattformen auch raubkopierte Videos. Thylmann will daran nicht schuld sein: "Wir hatten teilweise Content auf der Seite, bei dem ich nicht wusste, woher er kam, den haben wir beim Kauf gelöscht."

In seinem Drang immer weiter zu wachsen, übernimmt er sich schließlich. Er bekommt 2012 Ärger mit der Staatsanwaltschaft in Köln, die wegen des Verdachts auf Hinterziehung von Unternehmensteuern gegen ihn ermittelt. Das Verfahren wird gegen eine Zahlung in Millionenhöhe eingestellt. Vor einigen Monaten wurde er in einem anderen Prozess wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Heute arbeitet Thylmann vor allem als Investor, finanziert Start-ups und entwickelt eine Foto-App, die ähnlich wie Instagram funktioniert.

Die kostenlosen Sexseiten, wie Thylmann sie unterhielt, haben den Umgang mit Pornografie im Internet verändert. Vorher konnte man sich Pornos nur nach einer Alters-Prüfung ansehen und musste dafür zahlen, jetzt waren auf einmal alle Videos für jeden frei zugänglich - selbst für Kinder und Jugendliche. Thylmann kann die Bedenken verstehen, relativiert sie aber auch gleich: "Das ist ein Thema, mit dem ich eher ein Problem hatte, weil ich selbst Kinder habe. Aber man muss sich irgendwann überlegen: Wie schlimm ist es wirklich, wenn ein 14- oder 15-Jähriger so etwas sieht? Haben wir nicht früher alle irgendwelche Sexheftchen angeschaut?" Trotzdem hat er seinen beiden jungen Töchtern bis heute nicht erzählt, womit er reich geworden ist: "Ich überlege immer wieder, wann ich es anspreche."

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:"Sex ist eine Ursache für viele Probleme"

Fabian Thylmann gehörten Youporn und Pornhub. Er spricht über das Bedürfnis der Menschen nach Pornos, warum sie seines Erachtens einen Nutzen haben - und wie er seinen zwei Töchtern erklären will, wie Papa seine Millionen verdient hat.

Von Fabrice Braun

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