F8-Konferenz:Das Schicksal des Facebook-Messengers hängt an Robotern

Lesezeit: 4 min

Mark Zuckerberg hat keine Liebe für Donald Trump. (Foto: REUTERS)
  • Wo sieht sich Facebook in den nächsten zehn Jahren? Mark Zuckerberg beantwortet die Frage zu Beginn der Entwicklerkonferenz F8.
  • Zwischendrin kritisiert er kurz Donald Trump.
  • Facebook öffnet seine Messenger-App für Unternehmen - und deren Bots.
  • Wie Geld verdient werden soll, ist auch schon klar.

Von Hakan Tanriverdi, New York

Es ist ein erstaunlich politischer Einstieg in eine Konferenz, bei der sich eigentlich alles um Software dreht. Doch Facebook-Chef Mark Zuckerberg nutzt die Eröffnungsrede der Facebook-Konferenz "F8" auch dazu, über die Lage in der Welt zu referieren. Es ist der Ausgangspunkt, um später Facebooks Pläne für die kommenden zehn Jahre zu erklären.

Wenn er auf die Welt blicke oder sie bereise, "beginne ich Menschen und Nationen zu sehen, die sich nach innen wenden", sagt der Facebook-Chef. "Angstvolle Stimmen" würden danach rufen, Mauern zu bauen - eine wenig versteckte Kritik am US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump, der eine Mauer zwischen den USA und Mexiko versprochen hat.

Die Eröffnungsrede wirkt aus der Zeit gefallen

"Anstatt Mauern zu bauen, können wir dabei behilflich sein, Brücken zu bauen. Anstatt Menschen zu entzweien, können wir sie miteinander verbinden", sagt Zuckerberg, der sich für eine Einwanderungsreform einsetzt. Es brauche Courage, um hoffnungsvoll anstatt ängstlich zu bleiben. An diesen Brücken wolle Facebook in den nächsten Jahren mitbauen - zum Beispiel, in dem mehr Menschen überhaupt einen Zugang ins Netz bekommen, oder aber, in dem das Internet per Drohne in entlegene Regionen gebracht werden soll.

Die Eröffnungsrede von Zuckerberg wirkt, bis auf den Trump-Seitenhieb, seltsam aus der Zeit gefallen. Beide genannten Beispiele sind seit geraumer Zeit bekannt, für das "kostenlose" Internet wurde Facebook in Indien bereits heftig kritisiert. Die Pläne, in Zukunft verstärkt auf künstliche Intelligenz (KI) zu setzen, sind ebenfalls nicht neu. Zuckerberg verlässt schnell die Bühne - doch kurz vorher nennt er dann doch noch eine Neuigkeit.

Internet.org
:Indien verweigert sich Zuckerbergs großer PR-Lüge

Echo des Antikolonialismus: Indien sperrt sich gegen Mark Zuckerbergs Pläne, das Internet auf Facebook zu beschränken - trotz radikalen Lobbyings auf höchster Ebene.

Von Johannes Boie

Facebook will "Augmented Reality"-Brillen

In den nächsten zehn Jahren werde es Brillen geben, die sowohl in der Lage sind, Virtual als auch Augmented Reality darzustellen. Es werde also möglich sein, mit einer Brille gleichzeitig in eine Fantasie-Welt abzutauchen (VR) oder wahlweise analoge Objekte digital zu ergänzen (AR). Der Vorteil werde sein, dass die Brillen nicht so nerdig aussehen wie aktuelle Modelle (Google stampfte seine "Glass"-Brille in der jetzigen Form bekanntlich ein).

Die wichtigste Neuheit des Tages hat Mark Zuckerberg zwischen all der Politik eher kurz erwähnt: Facebook wird seine Messenger-App um Chat-Bots erweitern. Für Nutzer wird es damit möglich sein, mit einer Vielzahl von Anbietern zu "kommunizieren", ohne jemals die App von Facebook verlassen zu müssen. Doch dabei geht es nicht um eine klassische Kommunikation zwischen zwei Menschen, sondern zwischen Mensch und Maschine.

Das heißt: Für Entwickler ist es nun möglich, Programme zu schreiben, die auf künstlicher Intelligenz basieren und echte Gespräche simulieren. KI-Forschung ist mittlerweile weit fortgeschritten - einfache Bestell- und Beschwerdemuster können damit reproduziert werden. Schuhe oder Blumen zu bestellen, sich als Kunde zu beschweren, all das soll nun klappen. Facebook ist - ähnlich wie Google und Microsoft - davon überzeugt, dass KI die digitale Welt komplett umkrempeln wird. Die Bots sind in dieser Strategie nur ein erster Schritt.

Künstliche Intelligenz
:Wie Google und Facebook Computern Denken beibringen

Die Unternehmen investieren Hunderte Millionen, um künstliche Intelligenz zu erforschen. Maschinen sollen sehen, hören und verstehen - besser als Menschen.

Von Jannis Brühl und Hakan Tanriverdi

Facebook inszeniert also die Kunden-Hotline mit Roboter-Stimme als lästige Erfahrung (da wird wohl niemand widersprechen) und setzt als Alternative ironischerweise auf einen Chat mit einem Roboter. Ob das klappen wird, steht noch aus. Die angepriesenen Vorteile sind: Der Nutzer muss nicht mehr warten, während eine Roboterstimme Option 1 bis 10 durchgeht, sondern erledigt seine Geschäfte effizienter - und vor allem dann, wenn er oder sie Zeit hat.

"Ich kann garantieren, dass Sie mehr Geld ausgeben werden als Sie wollen", sagte ein lächelnder David Marcus während der Konferenz. Marcus ist Chef der Messenger-Sparte bei Facebook. Er demonstriert, wie per Shopping-Bot Schuhe bestellt werden können.

Messenger-App als eigene Plattform

Facebook testet seit Monaten einen digitalen Butler mit dem Namen M. Die Gespräche, die mit M geführt werden, sind erstaunlich - auch wenn man bedenkt, dass oft genug Menschen antworten. Für Entwickler gibt es nun die Möglichkeit, das Wissen dieser KI anzuzapfen.

Auf der Bühne wurde auch eine App der Nachrichtenseite CNN gezeigt, die Nachrichten automatisiert erstellt - und mit der Zeit personalisiertere Botschaften liefert. Auch das Wetter wird im Messenger-Kosmos vorhergesagt. Anstatt für jede Funktion eine eigene App herunterzuladen, soll alles in einer App stattfinden.

Der Messenger von Facebook ist bereits seit vergangenem Jahr zu weit mehr in der Lage als nur Nachrichten zu verschicken. In den USA lässt sich (testweise) eine Uber-Fahrt bestellen. Doch spätestens jetzt zeigt Facebook, wie viel Potential es im Messenger sieht.

Die Hoffung ist, dass viele Unternehmen an der Bot-Entwicklung mitbasteln. Diese Unternehmen kommen, so das Versprechen, schneller an Kunden (und senken bei automatisierten Anfragen langfristig Arbeitskräfte und Kosten). Sollte der Plan aufgehen, wird am Ende die Position der Messenger-App deutlich gestärkt. Sie wird zur eigenen Plattform.

Geld über "Sponsored Ads"

Als Vorbild kann hier die chinesische App WeChat gelten. Über diese spielen Nutzer zum Beispiel auch Lotto oder buchen Reisen. Geht der Plan auf, steht am Ende eine Machtposition in Aussicht, wie sie Apple durch den App Store bekommen hat. Kundenbindung durch massives Angebot.

Und ähnlich wie Apple pro verkaufter App 30 Prozent einbehält, wird auch Facebook nach Wegen suchen, um diese Marktposition in Profit zu verwandeln.

Momentan teste Facebook "Sponsored Messages", also Werbe-Nachrichten, wie Marcus im Tech-Magazin Wired erzählt. Dafür lässt sich Geld verlangen.

Bereits vor zwei Jahren hatten Nutzer gefürchtet, dass durch den Zukauf von Whatsapp Werbung in Chat-Nachrichten auftauchen könnte. Damals sagte Zuckerberg noch: "Ich persönlich glaube nicht, dass Werbung der richtige Weg ist, um Chats zu monetarisieren". Doch zwei Jahre sind in der Technologie-Branche eine lange Zeit.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: