Süddeutsche Zeitung

Europäische Pläne:Breitband für alle

Wenn es nach der EU geht, wird in wenigen Jahren auch der letzte Europäer einen Breitbandanschluss zur Verfügung haben. Auch Handytelefonate im EU-Ausland sollen deutlich billiger werden.

Wenn in Brüssel große Pläne verkündet werden, wird man derzeit hellhörig. Auch die "Digitale Agenda" wurde in Internetkreisen mit Spannung erwartet, umreißt sie doch die EU-Vision der digitalen Zukunft.

Der Aktionsplan, den EU-Telekommunikationskommissarin Neelie Kroes in Brüssel vorstellte, sieht etwa 30 Gesetzesinitiativen vor. Konkret beinhaltet die Digitale Agenda (pdf hier) der Europäischen Union verschiedene Zielvorgaben: So sollen beispielsweise bis 2020 alle EU-Haushalte die Möglichkeit erhalten, mit mindestens 30 Megabit pro Sekunde ans Netz gehen zu können. Der Hälfte aller Haushalte soll sogar eine Geschwindigkeit von 100 Mbit/s zur Verfügung stehen.

Auch der Abbau von Handelsbarrieren spielt eine wichtige Rolle. Dabei geht es der EU darum, einen digitalen Binnenmarkt für digitale Inhalte zu schaffen. Wenn in der EU ansässige Unternehmen einen Online-Musikshop für ganz Europa eröffnen möchten, müssen sie theoretisch die Urheberrechte für jedes einzelne Mitgliedsland vorher abklären. Entsprechend fragmentiert ist der Markt europäischer Anbieter, während US-Downloadportale wie iTunes oder Amazon einen Großteil des Umsatzes abschöpfen.

Verbindliche Regeln zum Datenschutz

Bis spätestens 2012 soll deshalb ein EU-weites Lizensierungsverfahren gelten. Bis 2015, so ein weiteres Binnenmarkt-Ziel, sollen Mobilfunkgespräche im EU-Ausland nicht mehr teurer als im Heimatland sein.

Im Bereich der sozialen Netzwerke sollen Plattformen wie Facebook und StudiVZ bis 2013 verbindliche Vorgaben beim Schutz personenbezogener Daten gemacht werden. Da bisher 30 Prozent der Europäer noch nie das Internet genutzt haben, werden diese nach Angaben der EU-Kommission künftig Schulungsmöglichkeit erhalten. Digitale Nutzerrechte wie freie Meinungsäußerung oder Transparenz beim Schutz personenbezogener Daten sollen ebenfalls festgeschrieben werden.

Die Möglichkeit von Netzsperren gegen Kinderpornographie, wie sie jüngst die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström forderte, wird ebenfalls in einem Nebensatz erwähnt. Das Hauptaugenmerk soll jedoch dem Dokument zufolge auf einer Verbesserung der Meldesysteme für strafbare Inhalte liegen. Auch Filter, die Nutzer freiwillig auf ihrem Computer installieren, sind denkbar.

Stockender Datenaustausch

Keine Rolle spielen Vorgaben zu offenen Standards, wie sie viele Netzaktivisten forderten. Damit werden Behörden nicht dazu verpflichtet, Systeme zu benutzen, die unabhängig von einem bestimmten Hersteller sind und damit den Austausch von Daten erleichtern.

"Jeder soll die Chance haben, die digitale Wunderwelt zu nutzen", umschrieb die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes das Ziel der Digitalen Agenda. Ob Kroes selbst an der Umsetzung der Ideen beteiligt sein wird, ist allerdings fraglich: Sie wird in den Niederlanden als künftige Regierungschefin gehandelt. Die Parlamentswahlen finden am 9. Juni statt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.945545
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/Reuters/joku/holz
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.