Soziale Medien:EU: Terrorpropaganda muss binnen einer Stunde gelöscht werden

Soziale Medien: Facebook und Co. löschen nach eigenen Angaben Terrorpropaganda bereits schnell. Aber Kritiker der Neuregelung monieren, kleinere Anbieter hätten nicht die Ressourcen.

Facebook und Co. löschen nach eigenen Angaben Terrorpropaganda bereits schnell. Aber Kritiker der Neuregelung monieren, kleinere Anbieter hätten nicht die Ressourcen.

(Foto: Jenny Kane/AP)

Im Internet rekrutieren Terroristen Nachwuchs. Weil die EU junge Menschen dadurch gefährdet sieht, nimmt sie Plattformbetreiber künftig stärker in die Pflicht.

Dienste wie Facebook oder Youtube müssen Terrorpropaganda in der EU künftig binnen einer Stunde löschen, nachdem sie von der zuständigen Stelle eines EU-Staats dazu aufgefordert worden sind. Darauf einigten sich Unterhändler von Europaparlament und EU-Staaten am Donnerstag. Für systematische Verstöße drohen den Seitenbetreibern hohe Strafen. Nach den jüngsten Anschlägen in Wien, Dresden, Nizza und bei Paris hatten etliche Spitzenpolitiker - unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - darauf gedrungen, dass die Verhandlungen zwischen Parlament und EU-Staaten schnell abgeschlossen werden. Beide Seiten müssen die Einigung nun noch formell bestätigen.

Die jetzige Einigung beruht auf einem früheren Vorschlag der EU-Kommission. Eine Stunde sei "das entscheidende Zeitfenster, während dessen Öffnung größter Schaden angerichtet werden kann", sagte der ehemalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker 2018. Firmen wie Facebook oder Googles Videoplattform Youtube betonen stets, dass sie Terrorinhalte inzwischen in vielen Fällen binnen weniger Minuten löschen - und noch bevor irgendjemand sie sieht. So soll verhindert werden, dass insbesondere junge Menschen mit Terrorpropaganda in Berührung kommen. Zahlreiche terroristische Organisationen werben über soziale Medien um Nachwuchs.

Zivilgesellschaftliche Organisationen hatten vor zentralen Punkten des Vorhabens gewarnt. Eine Löschfrist von einer Stunde sei insbesondere für kleinere Provider nicht machbar. Zuletzt hatte eine Serie islamistisch motivierter Anschläge die EU erschüttert. In Dresden hatte am 4. Oktober ein als Gefährder eingestufter Syrer mit einem Messer einen Mann tödlich und einen weiteren Mann schwer verletzt. Als Gefährder bezeichnen die Sicherheitsbehörden Menschen, denen sie schwerste politisch motivierte Vergehen bis hin zum Terroranschlag zutrauen. In Paris wurde ebenfalls im Oktober ein Lehrer von einem mutmaßlichen Islamisten enthauptet, in Nizza wurden drei Menschen von einem Gewalttäter in einer Kirche getötet. In Wien erschoss ein Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat vier Menschen und verletzte mehr als 20 weitere.

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