EU-Entscheidung zu Suchergebnissen:Googles Niederlage könnte zum Sieg werden

Google Datencenter Facebook Silicon Valley Apple

Datenzentrum von Google in Taiwan

(Foto: Bloomberg)

Microsoft und andere Mitbewerber haben sich beschwert. Nun muss Google in seinen Suchergebnissen auch auf Angebote der Konkurrenz verweisen. Dem Nutzer kann es nur recht sein. Und Google ebenfalls.

Von Matthias Huber

Das ist schon praktisch. Sucht man über die Google-Webseite nach einem italienischen Restaurant in München, erscheint eine übersichtliche Liste von Lokalen, mit Sternchenbewertung vom konzerneigenem Kundenfeedback-Portal Google Reviews und einem Stadtplan samt Markierungen. Einem Stadtplan-Ausschnitt, der selbstverständlich von Google Maps stammt. Ein Klick nur, und man landet in diesem Kartendienst des vermeintlichen "Suchmaschinen"-Konzerns, Routenplaner und Verkehrsinformationen inklusive.

Der Haken ist nur: Einem Konkurrenten wie Microsoft, der für die hauseigene Suchmaschine Bing ähnliche Dienste anbietet, kommt das ungelegen. Dass Google die eigenen Dienste so scham- und vor allem konkurrenzlos anpreist, hält der Gates-Konzern für einen Wettbewerbsverstoß. Er hat sich gemeinsam mit weiteren Tech-Firmen bei der zuständigen EU-Behörde beschwert. Und die EU gab den Antragstellern jetzt Recht und einigte sich mit Google auf einen Kompromiss.

Natürlich ist es Googles Ziel, die Nutzer seiner Suchmaschine im Google-Universum zu halten und an hauseigene, spezialisierte Dienste weiter zu verweisen. Das Prinzip heißt "Vertikale Suche", eine Suche nach katalogisierten, klar umrissenen Informationen. Die sind viel leichter und präziser in den Datenbanken zu finden als automatisch erfasste Online-Inhalte.

Google muss Konkurrenzangebote anzeigen

Google hat einen Vorschlag vorgelegt, und die EU-Wettbewerbsbehörde ist damit einverstanden. Die Zustimmung der Mitbewerber steht allerdings noch aus, sie könnten auch vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Der Kompromiss sieht vor, dass Google bei entsprechenden Suchergebnissen auf vergleichbare Angebote der Mitbewerber hinweist. So vermeidet Google zumindest vorerst eine Kartellstrafe, möglicherweise in Milliardenhöhe.

Aber wer profitiert wirklich davon, wenn Google bald die Anzeige der Suchergebnisse entsprechend umbaut? Für die Konkurrenz fällt die Antwort ernüchternd aus: Die Nutzer - und Google selbst.

EU-Entscheidung zu Suchergebnissen: So könnte es aussehen, wenn Google auch die Suchergebnisse von Konkurrenzportalen anzeigt.

So könnte es aussehen, wenn Google auch die Suchergebnisse von Konkurrenzportalen anzeigt.

(Foto: EU-Kommission)

Für denjenigen, der wissen will, was ein Produkt kostet, wird es in Zukunft einfacher. Ein Screenshot zeigt, wie Googles Kompromiss aussehen könnte: Neben den Angeboten von Googles eigener Preisvergleich-Seite finden sich dann Links auf drei andere Portale - jeweils mit Vorschaubild für das günstigste Angebot. Der Nutzer sieht auf einen Blick, was der Marktführer, aber auch seine Konkurrenten aus ihren Online-Datenbanken herausgefiltert haben.

Für Google selbst könnte sich der Druck von Seiten der EU als unerwarteter Segen erweisen und die Marktmacht des Konzerns sogar noch festigen. Denn Bing und andere Suchmaschinen sind nicht von den geforderten Änderungen betroffen. Sie können weiterhin so tun, als gäbe es keine andere vertikale Suchmaschine außer der eigenen. Was für einen paradoxen Effekt sorgen könnte. Warum sollte der Nutzer jetzt noch deren Seiten direkt aufsuchen?

Denn auch für jene Fälle, in denen die Mitbewerber tatsächlich nützlichere Ergebnisse liefern als der Big-Data-Schatz von Google, lohnt es womöglich nicht mehr, eine andere Suchmaschine zu bemühen. Immerhin dient dann der Marktführer selbst gleichzeitig als Startseite für die drei "nach objektiven Maßstäben besten" Mitbewerber, wie es in der Vereinbarung mit der EU heißt.

Für den User wird es noch attraktiver, zuerst zu Google zu gehen. Wenn er dort nicht findet, was er sucht, bekommt er gleich einen Hinweis, wo er es weiter probieren kann, samt Direktlink auf das spezielle Angebot, mit bereits ausgefülltem Suchfeld. Die Startseiten der Konkurrenz könnten verwaisen, Google selbst ein wenig zur Meta-Suchmaschine werden. Das stärkt dessen Rolle als zentrale Anlaufstelle im Internet - die der Konkurrenz dann noch mehr Marktanteile abnehmen kann.

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