Enthüllungsplattform: Wikileaks veröffentlicht Millionen E-Mails von US-Sicherheitsfirma

Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat nach eigenen Angaben begonnen, E-Mails der US-Sicherheitsfirma Stratfor zu veröffentlichen - Millionen sollen schon im Netz zu finden sein. Darin enthalten: Informationen über die Angriffe der US-Regierung auf Julian Assange.

Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat in der Nacht auf Montag mehr als fünf Millionen E-Mails des US-Unternehmens Stratfor veröffentlicht. Bei den Daten handele sich um interne und externe Korrespondenz der Firma. Wie Wikileaks in einer Mitteilung erklärte, stammen die Mails aus der Zeit zwischen Juli 2004 und Ende Dezember 2011. Den Angaben zufolge legen sie die Arbeitsweise von Stratfor offen. Das Material enthalte Informationen über die Angriffe der US-Regierung auf Wikileaks-Gründer Julian Assange. In mehr als 4000 E-Mails kämen Assange oder Wikileaks vor, hieß es in der Mitteilung weiter.

Assange hält sich Großbritannien auf und wehrt sich gegen eine Auslieferung nach Schweden. Dort wird Assange Vergewaltigung und sexuelle Belästigung vorgeworfen. Er selbst sieht hinter dem Verfahren einen möglichen Racheakt für die Veröffentlichungen seiner Enthüllungsplattform. Wikileaks zog im Jahr 2010 den Zorn der US-Regierung auf sich, weil das Portal damals Tausende Geheimdepeschen von Diplomaten veröffentlichte.

Die aktuell veröffentlichten Daten wurden offenbar von Hackern erbeutet. Wikileaks-Gründer Julian Assange sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Stratfor greife auf Informanten in der US-Regierung und auf ausländische Geheimdienste mit einem zweifelhaften Ruf und auf Journalisten zurück. Ihm mache besonders Sorgen, dass Organisationen im Visier seien, die sich für eine gerechte Sache einsetzten. Die Enthüllungsplattform hat nun Tausende vertrauliche Informationen, unter anderem zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak, an die Öffentlichkeit gebracht.

Die E-Mails würden unter anderem zeigen, wie Stratfor ein globales Netz von Informanten rekrutiert habe und bezahle, schrieb Wikileaks in der Mitteilung. Stratfor liefert nach eigenen Angaben Analysen zur internationalen Lage. Wikileaks zufolge ist Stratfor unter anderem für amerikanische Rüstungsfirmen und US-Regierungsstellen tätig.

Die Dokumente geben unter anderem Einblick in die enge Kooperation, die private Nachrichtendienste mit der Finanzwelt eingehen. Vergangenes Jahr holte Stratfor-Chef Friedman einen ehemeligen Manager der Bank Goldman Sachs, Shea Morenz, zu Strafor. Aus den E-Mails geht hervor, dass dieser den Hedge-Fonds Stratcap aufbauen sollte, der direkt an den Think Tank Stratfor angeschlossen sein sollte. Morenz, der einmal einer der besten High School Quarterbacks der USA war, habe mehr als zwei Millionen Dollar investiert.

So sollten Friedman zufolge "die Geheimdienstinformationen, die wir in der Welt sammeln" in einem Investment-Fonds verwendet werden - und diesem so einen Vorteil vor anderen Spekulanten verschaffen. Stratcap soll den E-Mails zufolge im Frühjahr 2012 starten. Allerdings waren nicht alle Anteilseigner Stratfors von dem Ausflug in die Welt der Hedge-Fonds begeistert. Morenz war frustriert wegen der schlechten Planung. Er schrieb: "Ich kann nicht glauben, dass STRATCAP nicht einmal die Zustimmung einer Mehrheit der Aktienbesitzer erhalten hat."

Stratfor war im Dezember Ziel eines Hacker-Angriffs geworden, der bisher den Netzaktivisten von Anonymous zugerechnet wurde. Das Unternehmen verurteilte die Attacke und die Veröffentlichung der E-Mails. Stratfor werde nicht zu den Inhalten Stellung nehmen, auch wenn man nicht ausschließe, dass einige vor der Veröffentlichung geändert werden könnten.

Der Gründer und Chef von Stratfor, George Friedman, sei entgegen anderslautenden Gerüchten weiter im Amt, teilte das Unternehmen mit. Im Januar hatte sich Friedman zu den gestohlenen E-Mails geäußert. Die Diebe würden darin kaum wichtige Daten finden, sagte er damals.

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