Elektronikmesse CES in Las Vegas:Hacker als Publikumsmagneten

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DievConsumer Electronics Show in Las Vegas: Es blitzt und blinkt nun vier Tage lang in einer Stadt, die ohnehin andauernd blitzt und blinkt. (Foto: AFP)
  • Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas präsentieren 36 000 Aussteller vor 160 000 Besuchern.
  • Hacker und Cyberattacken sind die bedeutendsten Themen.
  • Sony-Chef Kazuo Hirai äußert sich erstmals zum Hackerangriff auf das Hollywood-Filmstudio des Unternehmens: "Ich bin stolz auf unsere Angestellten, die sich gegen die Kriminellen gewehrt haben."

Von Jürgen Schmieder, Las Vegas

Ganz offensichtlich hat sich Shawn DuBravac noch nicht auf der von seinem Unternehmen veranstalteten Show umgesehen. "Es geht nicht mehr darum, ob eine Sache technologisch möglich ist", sagt der Chefökonom der Consumer Electronics Association bei der Eröffnung der Elektronikmesse CES: "Die Frage lautet heutzutage vielmehr, ob es technologisch sinnvoll und nützlich ist."

Wer sich dann ein wenig umsieht, der entdeckt eine Uhr, die Tennis-Ergebnisse übermittelt. Einen Ring, über den sich das Smartphone steuern lässt. Eine Babyflasche, die den Eltern den richtigen Haltewinkel zeigt. Eine Kamera fürs Wohnzimmer mit Gesichtserkennung, bei der ein Besucher den Hersteller sogleich fragt: "Also weiß ich dadurch in Zukunft, wenn meine Frau mich betrügt?"

In der Vergangenheit wurden auf dieser Messe in Las Vegas der Videorekorder (1970), der CD-Player (1981) und die DVD (1996) präsentiert. Allesamt große Dinge - und nichts weniger erwarten die 160 000 Besucher von den 36 000 Ausstellern. Es geht jedoch gar nicht um dieses eine nächste große Ding, sondern eher um viele kleine Dinge, die miteinander verbunden sind und sich zu einem gewaltigen nächsten Ding zusammenfügen sollen.

Oder anders formuliert: Eine Uhr, die Fitnessübungen misst, ein Sensor für die Nahrungsaufnahme und eine App zur Schlafüberwachung sorgen gemeinsam dafür, dass sich der Mensch bewusster ernährt, mehr bewegt, intensiver schläft und dadurch gesünder lebt. "Die Bausteine sind nun da, wir müssen sie nur zusammenfügen", sagt DuBravac: "Die Art und Weise, wie wir das Internet nutzen, wird sich gewaltig verändern." Es blitzt und blinkt nun vier Tage lang in einer Stadt, die ohnehin andauernd blitzt und blinkt.

Die Gefahren des Internet der Dinge

Natürlich gibt es auf der Messe auch die Elektronik-Platzhirsche, die in Sin City zu Beginn gleich einmal ihre Muskeln präsentieren: Lenovo zeigt neue Tablets und Laptops, Samsung gleich neuartige Fernsehgeräte und LG ein gebogenes Smartphone. Die Besucher interessieren sich am ersten Tag jedoch ganz besonders für das von DuBravac so gelobte Internet of Things; es geht dabei aber weniger um die Möglichkeiten als vielmehr um die Gefahren, die eine Vernetzung und das Zusammenspiel zahlreicher Geräte mit sich bringen können.

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(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Beobachten und beobachtet werden: Auf der Elektronikmesse in Las Vegas fotografieren Besucher unter anderem die Drohne "Inspire 1" der Firma DJI.

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(Foto: Robyn Beck/AFP)

Schöne rosarote neue Welt: eine Babyflasche, die den Eltern den richtigen Haltewinkel zeigt.

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(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Ein Ring, über den sich das Smartphone steuern lässt. Technologisch alles machbar. Aber auch sinnvoll und nützlich?

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(Foto: Patrick T. Fallon/Bloomberg)

Murmeln? Nein, alles kleine Spiele- und Lernroboter namens Ozobot.

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(Foto: Michael Nagle/Bloomberg)

Der intelligente Gürtel "Belty" passt sich der Körperform und der Haltung seines Trägers an.

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(Foto: Michael Nelson/dpa)

Die Panasonic-Videokamera HC-WX970.

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(Foto: Robyn Beck/AFP)

Technik zum Anfassen: das neue LG G Flex2.

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(Foto: John Locher/AP)

Und so sieht das gebogene Smartphone aus.

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(Foto: Michael Nelson/AP)

Mobilität von morgen: der IO Hawk. Das Hightech-Brett funktioniert ähnlich wie ein Segway, man muss sich aber nicht an Handgriffen festhalten.

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(Foto: Jae C. Hong/AP)

Sony zeigt einen Google-Datenbrillen-Konkurrenten namens SmartEyeglass Attach.

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(Foto: Ethan Mil/AFP)

Der Kühlschrank der Zukunft? Dieser hier ist auf jeden Fall von Samsung.

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(Foto: Michael Nagle/Bloomberg)

160000 Besucher bestaunen die Entwicklungen von 36000 Ausstellern. Noch bis 9. Januar blitzt und blinkt es in Las Vegas.

Nein, es ging nicht um eine möglicherweise untreue Ehefrau, sondern darum: Was, wenn sich etwa Hacker Zugang zu einem intelligenten Heim verschaffen und dadurch genau wissen, wann die Bewohner nicht zu Hause sind?

Hacker und Cyberattacken waren deshalb die prägenden Gesprächsthemen, besondere Beachtung fand der erste öffentliche Auftritt von Sony-Chef Kazuo Hirai seit dem Hackerangriff auf das Hollywood-Filmstudio des Unternehmens und die anschließenden Debatten um die Veröffentlichung des Films The Interview. "Leider sind wir das Opfer des arglistigsten und böswilligsten Cyberangriffes geworden, den ich kenne", sagte Hirai. Er selbst hatte, das zeigten die veröffentlichten Emails der Hacker, einzelne Sequenzen des Films persönlich genehmigt, darunter auch, dass die Figur des nordkoreanischen Staatschefs Kim-Jong Un getötet wird.

Hacker ansprechen, Mitarbeiter loben, eine Kooperation verkünden

Die USA vermuten, dass Nordkorea für die Attacken verantwortlich ist, Präsident Barack Obama hat bereits Sanktionen eingeleitet. Hirai vermeidet es während seiner Rede jedoch, Nordkorea zu erwähnen. Sony hat den Film mittlerweile trotz der Drohungen veröffentlicht, Hirai sagte dazu: "Ich bin stolz auf unsere Angestellten, die sich gegen die Kriminellen gewehrt haben." Dann verkündete er, dass die vernetzten Fernseher seines Unternehmens mit der Software Android TV des Internet-Konzerns Google laufen werden.

So schnell geht das auf der CES: Hacker ansprechen, Mitarbeiter loben, eine Kooperation verkünden.

Ach ja: Wer beim Internet of Things keine Lust hat auf die zahlreichen Geräte, die ein gesünderes Leben versprechen, der kann sich womöglich für Belty begeistern. Das ist ein intelligenter Gürtel, der sich den Rundungen seines Trägers anpasst. Das können verschiedene Situationen sein wie etwa Stehen, Knien oder Sitzen - aber auch die gewaltige Kugel, die Menschen nach dem Genuss der Weihnachtsgans mit sich herumschleppen.

Diese Erfindung ist nicht nur technologisch möglich, sondern scheint tatsächlich auch technologisch sinnvoll und nützlich zu sein.

© SZ vom 07.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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