Süddeutsche Zeitung

US-Wahl:USA werfen Russland offiziell Hacking zur Wahlbeeinflussung vor

Erstmals beschuldigt die US-Regierung Russland direkt, durch das Eindringen in Computersysteme die Präsidentschaftswahl beeinflussen zu wollen.

Von Hakan Tanriverdi

Die US-Regierung hat in einer Erklärung offiziell die russische Regierung für Hacking-Angriffe verantwortlich gemacht. Das geht aus einem Statement hervor, das die US-Heimatschutzbehörde (DHS) und der Chef der Nachrichtenbehörden (ODNI) veröffentlichten. Ziel der Hacker, und damit der russischen Regierung, sei es, in den laufenden Wahlkampf einzugreifen. "Solche Aktivitäten sind nicht neu für Moskau. Die Russen haben ähnliche Taktiken und Techniken in Europa und Eurasien genutzt, um dort zum Beispiel die öffentliche Meinung zu beeinflussen." In dem Statement heißt es weiter: "Die kürzlichen Enthüllungen von angeblichen E-Mails auf Seiten wie DCLeaks.com und Wikleaks und durch die Online-Persönlichkeit Guccifer 2.0 stimmen mit den Methoden und Motivationen von Bemühungen überein, die von Russland angewiesen wurden."

Russland spricht in diesem Zusammenhang von "Quatsch" und haltlosen Anschuldigungen: Die Anschuldigungen der US-Behörden würden nicht durch konkrete Fakten gestützt, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow am Samstag in Moskau. Russland habe den USA mehrfach eine Zusammenarbeit gegen Cyberkriminalität angeboten, aber keine Antwort erhalten.

Es passiert nicht oft, dass Nationen sich offiziell gegenseitig Angriffe im Bereich der Cybersicherheit vorwerfen. Zuletzt beschuldigte die US-Regierung Anfang 2015 Nordkorea, das Netzwerk von Sony Pictures Entertainment gehackt zu haben. Daraufhin folgten Sanktionen. Nun stellt sich die Frage, ob und welche Konsequenzen die US-Regierung in diesem Fall ziehen kann und will. Schließlich lautet der Vorwurf Wahlmanipulation, eines der zentralen Elemente einer Demokratie. Erste Überlegungen laufen nach Angaben der New York Times bereits: Es ist die Rede von wirtschaftlichen Sanktionen oder aber Angriffe auf Computersysteme in Russland.

Wiederholt brisante Dokumente veröffentlicht

DCLeaks.com ist eine Webseite, über die in den vergangenen Monaten wiederholt brisante Dokumente veröffentlicht wurden. Dazu gehörten unter anderem E-Mails des Ex-Außenministers Colin Powell, der Donald Trump eine "nationale Schande" nannte. Die Echtheit dieser Dokumente ist mittlerweile bestätigt. Ebenfalls über diese Seite wurde der angebliche Reisepass von First Lady Michelle Obama veröffentlicht und mitunter sehr detaillierte (aber bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in der Vergangenheit liegende) Reisepläne. DCLeaks.com wird von IT-Sicherheitsexperten wie zum Beispiel der Firma ThreatConnect mit Russland in Verbindung gebracht.

Unter dem Decknamen Guccifer 2.0 veröffentlichte ein oder mehrere Hacker Mitte Juli Dokumente des Democratic National Committee, also dem Führungsgremium der Demokratischen Partei. Auch diese E-Mails waren brisant und sorgten dafür, dass die Vorsitzende der Partei, Debbie Wasserman Schultz, zurücktrat. In diesem Hack deuten Anhaltspunkte in Richtung Russland.

Auch bei Guccifer 2.0 gibt es mehrere Indizien, die darauf hindeuten, dass ein russischer Akteur hinter dem Angriff stecken könnte. Er behauptete zum Beispiel, aus Rumänien zu stammen und im Alleingang das Netzwerk des DNC geknackt zu haben. Doch Analysen ergaben, dass die Aussagen des Angreifers widersprüchlich waren.

Eine öffentliche Anschuldigung dieser Art vermied die Obama-Regierung in den vergangenen Monaten bewusst. Ende September äußerten sich Dianne Feinstein und Adam Schiff, zwei der hochgrangisten Politiker der Geheimdienstausschüsse, dass die Angriffe aus Russland kommen. Diese Zurückhaltung ist nun also zu Ende.

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