Edward Snowden bei Twitter:Folgsamer Feind

Als einer der letzten seiner Szene meldet sich Edward Snowden bei Twitter an. Er sieht sich im Dienst für die Öffentlichkeit, die er nun zum ersten Mal direkt erreicht.

Von Johannes Boie

Wie ist man lässig im Internet? Eine Lektion in dieser Sache von Edward Snowden: Der Whistleblower meldet sich in der Nacht zu Mittwoch als einer der Letzten seiner Szene auf Twitter an und legt mit folgender Frage los: "Can you hear me now?" Innerhalb von 24 Stunden sammelt er rund eine Million Follower, er selbst folgt aber nur einem einzigen anderen Twitter-Nutzer, nämlich dem offiziellen Account der NSA, jenem Geheimdienst, dem er all die geheimen Unterlagen geklaut hat, mit denen er seit Jahren von Moskau aus für Furore sorgt. Ein gelungener Scherz auch deshalb, weil die NSA ganz sicher auch Snowden folgt, nur eben nicht auf Twitter.

Unter seinem Profilbild auf Twitter steht: "Ich habe mal für die Regierung gearbeitet. Jetzt arbeite ich für die Öffentlichkeit." Ein sanfter Gegensatz, den er damit elegant zwischen diesen beiden "Arbeitgebern" inszeniert: auf der einen Seite die bösen Geheimdienste, auf der anderen Seite die betrogene Öffentlichkeit. Das also ist die Geschichte, die er künftig auf Twitter erzählen möchte: Breaking Good, das Leben von Edward Snowden.

Belanglosigkeiten getwittert

Tatsächlich wird es jetzt erst interessant. Noch hat Snowden, der gerne nach Amerika zurückkäme, dort aber sofort in den Knast wandern würde, nur Belanglosigkeiten getwittert: "Wasser auf dem Mars!" Aber es ist das erste Mal, dass sich Snowden auch außerhalb von Videokonferenzen auf einschlägigen Veranstaltungen öffentlich zeigt. In aller Regel bekommt die Masse seine Botschaften durch Dritte geliefert, wie zum Beispiel durch den Journalisten Glenn Greenwald oder auch durch die Dokumentarfilmerin Laura Poitras. Dass Snowden bislang noch nicht auf Twitter war, könnte damit zu tun haben, dass Whistleblower und Hacker wie er sich extrem schwer damit tun, freiwillig Daten zu produzieren, die ja auch von Geheimdiensten verwendet werden können.

Auf Twitter könnte er jetzt die Chance nutzen, seine Nachrichten direkt zu verbreiten. Das würde dann nicht zuletzt für Twitter selbst spannend werden. Der amerikanische Konzern hat noch immer kein tragfähiges Geschäftsmodell, und bereits heute ist einer der Kritikpunkte, denen sich das Unternehmen immer wieder stellen muss, dass auch Terroristen und Verbrecher Twitter gerne benutzen. Für manche Amerikaner fällt Snowden in dieselbe Kategorie. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber George Pataki, der noch einige Bekanntheit erlangen müsste, um je Präsident zu werden, hat Snowden bereits scharf angegriffen und öffentlich die Löschung seines Profils auf Twitter verlangt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: