E-Sport:"Es soll nicht gewinnen, wer die meisten Drogen nimmt"

ESL One Cologne 2014 in der Kölner Lanxess-Arena

Bereits vergangenes Jahr ging es beim ESL One Cologne in der Kölner Lanxess-Arena um 250 000 Dollar Preisgeld

(Foto: ESL/PR)

Die Turniere füllen ganze Fußballstadien, für die Computerspieler geht es teilweise um Preisgelder in Millionenhöhe: E-Sport, so heißen die als Wettkampf betriebenen Computerspiele, ist längst ein Massenphänomen geworden. Die in Köln gegründete Electronic Sports League (ESL) ist einer der weltweit größten Veranstalter von Computerspielturnieren. Am Wochenende beginnt in Köln das "ESL One Cologne", in dem 16 Mannschaften aus der ganzen Welt im Team-Shooter "Counter-Strike: Global Offensive" gegeneinander antreten - Preisgeld: 250 000 Dollar.

Im Gespräch erklärt ESL-Geschäftsführer und -Gründer Ralf Reichert die Beziehung zwischen E- und klassischem Sport, warum die Computerspielturniere noch nicht live im Fernsehen übertragen werden und dass Doping auch im digitalen Sport ein wichtiges Thema ist.

Von Matthias Huber

SZ: Herr Reichert, wann kommt denn E-Sport im Fernsehen bei Eurosport?

Ralf Reichert: Ich glaube, das liegt ganz nahe in der Zukunft. Wir haben in diesem Jahr unsere Zuschauerzahlen bei Großveranstaltungen schon wieder verdoppelt. Eigentlich hatten wir uns darauf eingestellt, dass es allmählich etwas langsamer vorwärts gehen müsste. Aber das ist nicht passiert. Die Relevanz dessen, was wir hier tun, ist auch für die Fernsehsender offenbar mittlerweile viel zu groß, um das einfach zu ignorieren.

Warum offenbar? Kommen Fernsehsender bereits auf die ESL zu, um über Übertragungsrechte zu verhandeln?

Wir reden weltweit mit sehr vielen Fernsehsendern. In der Vergangenheit ging die Initiative hauptsächlich von uns aus, mittlerweile dreht sich das aber. Dem klassischen TV fehlen einfach die jungen Inhalte. In unseren Gesprächen und Verhandlungen hinter den Kulissen merken wir sehr stark, dass da allmählich ein Wendepunkt erreicht ist. Es ist noch nicht ganz klar, wie es genau funktionieren kann, E-Sport ins Fernsehen zu bringen. Wir diskutieren beispielsweise noch über die richtigen Formate. Aber die Bereitschaft bei den Sendern ist längst da.

Wenn über E-Sport berichtet wird, dann meist als Kuriosität, als Szene-Phänomen. Was muss passieren, damit sich das ändert?

Es dauert lange, bis neue Dinge in der Gesellschaft - auch viel größere Entwicklungen wie "dieses Internet", "dieser Fernseher" - zur Normalität werden. Dazu braucht es regelmäßige Berichterstattung, die Menschen müssen immer wieder mit dem Thema E-Sport konfrontiert werden. Unser Job ist es, den E-Sport so darzustellen, dass er für Außenstehende verständlich wird. Fußball hat seine Weltmeisterschaft, und wir müssen um Computerspiele Konstrukte bauen, die genauso einfach zu verstehen sind.

Arbeiten Sie deshalb mit Sport-Managern zusammen?

Wir selbst bislang kaum. Aber im Management der Athleten passiert im Moment einiges hinter den Kulissen. Die Ergebnisse wird man in zwölf oder 18 Monaten sehen. Zum Beispiel gibt es Fußballberater, die sich jetzt das E-Sport-Geschäft ansehen. Der VfL Wolfsburg ist der erste klassische Fußballverein in Deutschland, der den E-Sport aktiv fördert. Und zwar mit der ganzen Maschinerie, nicht nur nebenbei in den unteren Etagen.

Und dann finden sich auch Sponsoren, die nicht überwiegend aus dem IT-Bereich stammen?

Ich glaube, bis ganz klassische Marken wie Volkswagen, BMW oder die Telekom anfangen, sich mit dem E-Sport zu assoziieren, ist es nur noch eine Frage von Monaten, nicht mehr von Jahren. Vor einem Jahr war ich da noch pessimistischer, aber insbesondere in Amerika passiert das bereits. Bei unserem Dota-2-Turnier im Oktober in New York werden uns ein paar Firmen unterstützen, die man so im E-Sport noch nicht gesehen hat, die aber in anderen Sportarten sehr groß sind.

Die ESL ist jetzt die erste Computerspiel-Liga, die streng gegen Doping vorgehen will. Ist das auch ein Schritt, um den E-Sport mehr in Richtung des traditionellen Sports zu rücken?

Uns geht es vor allem darum, den Sport zu schützen. Deshalb machen wir das. Es soll ja der Beste gewinnen, nicht derjenige, der die meisten Drogen nimmt. Man hat es an anderen Sportarten gesehen, dort haben die Verbände das Problem nicht ernst genug genommen und damit aktiv zur Beerdigung ihrer wichtigsten Wettkämpfe beigetragen. Jeder, der sich mit Sport beschäftigt, kennt die warnenden Beispiele. Außerdem haben wir sehr junge Athleten. Es ist auch unser Job, sie zu schützen.

Aber auch der Außendarstellung hat es geholfen, oder?

Das war ein toller Nebeneffekt: Als wir bekannt gegeben haben, dass wir gemeinsam mit Wada und Nada Doping bekämpfen werden, wurde darüber nicht nur in Deutschland groß berichtet, sondern auch beispielsweise in der New York Times. Das war für uns in dieser Größenordnung schon eine Überraschung. Und die Stimmen waren fast durchweg positiv, haben das als logischen Schritt und nicht als Albernheit angesehen.

Also sind die Medien gegenüber dem E-Sport bereits aufgeschlossener, als Sie dachten?

Es ist für uns in jedem Fall ermutigend. E-Sport gehört eigentlich in den Sportteil, und es ist ein erster Schritt auf dem Weg dorthin, weg von den Kultur- und Digitalressorts. Aber bis es soweit ist, müssen wir uns beim klassischen Sport noch ein oder zwei Kniffe abschauen.

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