E-Mail-Experte im Interview:"Re: Re: Re: Re: diese Sache"

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Patziger Tonfall, kryptische Betreffzeilen: E-Mails stecken voller Tücken. Der Leserbriefseiten-Redakteur der New York Times, David Shipley, erklärt, wie man E-Mail-Pannen vermeidet.

Mirjam Hauck

Er war frustriert über die vielen schlechten E-Mails, die er jeden Tag bekommt - und verschickt. Damit das nicht so bleibt, hat David Shipley, Redakteur der New York Times , einen Ratgeber geschrieben. Er hilft, mit dem modernen Kommunikationsmittel gekonnt umzugehen. Seine Erfahrungen und Tipps gibt er zusammen mit seinem Kollegen Will Schwalbe im Buch "Erst denken, dann senden" weiter.

David Shipley, Redakteur, der Leserbriefseiten der "New York Times". (Foto: Foto: Elena Seibert)

sueddeutsche.de: Herr Shipley, Sie betreuen die Leserbriefseiten der New York Times. Bekommen Sie mehr Briefe oder mehr E-Mails?

David Shipley: Wir bekommen mehr als 1500 Leser-Kommentare in der Woche, davon werden 98 Prozent per E-Mail eingeschickt. Das gilt auch für die Post, die unsere Redakteure bekommen. Briefe - einst die Regel - sind heute völlig untypisch.

sueddeutsche.de: Wir verschicken viele unnötige E-Mails, häufig wird der Ton patzig oder sie sind einfach unverständlich. Warum geht die Kommunikation per E-Mail häufig schief.

Shipley: Dafür gibt es viele Erklärungen. Der Hauptgrund ist aber wohl, dass es so einfach ist, eine E-Mail zu verschicken. In einer Sekunde schreibt man sie, in der nächsten ist sie schon im Postausgang.

sueddeutsche.de: In Ihrem Buch schreiben Sie von E-Mail-Todsünden. Welche sind das?

Shipley: Da gibt es die unfassbar vage E-Mail, mit einem Text wie "Vergiss nicht, das noch zu machen" oder die unangemessene E-Mail à la "Wollen Sie in mein Hotelzimmer kommen, damit wie die Sache besprechen können?". Sehr beliebt ist auch die untote E-Mail, die zigmal hin und her geht. Ihre Betreffzeile: "Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: diese Sache".

sueddeutsche.de: Wie schafft es der Absender den richtigen Ton zu treffen, wie vermeidet er solche peinlichen E-Mails?

Shipley: Er sollte zwei Dinge beherzigen: Das eine ist Achtsamkeit, das heißt, er sollte nachdenken, bevor er eine E-Mail verschickt. Und zum andern gilt auch hier die goldene Regel: Versende nur E-Mails, die du auch selbst erhalten möchtest.

sueddeutsche.de: Nachdenken erfordert Zeit. Was raten Sie Menschen, die jeden Tag Hunderte E-Mails bekommen und beantworten müssen?

Shipley: Effizienz erreicht man nicht nur durch Schnelligkeit. Inhalte sind viel wichtiger. Wer klare und eindeutige E-Mails schreibt, sorgt dafür, dass der Angeschriebene sofort weiß, was er zu tun hat. Wer schreibt "keine Antwort nötig", bekommt auch keine und fühlt sich dann nicht gezwungen, wiederum auf die Antwort zu antworten.

Jeder Beruf stellt andere Anforderungen, deshalb empfehle ich auch nicht, nur zu bestimmten Zeiten E-Mails zu lesen oder zu beantworten. Ich selbst muss in meinen Job mein Postfach ständig im Auge behalten.

sueddeutsche.de: Was sind die häufigsten Fehler?

Shipley: Der größte Fehler ist immer noch, nicht nachzudenken.

sueddeutsche.de: Was ist mit Tippfehlern?

Shipley: Vertipper in der E-Mail sind nicht so gravierend. Schlimmer ist die Funktion, die automatisch Adressen im Empfänger-Feld ergänzt. Das kann große Probleme verursachen, vor allem, wenn es ähnliche Namen im Adressbuch gibt, oder sie mit den gleichen Buchstaben beginnen.

sueddeutsche.de: Fehlgeleitete E-Mails können verheerende Folge haben.

Shipley: Ja - von verlorenen Jobs bis zu gebrochenen Herzen.

sueddeutsche.de: Gibt es Themen, die in einer E-Mail tabu sein sollten?

Shipley: Witze sind immer sehr gefährlich, auch Sarkasmus kommt selten gut an. Gefühle wie Zorn sind ebenfalls ein schlechter Ratgeber. Ganz verkehrt ist es, beispielsweise genervt mit den drei Wörtchen "bla, bla, bla" zu antworten.

sueddeutsche: Was halten Sie von E-Mail-Grußkarten, die beispielsweise zu Geburtstagen verschickt werden?

Shipley: Schrecklich. Wir nennen so etwas "persönlicher Spam".

sueddeutsche.de: Wie sieht sie denn nun aus, die perfekte E-Mail?

Shipley: Die perfekte E-Mail ist diejenige, die so effektiv ist, dass der Empfänger keine weitere E-Mail schreiben muss.

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