Digitalisierung:Wie Gabriel Deutschland in eine Digitalrepublik verwandeln will

Der Wirtschaftsminister will aus Deutschland bis 2025 die modernste Wirtschaftsnation der Erde machen. Helfen sollen ihm dabei viele Milliarden Euro.

Von Guido Bohsem, Berlin

Es gibt einige Leute in Union und SPD, die halten die Bilanz der Bundesregierung bei der Digitalisierung für mager: Zu wenig abgestimmt, zu schlecht koordiniert und zu sehr auf die Interessen der vier offiziell zuständigen Minister ausgerichtet sei das Vorgehen. Manch ein Vertreter der Koalition spottet sogar von der "heiligen Vierfaltigkeit", die sich mehr blockiere, als die Dinge endlich gemeinsam anzupacken.

Geht es nach Sigmar Gabriel, soll sich das ändern. Der Bundeswirtschaftsminister will an diesem Montag bei der Eröffnungsveranstaltung der Computermesse Cebit in Hannover eine Art Masterplan vorlegen, der die Bundes- in eine Digitalrepublik verwandeln soll. Digitale Infrastruktur, Zukunft der Arbeit, Datensicherheit, eine am Zukunftsbedarf ausgerichtete Bildung, ein funktionierender gesetzlicher Rahmen. Diese Themen will Gabriel enger verknüpfen. Mit einer regierungsübergreifenden und koordinierenden Digitalagentur will er das Vorhaben umsetzen.

Das nächste große Reformprojekt der Republik

"Digitale Strategie 2025" soll das Vorhaben heißen, und man muss kein Sozialdemokrat sein, um die sprachliche Anleihe an die Agenda 2010 zu verstehen, dem letzten großen Reformprojekt der Republik. "Wir zeigen die zentralen Handlungsfelder auf, legen dar, wo wir stärker werden müssen und welche Instrumente wir brauchen", beschreibt sein Staatssekretär Matthias Machnig (SPD) das Vorhaben. 2015 waren etwa 20 Milliarden Geräte und Maschinen über das Internet verbunden, bis 2030, so sagen Schätzungen, wird sich die Zahl auf eine halbe Billion erhöhen. Die damit verbundenen Chancen will der Wirtschaftsminister nutzen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel

Gabriels "Digitale Strategie 2025" soll aus Deutschland eine Digitalrepublik machen.

(Foto: AFP)

Dass es unter den vier Ministern ausgerechnet Gabriel ist, der den "ersten systematischen Ansatz", wie Machnig es nennt, für eine digitale Strategie vorlegt, dürfte bei den anderen dreien nicht für allzu große Freude sorgen. Denn schließlich plant der Vizekanzler auch recht großzügig in deren Bereichen rum. Wie zum Beispiel in dem von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU).

Dobrindt ist für den Ausbau des Breitbandnetzes zuständig, und diesen erklärt Gabriel zur wichtigsten Grundlage seiner digitalen Strategie. Er will möglichst rasch damit beginnen, ein breit verfügbares Glasfasernetz in Deutschland aufzubauen. Nur so könnten neue Vertriebswege und Logistikprozesse erschlossen werden, könne sich autonomes Fahren entwickeln und die Digitalisierung des industriellen Standorts (Industrie 4.0) beginnen. "Ohne schnellere Internetverbindungen ist alles nur Schall und Rauch", sagt Gabriel-Mann Matthias Machnig. Das Land dürfe nicht dabei stehen bleiben, die Internet-Anschlüsse auf eine Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde auszubauen. "Bis zum Jahr 2025 muss ein Gigabit-Glasfasernetz stehen."

Milliardenschwerer Zukunftsinvestitionsfonds für den ländlichen Raum

Gabriel plädiert daher dafür, den von der Regierung beschlossenen Ausbau des schnellen Internets um einen Glasfaseransatz zu erweitern. Die Kosten dafür werden auf etwa 100 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren beziffert. Während er den Glasfaserausbau in den Ballungsgebieten durch private Anbieter gewährleistet sieht, will er für ländliche Gebiete einen Zukunftsinvestitionsfonds einrichten, der rund zehn Milliarden Euro schwer sein soll. Gespeist werden soll er zum Teil aus der nächsten Versteigerung der UMTS-Mobilfunkfrequenzen, die 2020 auslaufen. Unternehmen sollen schneller an die neuen Gigabit-Netze angeschlossen werden als Haushalte.

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