Digitales Fernsehen:Überall und kostenlos

Das Fernsehen der Zukunft ist zwar überall empfangbar, aber wahrscheinlich nicht mehr umsonst. Handy- und IP-TV bedeuten Kosten. Dabei ist Überall-Fernsehen mit DVB-T längst Realität.

Kai Schwarz

Die Versprechungen sind vollmundig: Die Lieblingssendung wann und wo man will, Sportereignisse auf dem Handy, Spielfilme auf Abruf ins Wohnzimmer streamen. Mit IP-TV und dem Handy-Fernsehen locken die Telekommunikationsanbieter auf der Cebit an ihre Stände. "Triple Play" heißt die Verbindung von Telefon, Internet und Fernsehen aus der Datenleitung, DVB-H und UMTS sollen Fernsehen aufs Handy bringen.

Digitales Fernsehen: DVB-T Sendezonen in Deutschland

DVB-T Sendezonen in Deutschland

(Foto: Foto: DVB-T-Bayern)

Im Kleingedruckten verbirgt sich dabei der Preis für die neue Wahlfreiheit: Kostenlos gibt es kaum noch was. Dabei sind Programmvielfalt und digitale Bildqualität auch ohne Gebühr an die Telekom-Anbieter verfügbar.

Digitals Fernsehen per Antenne

In immer mehr Regionen Deutschlands wird das analoge Antennenfernsehen abgeschaltet und durch das digitale DVB-T (Digital-Video-Broadcasting-Terrestrial) ersetzt. Begonnen hat der Wechsel 2003 in Berlin. 2004 folgten dann Städte wie Köln, Bonn, Hannover, Hamburg, Kiel und viele weitere Regionen.

Jüngstes Mitglied der DVB-T-Gemeinde ist die Lüneburger Heide und das Wendland, die sich seit dem 13. März über erdgebundenes Digitalfernsehen freuen dürfen. Bis 2008 sollen nach Wunsch von ARD und ZDF rund 90 Prozent der Bevölkerung Deutschlands digitales statt analoges Fernsehen über Antenne empfangen können.

Überall und kostenlos

Wo es bereits DVB-T gibt, werden wie beim analogen TV ja nach Region unterschiedliche Sender ausgestrahlt. Ein einheitliches TV-Angebot für ganz Deutschland gibt es also nicht. Während beispielsweise in Hessen nur die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten für Unterhaltung sorgen, mischen in Berlin oder München auch Private wie RTL, Sat1 oder Vox im digitalen Stelldichein mit. Genaue Informationen über die jeweiligen TV- und Radio-Sender, die über DVB-T in einer bestimmten Region zu empfangen sind, findet man auf Internetseite "www.ueberallfernsehen.de".

Nachrüsten ist notwendig

Wem der analoge TV-Spaß abgeschaltet wird, der muss in neue Technik investieren oder auf Alternativen wie Kabelfernsehen oder Satelliten-TV ausweichen. Denn ohne zusätzliche Hardware ist der Empfang von DVB-T mit analogen Geräten nicht möglich.

Eine schnelle Lösung einen alten Fernseher für den DVB-T-Empfang fit zu machen, sind sogenannte Settop-Boxen. Diese werden einfach mit dem Scart-Anschluss des Fernsehers oder dem Antenneneingang verbunden und dienen als Empfangsgerät für das DVB-T-Signal. Nachteil: Die Boxen benötigt zusätzlichen Strom und die meisten Modelle können nur ein Gerät mit einem Sender beliefern. Will man beispielsweise eine Sendung anschauen und eine andere mit dem Videorekorder aufzeichnen, so benötigt man einen zweiten DVB-T-Tuner oder eine Settop-Box, die über mehrere Tuner verfügt.

Allerdings werden immer mehr Fernseher, Videorekorder oder PCs mit einem DVB-T-Tuner oder einem kombinierten Empfänger für analoges und digitales Fernsehen bereits ab Werk ausgestattet. Auf der Cebit zeigt beispielsweise Sharp verschiedene Modelle mit gleich drei Tunern: analog, DVB-T und hochaufgelöstes HD-TV. Einen preiswerten Einstieg in die DVB-T-Welt bieten kleine USB-Sticks für den Computer, die bereits ab 40 Euro inklusive kleiner Zimmerantenne und TV-Software angeboten werden.

DVB-T ist aber nicht nur für den Einsatz im Wohnzimmer zu gebrauchen. Immer mehr Hersteller präsentieren mobile TV-Empfänger mit Display im praktischen Handy-Format, mit denen das digitale Fernsehen auf Liegewiesen, im Straßencafé oder im Schwimmbad betrachtet werden kann.

Eine weiter mobile Lösung steckt in tragbaren DVD-Player mit Display und DVB-T-Tuner, die häufig nicht größer als ein kleines Subnotebook sind. Solche portablen Geräte gibt es bereits unter 200 Euro im Fachhandel. Außerdem gibt werden Empfangsgeräte für den Einbau in Autos angeboten, die selbst auf der Autobahn bei Tempo 140 und mehr noch empfangsbereit sind. Vorausgesetzt das Signal ist stark genug und der Tuner vermag das DVB-T-Signal entsprechend umzusetzen.

Überall und kostenlos

Schwache Signale behindern Empfang

Nicht jede DVB-T-Lösung taugt allerdings für jede Region. Während in München beispielsweise eine kleine Zimmerantenne in Stabform ausreicht, so muss man im rund 60 Kilometer entfernten Augsburg bereits eine größere Dachantenne montieren, um digitales Fernsehen zu empfangen.

Darum sollte man sich vor dem Kauf einer DVB-T-Einheit genau informieren, welche Mindestanforderungen die Empfangsgeräte für die jeweilige Region mitbringen müssen.

Durch die Einführung von DVB-T soll unter anderem die Sendervielfalt erhöht und die Qualität von Bild und Ton verbessert werden. Außerdem verspricht der neue Standard ein größeres Angebot an Zusatzdiensten als das erdgebundene Antennenfernsehen.

Weil die übertragenen Daten im MPEG2-Format komprimiert werden, reduziert sich das Datenvolumen jedes Senders. Im Vergleich zum bisherigen analogen Fernsehen können dadurch deutlich mehr Sender gleichzeitig ausgestrahlt werden. Für die Kunden bedeutet das eine größere Vielfalt.

Blockbildung

Allerdings ist auch DVB-T nicht frei von Störungen. Sportsendungen oder Actionfilme mit schnellen Kamerabewegungen benötigen beispielsweise ein höheres Datenvolumen. Im schlimmsten Fall kann es zu sogenannten Blockartefakten kommen, das sind rechteckige, mehrfarbige Bildfehler.

Um dieses Problem auszuschließen, kann beispielsweise die Auflösung der übertragenen TV-Sendung verringert werden, was in der Praxis auch vorkommt. Zwar wird durch diesen Trick die Gefahr von Blockartefakte minimiert, allerdings verringer sich durch diese Maßnahme parallel die Bildqualität - die Schärfe lässt also nach.

Es ist aber davon auszugehen, dass in Zukunft solche Kinderkrankheiten überwunden werden können. Beispielsweise durch eine noch bessere Kompression mit einem Standard wie MPEG4, der selbst HD-Inhalte bei geringem Datenvolumen ermöglicht.

Neben den reinen TV-Inhalten können via DVB-T aber noch andre Dienste angeboten werden. Beispielsweise die elektronische Programmzeitschrift (Electronic Program Guide, kurz EPG), die den Zuschauer über das aktuelle Programm informiert. Außerdem sollen Datendienste und Multimediaanwendungen aus Bereichen wie Kultur und Unterhaltung den Wert des digitalen Fernsehangebots deutlich erhöhen.

Neben der stetig voranschreitenden Verbreitung von DVB-T und der damit verbundenen Zwangsdigitalisierung von Zuschauern, die auf Antennenfernsehen angewiesen sind, machen sich auch noch weitere Standrads auf, die digitale TV-Welt zu erweitern. Neben DVB-T gibt es noch DVB-C für das Kabel-Fernsehen und DVB-S für den Empfang via Satellit.

Viele verschiedene Formate

Außerdem stehen die konkurrierenden digitalen TV-Formate für Handys DVB-H und DMB (Digital Multimedia Broadcasting) in den Startlöchern um die Zuschauer an den Mobiltelefonen für sich zu gewinnen. Die vier großen Mobilfunkanbieter T-Mobil, Vodafone, E-Plus und O2 unterstützen den DVB-H-Standard.

DMB ist vor allem in Asien verbreitet, in Deutschland kann man in einigen Regionen vier TV-Programme eines unabhängigen Anbieters empfangen. Weil Sendelizenzen in Deutschland Ländersache sind, kam es bislang noch nicht zu einer bundesweiten Einigung bezüglich des Übertragungsstandards.

Abseits des Frequenzgerangels setzten die Telekomanbieter auf das Handy-Fernsehen via schneller Datenleitung. IP-TV auf dem Handy sozusagen. Auf der Cebit zeigen Telekom und Vodafone ihre Angebote, die dank des Datenturbos HSDPA den UMTS-Standard deutlich schneller machen. Damit soll in naher Zukunft Fernsehen auf dem kleinen Telefon-Bildschirm zur Normalität werden.

Der Haken bei der Unterhaltung via UMTS ist allerdings, dass diese Technologie ebenfalls noch nicht flächendeckend verfügbar ist und die Sendungen Geld kosten. Wer beispielsweise bei Vodafon einen Clip von Mister Bean anschauen möchte, der muss 39 Cent investieren. Ein Tageszugang zu MobileTV von T-Mobile kostet 2 Euro.

Aber auch bei DVB-H wird es den TV-Spaß vermutlich nicht ohne Zusatzkosten geben. Welche Abrechnungsmodelle die Unternehmen allerdings einführen werden, ist noch unklar.

Bei DVB-T entstehen neben der üblichen GEZ-Gebühr und dem Anschaffungspreis für die Empfangsgeräte momentan keine weiteren Kosten für den Empfang. Allerdings lassen sich digitale Signale problemlos verschlüsseln, sodass auch hier Pay-TV-Sendungen denkbar sind.

Ein ist klar: Die TV-Zukunft ist digital. Egal ob mit Kabelfernsehen, über Satellit, dem Antennenempfang oder an mobilen Geräten wie Handys & Co. Verschlechtern wird sich das Angebot und die Qualität voraussichtlich nicht.

Im Gegenteil: Die Bildqualität analoger Sendungen wird zumindest erreicht und die Aussicht auf HD-TV und 5.1-Sound sollte High-End-TV-Fans das Herz höher schlagen lassen. Außerdem werden Zusatzdienste wie elektronische Programmzeitschrift oder Rückkanäle den Umgang mit dem Fernsehen vereinfachen und beispielsweise das Programmieren des Videorekorders erheblich komfortabler gestalten.

(sueddeutsche.de)

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