Süddeutsche Zeitung

Digitale Spiegelreflexkameras:Spieglein, Spieglein

Die einstige Profi-Technik wird für Hobby-Fotografen erschwinglich. Was macht den direkten Blick durchs Objektiv so interessant?

Elmar Török

Wie erleichtert wir doch waren: Endlich nicht mehr mit Vaters riesenhaftem Fotoapparat durch mittelalterliche Städte und über grüne Almen wandern. Dank Digitaltechnik war die Kamera geschrumpft, passte in jede Hosentasche - und der Film war auch schon drin.

Und jetzt kommt die vereinte Kameraindustrie und will uns erneut dazu bewegen, die Fototasche mit auf Reisen zu nehmen? Tatsächlich erliegen immer mehr interessierte Laien diesem Lockruf. Es muss also mehr dahinter stecken als sentimentale Erinnerungen.

Dass die Kamera-Hersteller die digitale Spiegelreflexkamera (D-SLR) massenmarkttauglich machen wollen, hat selbstverständlich zuerst ökonomische Gründe. Ein wesentliches Merkmal dieser Gerätekategorie besteht darin, dass man das Objektiv wechseln kann.

In ein paar Sekunden verwandelt sich das Fernrohr, mit dem man die Kirschen in Nachbars Garten in natürlicher Größe aufs Bild bannt, in eine Panorama-Maschine, die Landschaften in extrem weitem Winkel aufnimmt, um dann als fotografierendes Mikroskop für Kleinstlebewesen und Studien über die Behaarung von Blütenblättern zu enden.

Für die dazu nötigen Objektive darf der Anwender je nach Anspruch die Umsatzstatistik der Fotoindustrie aufhübschen, mit Zubehör-Ausgaben von unter 100 Euro bis in den vierstelligen Bereich für Bildstabilisatoren oder Markenoptik.

Das kommt den Herstellern gerade recht, denn erstmals werden in diesem Jahr voraussichtlich etwas weniger Digitalkameras verkauft als 2005.

Trotzdem kann man interessierten Fotofans nur dazu raten, sich die Spiegelreflextechnik genauer anzusehen. Denn glücklicherweise kopieren die Hersteller nicht einfach Papas klobige Kamera - sie haben erkannt, dass die digitalen Spiegelreflexkameras einsteigerfreundlicher werden müssen.

Dazu peppen sie sie (was dank ihrer Erfahrungen im Kompaktbereich nicht schwer ist) zum einen mit Motivprogrammen aller Art auf. "Weinende Kinder im Dunkeln", "Sonnenaufgang bei Gewitter", "UFO bei Landung in der Wüste" - die Szenenbeschreibungen werden mittlerweile so speziell, dass der Fotograf schneller alle Parameter selbst eingestellt hat, als er sich für eine Voreinstellung entscheiden kann.

Dazu sollte er sich aber vorher mit seiner Kamera und den Grundzügen der Fotografie beschäftigen - genau dazu regen digitale Spiegelreflexkameras an. Auf Dauer wird mit so einem Gerät nicht glücklich, wer Blende, Empfindlichkeit und Schärfentiefe für unnötige Fachwörter hält.

Aber zumindest die Umgewöhnung von der Kompakten erleichtern die Motivprogramme durchaus. Dazu trägt auch bei, dass die Fotoausrüstung auf Wanderungen heutzutage nicht mehr zwangsläufig zu Rückenschmerzen führt - die D-SLRs werden kleiner und leichter.

Olympus hat gerade erst stolz mit der E400 die "kleinste und leichteste" ihrer Art vorgestellt. Sie wiegt zwar ohne Objektiv immer noch 400 Gramm - das sind aber schon mal 200 Gramm weniger als Pentax' K100D, ebenfalls ein Einsteigermodell.

Zudem räumen die Kamerahersteller allmählich mit dem Dilemma auf, dass bei einer Spiegelreflex der Bildschirm auf der Rückseite der Kamera schwarz bleibt - zumindest bis das Motiv abgelichtet ist. Mit einer Technik namens "Life View" wollen Panasonic und Olympus nun der geänderten Gewohnheit Rechnung tragen, dass viele Hobby-Fotografen ihr Motiv nicht mehr durch den Sucher, sondern über das LC-Display beurteilen.

Dazu bauen sie einen zweiten Sensorchip in ihre neuesten Geräte ein: in die DMC-L1 (Panasonic, demnächst erhältlich) und die schon länger erhältliche E330 (Olympus).

Das Problem, dass die Sensoren einer Spiegelreflexkamera durch das auswechselbare Objektiv staubgefährdet sind, gehen etwa Sony in der "Alpha 100" (schon im Handel) oder Pentax in der kommenden "K10D" durch spezielle Rüttel-Mechanismen zur Selbstreinigung der Chips an.

Bildstabilisatoren, die auch im Kompaktbereich auf dem Vormarsch sind, halten bei D-SLRs ebenfalls verstärkt Einzug - sie haben hier den Vorteil, dass man keine teureren Objektive mit eigenem Bildstabilisator kaufen muss.

Hat man die Qual der Wahl, sollte man auf diese Technik nicht verzichten: bei Pentax K110D (ohne) spart man zwar im Vergleich zur K100D (mit Bildstabilisator) 50 Euro - die legt man später aber womöglich beim Objektiv wieder drauf.

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