Digitale Demokratie:E-Mail aus dem Bundespresseamt

Mit der Internetplattform www.direktzurkanzlerin.de. haben es 14 Studenten geschafft, Kontakt zur Kanzlerin herzustellen: Ab Samstag reagiert die Bundesregierung direkt auf die Fragen einer Community.

Nina Meckel

Caveh Valipour Zonooz kann es nicht glauben: Drei Wochen Funkstille, drei Wochen Telefonanrufe und E-Mails von erbosten oder ungeduldigen Bürgern und immer die gleiche Frage: "Ja, wo bleibt denn die Antwort?". Jetzt kann der Brandenburger BWL-Student endlich kontern: "Die kommt am Samstag!".

Digitale Demokratie: Auf der Site www.direktzurkanzlerin.de kann man seine Fragen stellen - die beliebtesten werden ans Kanzleramt geschickt

Auf der Site www.direktzurkanzlerin.de kann man seine Fragen stellen - die beliebtesten werden ans Kanzleramt geschickt

(Foto: screenshot: sueddeutsche.de)

Seit am 3. Oktober mit www.direktzurkanzlerin.de das Bürger-Pendant zum Podcast von Angela Merkel online ging, warteten die Studenten auf die versprochene Reaktion aus dem Bundeskanzleramt. Zonooz hatte zusammen mit Freunden innerhalb von nur drei Wochen die Internetplattform entwickelt, um einen Weg zu finden, mit der Kanzlerin in Kontakt treten zu können. Am Montag endlich schickte Rüdiger Petz, Chef vom Dienst des Bundespresseamtes, eine E-Mail:

"Sehr geehrte Damen und Herren, wie bereits in Aussicht gestellt, werden wir Ihnen im Laufe dieser Woche unsere ersten Reaktionen auf die Beiträge Ihrer Nutzer übermitteln. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir aus Kapazitätsgründen jeweils nur auf die ersten drei Beiträge Ihres wöchentlichen Rankings antworten können."

"Bei uns war daraufhin die Hölle los", schildert Zonooz die Reaktion der direktzurkanzlerin-Mitarbeiter. "Wir haben gefeiert!" Immerhin seien zwischen der Idee vom 2. September (nach dem Video-Podcast zur Hightech-Strategie der Bundesregierung) und der ersten zu erwartenden Antwort am 28. Oktober nur genau acht Wochen vergangen.

Die Agora des 21. Jahrhunderts

Dabei sind die Studenten nach eigenen Angaben in erster Linie Wissenschaftler, waren vorher noch nie politisch aktiv und fühlen sich keiner Partei zugehörig. "Wir haben im Nachhinein mit einigen Politikprofessoren an unserer Uni gesprochen. Und die waren begeistert. Das sei die Agora des 21. Jahrhunderts! Pure Demokratie!"

Bei direktzurkanzlerin wählt ein Zufallsgenerator aus zehn unterschiedlichen Kategorien von Arbeitsmarkt bis Wirtschaft je einen Beitrag aus. Ein fünfköpfiges Gremium entscheidet über die Seriosität .Per Abstimmung werden wöchentlich die Top 10 erstellt.

Ein klein wenig enttäuscht ist Zonooz über die Reaktion aus dem Bundespresseamt allerdings auch: "Schade, dass die nur die ersten drei Beiträge beantworten wollen." Eine direkte Reaktion via Podcast von Frau Merkel zu erhalten, bleibt allerdings weiterhin nur ein Wunsch. "Der Podcast ist monothematisch, da würden die Themen nicht reinpassen", begründete Rüdiger Petz die Entscheidung des Bundespresseamtes, die Antworten via E-Mail an direktzurkanlerin zu schicken. "Die Fragen sind ja wie Briefe, die uns auch jetzt schon erreichen, nur über ein anderes Medium." Kollegen aus dem Haus würden sich dann der Probleme der Nutzer annehmen.

Der 33-jährige Zonooz setzt auf die Stimme des Volkes. Bis jetzt hätten sie 90.000 Klicks auf der Webseite verzeichnet. In letzter Zeit weniger, weil die Antworten der Kanzlerin ja nicht kamen. Wenn jetzt das Bundespresseamt allerdings antwortet, erwarten die Studenten einen sprunghaften Anstieg. "Schon jetzt sind vier neue Helfer eingestiegen. Schließlich studieren wir alle noch und haben den ein oder anderen Nebenjob."

Vielleicht kommt dann in der Zukunft der direkte Draht zur Kanzlerin zustande.

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