Digitale Bücher:Amazon zahlt für Orwell-Löschung

Ein Schüler erhält 150.000 Dollar, weil das Unternehmen Orwells "1984" von seinem Lesegerät entfernte. Der Internet-Buchhändler gesteht seinen Kunden zugleich künftig mehr Rechte zu.

Im Juli wurde das Internet-Versandhaus Amazon für einige Tage zum Dieb, zumindest in den Augen einiger US-Kunden: Ohne deren Wissen hatte das Unternehmen George Orwells Roman "1984" aus dem Speicher ihrer Kindle-Lesegeräte entfernt, obwohl die Besitzer den Klassiker gekauft und bezahlt hatten. Das ist möglich, da das Gerät in der Regel mit den Servern des Unternehmens verbunden ist.

Die Begründung, man habe damit dem Willen der Rechteinhaber entsprochen, besänftigte die Netzgemeinde nicht: Am Ende entschuldigte sich Amazon-Chef Jeff Bezos persönlich und bot den Betroffenen an, das digitale Buch wiederherzustellen oder sie mit einem Einkaufsgutschein in Höhe von 30 Dollar zu entschädigen.

Dem 17-jährigen Schüler Justin Gawronski war das nicht genug: Er verklagte das Unternehmen, da mit der Löschung die digitalen Notizen, die er sich für eine Hausarbeit gemacht hatte, nutzlos wurden. Sie waren zwar noch vorhanden, doch ohne den zugehörigen Text ohne Bedeutung.

Mehr Rechte für die Kunden

Nun haben sich Amazon und Gawronskis Anwälte geeinigt: 150.000 Dollar Entschädigung erhalten der Schüler und seine Rechtsbeistände, letztere wollen ihren Anteil für wohltätige Zwecke spenden.

Interessanter als diese Summe ist aber die Verpflichtung, die Amazon mit der Einigung einging (hier als pdf auf der Seite TechFlash nachzulesen): In dieser legt der Online-Händler Kriterien fest, nach denen er auf die Lesegeräte seiner Kunden zugreifen darf, um Inhalte zu entfernen.

Amazon verpflichtet sich demnach, Werke nur noch zu entfernen oder zu verändern, wenn der Benutzer diesem zustimmt, er diese nicht bezahlt hat oder sie umtauschen möchte, eine richterliche Anordnung das Unternehmen zur Löschung verpflichtet oder die Dateien schädlichen Code wie Viren enthalten.

Die Verpflichtung gilt als Meilenstein im Umgang mit digitalen Eigentumsrechten - allerdings vorerst nur in Nordamerika. Jedoch dürfte Amazon bald auch für die EU klare Regeln veröffentlichen: Branchenkenner rechnen damit, dass Amazon in den nächsten Wochen den Kindle-Verkaufsstart für Großbritannien bekannt geben wird. Wann das Lesegerät in Deutschland auf den Markt kommt, bleibt weiterhin unklar.

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