Deutscher iPad-Rivale:Die große WeTab-Ernüchterung

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Die ersten Kunden halten den heiß diskutierten Flachcomputer WeTab in den Händen - und die meisten von ihnen sind nicht begeistert. Bringt ein Software-Update Besserung?

Was schlechte PR in Zeiten des Mitmach-Webs bedeutet, erfährt derzeit die Firma Neofonie, Hersteller des selbsternannten iPad-Konkurrenten WeTab. Die Facebook-Seite zum WeTab gerät stellenweise zur Anklageschrift: Im Fünf-Minuten-Takt meldeten sich am Freitag Nutzer mit neuen Beiträgen zum Flachcomputer des deutschen Herstellers zu Wort - und viele davon sind wenig schmeichelhaft.

Prototyp des WeTab: Viele Freiheiten, noch mehr Probleme. (Foto: dpa)

"Das WeTab ist viel zu träge, unflüssig, sieht einfach nicht nach komfortabler Bedienung aus" schreibt ein Nutzer. "Habe heute mein WeTab erhalten, und muss sagen, mir gefällt es nicht", schreibt ein anderer, "werde es zurückschicken, das ist sicher."

Das WeTab polarisiert Computernutzer bereits seit seiner Ankündigung im Frühjahr: Die Hersteller Neofonie und 4Tiitoo hatten großspurig einen iPad-Rivalen ins Rennen geschickt, bei der Präsentation entpuppte sich das angeblich fertige Linux-Betriebssystem als Film, der über Windows abgespielt wurde. Auch bei den letzten Pressevorführungen vor der Veröffentlichung war noch kein fertiges Produkt erhältlich.

Ein solches erhalten offenbar auch die ersten Besteller nicht, so fehlen nach übereinstimmenden Berichten Multitouch und Android-Support. Das, sagt 4Tiitoo-Technikchef Stephan Odörfer, werde mit einem Update in der nächsten Woche nachgeliefert. Die Kritik hält er zum Teil für unberechtigt: "Das sind Menschen, die das Produkt niedermachen, obwohl sie es nachweislich noch nie in der Hand hatten", sagt er, "da fragt man sich schon, wer dahinter steckt."

Freiheit und Schwächen

Dass viele Nutzer das Gerät noch nicht in der Hand hatten, liegt auch an den Lieferengpässen von Zwischenhändlern wie Amazon.com, die wiederum auf die schmalen Lieferchargen des Geräts verweisen. Eventuell kommt die späte Lieferung den WeTab-Machern allerdings sogar zugute: Immerhin sollen die Updates die Kinderkrankheiten nach und nach beseitigen.

Einige Probleme dürften jedoch nicht per Software-Update zu lösen sein: So ist der Computer in allen Versionen fast 200 Gramm schwerer als angekündigt, die UMTS-Version wiegt mit 1020 Gramm beinahe so viel wie ein durchschnittliches Netbook. Auch die Lautstärke der Lüftung macht vielen Nutzern zu schaffen, hinzu kommt ein Display, das sich offenbar nur mit einer leichten Neigung mit angemessener Helligkeit ansehen lässt.

Bei all den Problemen geht unter, dass das WeTab tatsächlich offener als der Apple-Konkurrent ist: So bietet es ein freies Betriebssystem, USB-Ports und die Möglichkeit, Speicherkarten einzustecken. Ob die positiven Kommentare, die derzeit eher untergehen, allerdings nach den Software-Updates zunehmen werden, ist abzuwarten.

Bislang herrscht offenbar der Eindruck vor, dass die WeTab-Macher nach viel Tamtam mit einem unfertigen Produkt auf den Markt gekommen sind. "Man kann das Gebotene derzeit nur wohlwollend als interessante Beta-Version eines Tablet PC sehen", schreibt der FAZ-Autor Michael Spehr nach einem ersten Test.

Das ist für einen deutschen Hersteller immerhin schon einmal etwas - doch um damit wirklich auf dem Markt erfolgreich zu sein, hätte es nach Kundenmeinung offenbar etwas mehr bedurft.

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