Deutsche Digitale Bibliothek:Kulturgut auf Knopfdruck

Es ist ein Jahrhundertprojekt: Künftig soll eine gigantische Online-Bibliothek Datenbanken von mehr als 30.000 deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen zugänglich machen.

Bernd Graff

Ein Jahrhundertprojekt! Nicht nur wegen des technischen Aufwandes, der zu seiner Bewerkstelligung nötig ist. Sondern auch wegen der Vielzahl an Beteiligten, die daran mitarbeiten.

Deutsche Digitale Bibliothek: Buchdigitalisierung per Knopfdruck: Das Bundeskabinett hat eine digitale Bibliothek beschlossen

Buchdigitalisierung per Knopfdruck: Das Bundeskabinett hat eine digitale Bibliothek beschlossen

(Foto: Foto: ddp)

Doch die Sache ist beschlossen: Das Bundeskabinett hat am 2. Dezember 2009 die Errichtung einer "Deutschen Digitalen Bibliothek" (DDB) gebilligt. Zuvor hatte die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder auf ihrer Jahrestagung im Oktober dem Projekt zugestimmt.

Der Nutzen einer solchen Digital-Bibliothek ist unmittelbar einsichtig. Noch immer sind viele wissenschaftliche Informationen und bedeutende Zeugnisse der Kultur nur Wenigen zugänglich, weil sie ortsgebunden sind: Sie bilden die Bestände einzelner Bibliotheken, Archive, Museen, Mediatheken oder sind als Kulturdenkmale lokal fixiert.

Dies soll sich mit der zentralen Bibliothek grundlegend ändern: Nicht weniger als das kulturelle Erbe der Nation und alle verfügbaren wissenschaftlichen Informationen sollen für Deutschland digital erfasst und über das Internet für jedermann verfügbar gemacht werden. Dazu müssen die Bestände und Datenbanken von über 30.000 deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland vernetzt und durch spezielle Suchwerkzeuge erschlossen werden.

Zudem soll diese ab 2011 funktionsfähige Zentralbibliothek in die Europäische Digitale Bibliothek "Europeana" integriert werden. Diese ist das vom Rat der Europäischen Union beschlossene und seit 2008 verfügbare Pendant zur Initiative des US-Konzerns Google, der indes mit seinem Projekt "Google Books" langfristig nicht weniger als alle weltweit verfügbare Literatur digital verfügbar machen will.

Antwort auf Google

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) positionierte die Kontinentalbibliothek darum ausdrücklich als europäische Antwort auf das "Informationsmonopol durch Google." Schon vor Wochen sagte er auf der Autorentagung des Verbandes deutscher Schriftsteller, dass es nicht angehen könne, "dass der elektronische Zugang zu Büchern ganz oder zu einem erheblichen Teil von einem privaten Unternehmen dominiert wird."

Mit der Deutschen Digitalen Bibliothek würden nun die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass "das kulturelle Erbe in öffentlicher Verantwortung bleibt." Mit Blick auf Katastrophen wie den Einsturz des Kölner Stadtarchivs oder den Brand der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar erklärte der Minister nach dem gestrigen Kabinettsbeschluss, dass mit der Etablierung einer Online-Bibliothek alle Kulturschätze und wissenschaftliche Informationen "für künftige Generationen" zugänglich bleiben.

Der Staatsminister ging außerdem noch einmal auf den Internet-Konzern Google ein, der die digitalen Rechte für große Bibliotheksbestände "zu einem einmaligen Betrag auf Dauer" erwerbe. Bei der DDB würden hingegen "die Rechte-Inhaber zuerst gefragt - dokumentiert und jederzeit nachvollziehbar."

Vorgesehen ist nun, dass die Bibliothek nun digitale Kopien von Büchern, Bildern, Archivalien, Skulpturen, Noten, Musik und Filmen herstellt und öffentlich zur Verfügung stellt. Angesichts des oft mühsamen föderalistischen Miteinanders von Bund, Ländern und Kommunen ist dies eine Aufgabe, die ähnlich herkullisch ausfallen dürfte wie die, aus Buchstabensuppe eine Enzyklopädie zusammenzustellen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: