"Destiny":Das teuerste Computerspiel der Welt

"Destiny": Fremde Welten, handgemacht: Eine Szene aus "Destiny"

Fremde Welten, handgemacht: Eine Szene aus "Destiny"

(Foto: Activision)

500 Millionen Dollar für einen Online-Shooter: "Destiny" gilt als das teuerste Computerspiel der Welt - und übertrifft sogar die größten Hollywood-Blockbuster. Warum kostet es so viel, Spiele zu produzieren?

Von Matthias Huber

Zuerst gab es nur die Träume für die Leinwand, aber inzwischen ist aus Hollywood längst eine ganze Unterhaltungsindustrie geworden. Kinokarten, DVDs, Merchandise, Fan-Artikel. Und auch der Blick hinter die Kulissen ist ein lukratives Geschäftsmodell: Fast zwei Milliarden Dollar gaben die Besucher im Jahr 2011 in den Parks der Universal Studios aus, um die Requisiten aus Filmen wie "Psycho" oder "Der Weiße Hai" zu sehen.

Für die Entwicklung eines Computerspiels braucht es dagegen keine aufwendigen Kulissen und Requisiten, keine exotischen Schauplätze, sondern eigentlich nur jede Menge PCs, Bildschirme und Tastaturen. Trotzdem ist es mittlerweile kaum billiger ein Spiel zu produzieren, als einen Film. In manchen Fällen ist es sogar teurer.

In Bellevue, Washington, arbeiten 500 Programmierer und Grafiker für das Entwicklerstudio Bungie am wohl teuersten Computerspiel, das bislang erschienen ist. Ihr Arbeitsplatz ist ein ehemaliges Kino, Bungie ließ die Wände zwischen den einzelnen Sälen herausreißen, einige hundert Kilometer Kabel verlegen und installierte für die nötigen Großrechner Kühlsysteme im Wert von mehreren Millionen Dollar. "Destiny", so heißt das Spiel der Truppe, kommt am Dienstag auf den Markt. Es soll laut Herausgeber Activision für Entwicklung, Vermarktung und Online-Betrieb etwa eine halbe Milliarde Dollar verschlungen haben. "Avatar", einer der bislang teuersten Hollywoodfilme, kostete etwa 400 bis 450 Millionen Dollar.

Hollywood-Schauspieler übernehmen Sprechrollen

Digitale Effekte sind zwar meist günstiger als Kulissen aus Holz und Pappmaché. Im Gegensatz zu Filmproduzenten müssen Computerspiel-Entwickler aber auch solche Schauplätze gestalten, die vielleicht nur ein Bruchteil der Spieler jemals besuchen wird. Außerdem wächst mit jeder neuen Konsolengeneration der Anspruch an die Qualität von Grafik und Präsentation. Bestand eine Spielfigur vor fünf Jahren noch aus etwa 10 000 dreidimensionalen Bausteinen, sogenannten Polygonen, hat sich diese Zahl inzwischen mehr als verzehnfacht. Auch die Texturen, die Grafikmuster, die über diese digitalen Körper gelegt werden, um ihnen Farbe und Struktur zu verleihen, sind entsprechend detailreicher geworden. In "Destiny" wird der Spieler auf dem Mond, der Venus oder dem Mars herumlaufen und -ballern können, jeder Baum oder Fels der weitläufigen Landschaften wurde von einem Mitglied des Entwicklerteams sorgfältig per Hand gestaltet und platziert.

Auch die Talente Hollywoods profitieren mittlerweile vom gestiegenen Anspruch an die digitalen Film-Konkurrenten: Oscar-nominierte Schauspieler wie Willem Dafoe oder Ellen Page leihen Spielfiguren Stimme und Gesicht, in "Destiny" übernimmt "Game-of-Thrones"-Star Peter Dinklage eine größere Sprechrolle.

Hunderte Millionen - für ein Computerspiel?

"Destiny": Roter Wüstensand: In "Destiny" können die Spieler auch den Mars erforschen.

Roter Wüstensand: In "Destiny" können die Spieler auch den Mars erforschen.

(Foto: Activision)

Aber kann sich so eine Investition für ein Computerspiel lohnen?

75 Milliarden Dollar gaben Menschen 2013 für Computerspiele aus, bis 2017 rechnen Experten damit, dass der Markt erstmals die 100-Milliarden-Dollar-Marke übersteigen wird. Und auch wenn davon 20 bis 30 Prozent auf niedrigbudgetierte Spiele für Smartphones und Tablets entfallen, bleibt für große Titel wie "Destiny" immer noch ein beträchtliches Potenzial. "Call of Duty: Black Ops" brachte bereits 2010 1,5 Milliarden Dollar in die Kassen, andere Titel der extrem populären Actionspiel-Reihe blieben nur knapp unter einer Milliarde. "Destiny"-Entwickler Bungie hat mit der "Halo"-Reihe selbst bereits eine der erfolgreichsten Videospiel-Reihen im eigenen Portfolio, weltweit wurden mehr als 50 Millionen "Halo"-Spiele verkauft.

Ein beträchtlicher Teil des Budgets von "Destiny", das nur über das Internet mit anderen Spielern auf der ganzen Welt gespielt werden kann, dürfte für den Online-Betrieb verwendet werden. Allein in den USA haben es zwei Millionen Menschen vorbestellt, mehr als 100 Menschen arbeiten daran, dass die Server dem erwarteten Ansturm gewachsen sind. Das Spiel soll außerdem regelmäßig erweitert werden.

World of Warcraft spielte bis jetzt mehr als 10 Milliarden Dollar ein

Dass Spiele trotz der schnelllebigen Branche auch langfristig erfolgreich sein können, zeigt "World of Warcraft" (Wow). Als das Entwicklerstudio Blizzard - seit 2008 ebenfalls Teil von Activision - um das Jahr 2000 mit der Arbeit an dem Online-Rollenspiel begann, betrug das Budget Branchenexperten zufolge etwa 70 Millionen Dollar. 200 weitere Millionen, verriet Blizzard zur Veröffentlichung 2004 seinen Investoren, seien bereits auf die Seite gelegt worden, um den Serverbetrieb und Kundendienst vier Jahre lang aufrecht erhalten zu können.

Jedes der vier bisher erhältlichen Erweiterungspakete soll etwa 40 Millionen gekostet haben, im Winter soll das fünfte erscheinen. Der Lohn des kostspieligen Unterfangens: Bis zum Jahr 2012 erzielte Wow bereits einen Gesamtumsatz von mehr als zehn Milliarden Dollar, auch heute noch spielen es mehr als sieben Millionen Menschen und bezahlen monatlich etwa 15 Dollar für ein Abonnement.

Früher kauften Spielehersteller Lizenzen, jetzt ist es Hollywood

Kein Wunder, dass sich auch Hollywood längst neidisch für den Erfolg der Computerspielbranche und ihre treuen Fans interessiert. Die Richtung, in der das Geld zwischen diesen beiden Zweigen der Populärkulturindustrie fließt, hat sich mittlerweile umgekehrt.

1982 bezahlte Atari 23 Millionen Dollar an die Universal Studios, um ein Spiel basierend auf Steven Spielbergs Film "E.T." auf den Markt bringen zu dürfen. Es wurde zu einem der größten Flops der Unternehmensgeschichte. 2016 kommt "Warcraft" in die Kinos, von David-Bowie-Sohn Duncan Jones. Geplantes Budget: etwas mehr als 100 Millionen Dollar. Wie viel davon Blizzard für die Filmrechte erhält, ist nicht bekannt.

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