Süddeutsche Zeitung

Desinformation im Netz:Facebook und Twitter identifizieren iranisches Propaganda-Netzwerk

  • Facebook und Twitter löschen Hunderte Konten, die aus Iran gesteuert werden.
  • Sie sollen politische Desinformationskampagnen betrieben haben.
  • Social-Media-Unternehmen stehen unter Druck, im Kampf gegen politische Manipulation aus dem Ausland Erfolge vorzuweisen.

Von Johannes Kuhn, Austin

"Koordiniertes unauthentisches Verhalten": So nennen Mark Zuckerberg und seine Firma Facebook mutmaßliche Versuche, die öffentliche Meinung durch Desinformation zu beeinflussen.

Nun vermeldet Facebook bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Monats Erfolge im Kampf gegen dieses "unauthentische Verhalten" - in Form von Löschungen.

Erstmals rückt dabei Iran in den Fokus. Das Land genießt derzeit bei der US-Regierung ohnehin nur wenig Ansehen und wurde vom Weißen Haus mit Sanktionen belegt.

Facebook gab im Firmenblog an, 652 Konten, Seiten und Gruppen aus dem Land gelöscht zu haben, die im Nahen Osten, Lateinamerika, den USA und Großbritannien mit manipulativem Politik-Content aktiv waren. Das Unternehmen wurde auf Hinweis der Sicherheitsfirma FireEye aktiv.

Auch Twitter erklärte am Dienstag, 284 Konten gesperrt zu haben, die mutmaßlich von Iran aus betrieben wurden.

Das auf Facebook aktive Netzwerk mit Namen "Liberty Front Press" habe laut Registrierungsinformationen Verbindungen zu "Press TV", dem englischsprachigen iranischen Auslandsfernsehen, das dem geistlichen Oberhaupt, Ayatollah Ali Chamenei, unterstellt ist. Die ersten Seiten des Netzwerks wurden bereits 2013 online gestellt.

Unter Druck vor der September-Anhörung

Ab 2016 eingerichtete Konten hätten auch versucht, an Passwörter zu gelangen und Schadsoftware zu verbreiten. Die Organisation gab mindestens 6000 Dollar für Werbeanzeigen aus und war auf Instagram aktiv. Die Seiten seien nicht mit dem expliziten Ziel eingerichtet worden, die US-Zwischenwahl im November zu beeinflussen, so FireEye.

In einer weiteren Untersuchung löschte Facebook Konten, die von der US-Regierung vor einiger Zeit als dem russischen Geheimdienst zugehörig identifiziert wurden.

Die Seiten hätten sich auf Politik in Syrien und der Ukraine konzentriert, zu ihnen gehört die Präsenz "Inside Syria Media Center", die für "verdeckte Verbreitung von pro-russischen und pro-Assad Inhalten" bekannt sein soll, so die Firma. Facebook selber konnte keine Verbindung zur russischen Regierung nachweisen.

Social-Media-Unternehmen stehen im Zuge der aktuellen Debatte und kurz vor den US-Zwischenwahlen unter Druck, Erfolge vorzuweisen. Am 5. September sollen Facebooks Geschäftsführerin Sheryl Sandberg sowie Twitter-Chef Jack Dorsey vor dem Geheimdienstausschuss des Senats zu Desinformationskampagnen in ihren sozialen Medien aussagen.

Sowohl Facebook als auch Twitter sind in Iran offiziell nicht zugänglich und nur mit Hilfe spezieller Software zu erreichen.

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