Süddeutsche Zeitung

Streit um Spionage-Erlaubnis:Saudi-Arabien blockt Blackberry-Messenger

Saudi-Arabien macht ernst: Ab Freitag soll im Land die Nachrichtenfunktion bei Blackberrys blockiert werden. Die Geheimdienste fordern den Zugriff auf die Botschaften.

Im Streit um die Daten-Verschlüsselung von Blackberry-Smartphones will Saudi-Arabien den Service teilweise stilllegen. Die Behörden erklärten am Dienstag, Telekom-Firmen müssten ab Freitag einen nicht genau benannten Dienst solange blockieren, bis die offiziellen Anforderungen erfüllt seien.

Industrievertreter hatten bereits am Sonntag berichtet, dass die Regierung den Messenger-Dienst für Kurznachrichten sperren wolle. In Saudi-Arabien nutzen etwa 700.000 Menschen Blackberrys.

Der Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) ist in mehreren Staaten wegen seiner umfangreichen Verschlüsselung beim Datenverkehr in Ungnade gefallen. Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten unlängst angekündigt, BlackBerry-Nutzer im Oktober vom weltweiten Netz abzuhängen.

Zuvor hatte eine arabische Zeitung berichtet, dass RIM dem Druck von Kuwait nachgegeben hätte und vorläufig 3000 Porno-Webseiten sperren werde. In anderen Medien hieß es, RIM gestatte Indien künftig die Überwachung von Kunden-Emails. Dies dementierte ein Konzernsprecher jedoch. Ein indischer Regierungsvertreter sagte, dass Sicherheitsbehörden noch mit dem Konzern verhandelten. "Wir hoffen, bis Ende des Monats eine Lösung zu finden."

USA: "Gefährlicher Präzedenzfall"

Die Vereinigten Arabischen Emirate hatten am Wochenende angekündigt, Blackberry-Nutzern im Oktober den Zugang zum Internet zu blockieren. Die kuwaitische Zeitung Al-Dscharida berichtete, Research in Motion habe mit der Zusage zur Sperrung von Pornoseiten auf den Druck von Kuwaits Kommunikationsministerium reagiert.

Die USA kritisierten die Ankündigung der Emirate. "Wir halten dies für einen gefährlichen Präzedenzfall", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Die Blackberry-Dienste seien ein Teil des freien Informationsflusses. "Wir halten sie für ein wichtiges Element der Demokratie, der Menschenrechte, der Informationsfreiheit und des Informationsflusses im 21. Jahrhundert", betonte der Sprecher. "Man sollte Gesellschaften für diese neuen Technologien öffnen, die den Menschen mehr Macht ermöglichen, und nicht nach Gelegenheiten suchen, wie man bestimmte Techniken einschränken kann."

Von der Sperre wären auch deutsche Firmen vor Ort betroffen. "Das Tagesgeschäft würde belastet", sagte Dalia Abu Samra-Rohte, die oberste Vertreterin der deutschen Wirtschaft in Abu Dhabi. "Ich glaube aber nicht, dass dies auf Investitionen von deutschen Firmen direkten Einfluss hätte", betonte die stellvertretende Geschäftsführerin der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer. Sie setzt auf eine einvernehmliche Lösung bis Jahresende.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten sind demnach rund 600 deutsche Firmen tätig, darunter Großkonzerne wie Siemens, Daimler oder die Bauunternehmen Bilfinger Berger und Hochtief.

Gute Verschlüsselung: Fluch und Segen zugleich

RIM ist mit seinem Smartphone zuletzt in mehreren Ländern ins Visier der Behörden geraten. Regierungen in verschiedenen arabischen Ländern beklagen, dass sie keine Kontrolle über den Datenverkehr des Blackberrys haben. Aber gerade das geschlossene Email-System der Geräte ist einer der Hauptgründe für die Popularität dieser Smartphones, vor allem in der Geschäftswelt. Damit konnte RIM gegenüber Rivalen wie Nokia oder Apple Pluspunkte sammeln und weltweit 41 Millionen Nutzer überzeugen.

Die gute Verschlüsselung ist damit Segen und Fluch zugleich. Denn Experten warnen davor, dass RIM zwar auf die Bedenken der Regierungen eingehen, aber seinen Kunden weiter sichere und zuverlässige Kommunikation liefern müsse. "Wenn man da Kompromisse macht, bricht die Erfolgsgeschichte zusammen", sagte Analyst Ashok Kumar von Rodman & Renshaw.

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