Datenschutz:Spuren im Netz

Online-Einkauf, Bankgeschäfte, Flugbuchungen: Täglich hinterlassen wir Spuren im Netz. Das neue Datenschutzgesetz wird dem nicht gerecht. Die Politik ist vor der Wirtschaft eingeknickt.

Daniela Kuhr

Wenn am 1. September das neue Datenschutzrecht in Kraft tritt, wird das kaum ein Bürger bemerken. Die große Reform, die die Bundesregierung in Aussicht gestellt hatte und mit der sie die Verbraucher vor dem Missbrauch ihrer Daten schützen wollte, ist am Ende zu einem Reförmchen geschrumpft - nicht zuletzt auf Druck der Wirtschaft.

Datenschutz: Datenschutz wird von vielen Bürgern nicht wirklich ernst genommen - aber auch nicht von der Politik.

Datenschutz wird von vielen Bürgern nicht wirklich ernst genommen - aber auch nicht von der Politik.

(Foto: Foto: ddp)

Regt sich irgendjemand darüber auf? Nur ein paar Spezialisten, das Volk nicht. Trotz der vielen Skandale scheint Datenschutz nach wie vor kein Thema zu sein, das die Allgemeinheit nachhaltig beschäftigt. Gewiss, die Vorfälle bei Lidl, Telekom, Bahn oder auch Daimler haben die Öffentlichkeit aufgeschreckt.

In all diesen Unternehmen hatte es massive Verstöße gegen den Datenschutz gegeben. Mal wurden illegal Krankheitsdaten erhoben, mal E-Mails kontrolliert oder Mitarbeiter per Videokamera überwacht. Niemand will am Arbeitsplatz das Gefühl haben, überwacht zu werden. Und deshalb sind sich alle einig: Datenschutz für Arbeitnehmer ist eines der ganz wichtigen Themen, das die nächste Regierung angehen muss.

Bei der Novelle, die jetzt in Kraft tritt, spielt der Schutz der Arbeitnehmer aber nur eine geringe Rolle. Im Mittelpunkt stand der Schutz der Daten von Verbrauchern. Dass auch hier einiges im Argen liegt, hatte sich spätestens gezeigt, als plötzlich Millionen Adressen samt Kontonummern problemlos auf dem Markt zu erwerben waren.

In diesem Fall aber - anders als bei den Skandalen im Arbeitsbereich - legte sich die anfängliche Aufregung sehr schnell wieder. Am Arbeitsplatz kennt man sich, sieht sich und spricht miteinander; deshalb möchte man nicht unsicher sein müssen, was das Gegenüber alles über einen weiß.

Werbepost tut doch niemandem weh

Im täglichen Geschäftsverkehr dagegen geht es eher anonym zu; und deshalb ist die Sorglosigkeit dort größer. Was macht es denn eigentlich, wenn Unternehmen Kundenadressen weiterverkaufen? Was kann schon passieren?Im schlimmsten Fall wird der Briefkasten mit Werbepost zugeschüttet. Na und?

Auch in der großen Koalition haben sich das im Lauf des Gesetzgebungsprozesses immer mehr Politiker gefragt. Werbepost tut doch niemandem weh. Und weil die Wirtschaft drängte und behauptete, auf den Adresshandel angewiesen zu sein, knickten Union und SPD schließlich ein.

Zwar müssen die Werbenden künftig mitteilen, woher sie die Adresse haben, aber der Handel an sich wird nicht unterbunden. Das Versprechen, der Verbraucher werde mit der Reform wieder Herr über seine Daten, wurde nicht gehalten. Und deshalb ist es nur eine Frage der Zeit bis zum nächsten Skandal.

Täglich hinterlassen wir Daten: beim Einkaufen, beim Bahnfahren, beim Geldabheben, beim Buchen einer Reise, beim Telefonieren und beim Surfen im Internet. Es muss nur einer die Spuren zusammensetzen, und schon kann er Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile entwickeln.

Unternehmen, die sich über Auskunfteien solche Profile besorgen, wissen anschließend, welche Kunden sie vorrangig bedienen wollen. Sie wissen, wem sie besser keinen Kredit geben und wen sie besser nicht versichern.

Wenn eine Telefonnummer im Display auftaucht, sagt der Blick in den Computer den Unternehmen sofort, ob der Anrufer zu den "guten" oder den "schlechten" Kunden zählt. Das ist keine düstere Zukunftsvision, sondern wird schon praktiziert, wenn auch nicht immer legal.

Das jetzige Reform streift das Thema nur am Rand. Sie gibt auch keine Antwort auf die vielen datenschutzrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit dem Internet stellen. Wer sich die neuen Vorschriften ansieht, muss den Gesetzgeber für naiv halten.

Natürlich könnte man sagen, diese Änderungen seien besser als nichts. Doch wenn die Politiker jetzt glauben, beim Datenschutz fürs Erste ihre Hausaufgaben erledigt zu haben, war die Novelle fatal.

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