Datenschutz:Durchsuchung online

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Bei konkretem Tatverdacht hat die Polizei Zugriff auf die PCs der Bürger - das soll nun auch das BKA dürfen.

Annette Ramelsberger

Den meisten Computernutzern ist es nicht klar: Aber wenn sie im Internet surfen, können Verfassungsschützer oder Polizei online bei ihnen zu Hause auf die Festplatte zugreifen und nachschauen, ob sie strafbare Inhalte dort lagern - zum Beispiel Kinderpornographie oder auch Anleitungen zum Bombenbau.

Sichtbar: E-Mails, besuchte Webseiten, angelegte Dateien

Natürlich nur, wenn es einen konkreten Tatverdacht gibt und nachdem ein Richter zugestimmt hat. Aber haben sich die Behörden erst einmal eingehackt, ist für sie eigentlich alles sichtbar: Die E-Mails, die man bekommen, die Internetseiten, die man angesehen und auch die Dateien, die man angelegt hat. Da muss kein Fahnder mehr einen Computer beschlagnahmen, die Durchsuchung funktioniert online und quasi ferngesteuert.

Nun soll auch das Bundeskriminalamt (BKA) in großem Maß dürfen, was die Kollegen in den Ländern längst tun. Im Programm für die Stärkung der inneren Sicherheit, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, erklärt das Innenministerium, ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Terror sei die Fähigkeit, PCs durchsuchen zu können, ohne tatsächlich am Standort des Gerätes zu sein. Das sei ,,personell und technisch äußerst aufwendig''. Für einen regulären Einsatz brauche man ,,erhebliche Ressourcen''.

Offenbar habe das Innenministerium ein ,,flächendeckendes PC-Screening vor'', moniert der FDP-Haushaltsexperte Jürgen Koppelin. Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. Er befürchtet, dass die Fahnder demnächst regelmäßig Chat-Verbindungen zurückverfolgen und ganze Computernetze mit Dutzenden Teilnehmern überwachen könnten.

Die Polizeien der Länder betreiben diese Art der Fahndung schon lange: Sie schleichen sich zum Beispiel in Internetforen ein, wo Kinderpornohändler miteinander kommunizieren oder legen im Internet Köder aus für Täter, die der Organisierten Kriminalität zuzurechnen sind. Auch der Bundesverfassungsschutz ist bei der Internetrecherche eifrig zugange. Die Experten nennen das ,,Offensive Nutzung Internet'', abgekürzt ONI. Allerdings ist die Online-Durchsuchung nur bei schweren Straftaten wie Landesverrat oder Terrorverdacht erlaubt.

"Staatlich organisierter Hausfriedensbruch"

Nordrhein-Westfalen will als erstes Land die Grauzone durch ein Gesetz ausleuchten: An diesem Donnerstag soll es verabschiedet werden und am 1. Januar in Kraft treten. Es sieht vor, dass der Landes-Verfassungsschutz über das Internet auch auf private Computer zugreifen kann. Die Pointe dabei: Was die FDP im Bund kritisiert, schreibt ihr FDP-Innenminister in Düsseldorf gerade fest. ,,Als verantwortlicher Innenminister möchte ich wissen, welche Extremisten sich Anleitungen zum Bombenbauen aus dem Internet ziehen'', sagt Ingo Wolf.

Für die SPD in Düsseldorf ist das trotzdem ,,staatlich organisierter Hausfriedensbruch". Unfug, sagt der Düsseldorfer Verfassungsschutzchef Hartwig Möller, der selbst der SPD angehört. ,,Wir schauen den Bürgern doch nicht flächendeckend beim Surfen über die Schulter. Es geht darum, dass wir erkennen können, was jemand plant, ob jemand sich geistlichen Rat im Internet holt, der ihm Anschläge erlaubt. Wenn wir so etwas mitkriegen, dann können wir auch früher eingreifen.'' Der Verfassungsschutz brauche für die Online-Durchsuchung konkrete Hinweise auf eine schwere Straftat, und dann müsse die G-10-Kommission zustimmen, die derartige Eingriffe überwacht.

Seit November fühlen sich die Fahnder dennoch auf dünnem Eis: Da hat ein Richter am Bundesgerichtshof eine Online-Durchsuchung abgelehnt. Ihm reichte die Rechtsgrundlage nicht.

© SZ vom 7.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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