Süddeutsche Zeitung

Behörden reagieren auf Datenmissbrauch:Ermittlungen gegen Facebook

  • Die britische Beratungsfirma Cambridge Analytica soll ohne Erlaubnis die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern angezapft haben, um zielgenau Werbebotschaften für politische Kampagnen zu platzieren.
  • Nun ermittelt die britische Datenschutzbehörde gegen Facebook. Sie will prüfen, ob der US-Konzern rechtzeitig über das Datenleck informierte.
  • Auch die US-Handelsbehörde FTC prüft, ob Facebook Datenschutzverletzungen begangen hat.

Von Björn Finke, London

Die britische Datenschutzbehörde hat Ermittlungen gegen den US-Internetkonzern Facebook aufgenommen. Behördenleiterin Elizabeth Denham sagte, es werde geprüft, ob das weltweit größte soziale Netzwerk rechtzeitig über das Datenleck informiert habe, das am Wochenende bekannt geworden war. Dabei soll die britische Beratungsfirma Cambridge Analytica ohne Erlaubnis die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern angezapft haben, um mit Hilfe der Informationen zielgenau Werbebotschaften für politische Kampagnen zu platzieren.

Zudem habe sie einen Durchsuchungsbeschluss beantragt, um die Computer von Cambridge Analytica auszuwerten, sagte Denham am Dienstag. Ein US-Senator forderte Facebook-Chef Mark Zuckerberg auf, vor dem Kongress zu erscheinen. Zudem leitete die US-Handelsbehörde FTC Ermittlungen gegen Facebook ein. Auch der Vorsitzende des Kulturausschusses im britischen Parlament, Damian Collins, verlangt, dass der Milliardär oder ein anderer Manager des Konzerns seinem Gremium Rede und Antwort steht. Alexander Nix, den Chef von Cambridge Analytica, will der Konservative ebenfalls vorladen; er wirft ihm vor, den Ausschuss bei einer früheren Anhörung belogen zu haben.

Der Börsenkurs der Facebook-Aktie sank nach Bekanntwerden der Vorwürfe am Montag um sieben Prozent, weil Investoren nun eine härtere Regulierung des Konzerns befürchten.

Unangenehm für Facebook sind zudem Berichte über den Abgang des für Datensicherheit zuständigen Managers Alex Stamos. Facebook stand schon vor dem Datenskandal in der Kritik, weil der russische Staat mit Botschaften und Falschmeldungen auf der Plattform offenbar versucht hat, die US-Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen. Der New York Times zufolge setzte sich Stamos erfolglos für mehr Offenheit bei internen Untersuchungen ein. Im Dezember wurde ihm die Zuständigkeit für den Bereich entzogen, im Sommer verlässt er den Konzern.

Die umstrittene Beratungsgesellschaft Cambridge Analytica hat für die Wahlkampagne von US-Präsident Donald Trump gearbeitet und soll auch dem Brexit-Lager vor dem Referendum zu Diensten gewesen sein. Letzteres bestritt Firmenchef Nix aber im Parlament. Das Unternehmen verspricht, dank der Auswertung großer Datenmengen Persönlichkeitszüge von Verbrauchern oder Wählern gut vorhersagen zu können. Den Bürgern werden dann individuell angepasste Werbebotschaften geschickt. Um ihre Modelle zu verbessern, soll die Firma unter anderem illegal beschaffte Daten von bis zu 50 Millionen Facebook-Nutzern genutzt haben. Als die Vorwürfe publik wurden, sperrte Facebook den Zugang des Unternehmens.

Die Politikberater bestreiten Fehlverhalten und betonen, dass solche Daten nicht bei der Arbeit für Wahlkampagnen genutzt worden seien. Allerdings bringt ein Beitrag im britischen Fernsehen Cambridge Analytica weiter in Erklärungsnot. Ein Reporter hatte sich als Kunde ausgegeben und Unternehmenschef Alexander Nix gefragt, wie die Beratungsfirma Wahlen in Sri Lanka beeinflussen könnte. Nix schlug vor versteckter Kamera vor, Kandidaten zu denunzieren.

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SZ vom 21.03.2018/ankl
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