Süddeutsche Zeitung

Datenbank für gestohlene Mobiltelefone:Kampf den Handy-Dieben

Persönliche Kontakte, Nachrichten, Terminkalender und Fotos: Ist das Handy weg, sind auch eine Menge privater Daten verloren. In den USA sollen geklaute Geräte nun in einer Datenbank erfasst - und damit unbrauchbar gemacht werden. Ein Modell für Deutschland?

Helmut Martin-Jung

Man möchte das alles keineswegs in fremden Händen wissen: All die E-Mails, Adressbücher und Terminkalender, Videos und Fotos - kurzum: All die höchst privaten Daten, die inzwischen in einem Handy stecken. Doch die geraten inzwischen ziemlich oft in fremde Hände: Statistisch gesehen verliert jeder deutsche Handybesitzer etwa alle drei Jahre sein Mobiltelefon, besonders häufig kommen die Geräte in Hotels, Kneipen und Discos weg.

In den USA schnellt der Diebstahl von Handys mittlerweile so schnell empor wie kaum eine andere Form der Kriminalität - der Wert gestohlener Mobiltelefone übersteigt bereits den von geraubtem Bargeld. Eine gemeinsame Initiative der vier größten amerikanischen Netzanbieter soll dies nun eindämmen.

Wie das Wall Street Journal berichtet, haben sich Verizon, AT&T, Sprint und Deutsche Telekom zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Datenbank gestohlener Handys aufzubauen. Die Konzerne handeln auf Druck der sogenannten Major Cities Chiefs Association, einem Zusammenschluss der Polizeichefs 70 großer Städte in den USA und in Kanada. Diese haben nun eine Resolution verabschiedet: Sie fordern die Mobilfunkanbieter auf, gestohlenen Handys den Zugang zu ihren Netzen zu verwehren.

Technisch möglich ist dies zumindest theoretisch durch die International Mobile Equipment Identity (Imei). Dies ist eine Nummer, die jedes Mobiltelefon eindeutig identifizieren soll. Sie findet sich oftmals auf einem Aufkleber im Batteriefach. Bei den meisten Geräten lässt sie sich zudem auf dem Bildschirm anzeigen, wenn man die Tastenkombination *#06# eingibt. Technisch versierte Diebe können diese Identifikationsnummer mit geeigneter Software allerdings manipulieren.

Nicht alle Anbieter machen mit

Auch wenn es also eine gemeinsame Datenbank gäbe, wäre damit noch lange nicht sichergestellt, dass allen Handys tatsächlich der Zugang ins Netz verwehrt würde. Smartphones lassen sich immerhin noch zum Surfen über Wlan-Verbindungen und zu Spielen nutzen, dazu muss nicht einmal eine SIM-Karte eingelegt sein.

Eine Datenbank, die für die USA und Kanada gilt, würde außerdem nicht verhindern, dass die Geräte außer Landes gebracht und dort verkauft werden. Erfahrungen aus Großbritannien, wo es eine solche Datenbank schon gibt, haben aber immerhin gezeigt, dass der Diebstahl von Handys zumindest eingedämmt werden kann. Lassen die rechtmäßigen Besitzer die Geräte sperren, können sie zumindest auf der britischen Insel nicht mehr zum Telefonieren verwendet werden.

In Deutschland gibt es zwar eine Liste als gestohlen gemeldeter Handys. Aber nicht alle Anbieter machen dabei mit. Eine Sperre, so heißt es etwa bei O2, wäre "nur dann sinnvoll, wenn sie weltweit funktionieren würde." Zudem könne die Imei-Nummer auch manipuliert werden. Ähnlich sieht das die Deutsche Telekom: Anders als beim US-Ableger hat man in Deutschland nicht vor, eine solche Sperre anzubieten.

Die Nutzer können mittlerweile aber auch selbst einiges tun. Viele Gerätehersteller haben das Problem erkannt und bieten Dienste an, die helfen sollen, zumindest verlorene Handys oder Tablets wiederzufinden. Apples iPhone etwa kann man nicht bloß orten lassen und sich den ungefähren Standort dann auf einer Karte anzeigen lassen. Es ist auch möglich, nachträglich einen vierstelligen Code zu setzen, ohne den sich das Gerät nicht mehr benutzen lässt.

Datenverschlüsselung hilft

Oder aber man löscht per Fernbefehl alle Nutzerdaten. Dazu muss man sich nur auf einem anderen Apple-Gerät oder einem Computer mit seiner Apple-Kennung anmelden. Andere Handyhersteller bieten ähnliche Lösungen an: HTC mit Sense oder Samsung mit uTrack. Es gibt aber auch eine Reihe von kostenlosen Apps, die dabei helfen, wenigstens die Daten in Sicherheit zu bringen. Und einige können sogar mit der Handykamera ein Foto schießen und es per E-Mail an den rechtmäßigen Besitzer schicken, der dann mit etwas Glück der Polizei gleich ein Fahndungsfoto zur Verfügung stellen kann.

In Unternehmen haben sich Lösungen etabliert, die eine höhere Sicherheit versprechen. So speichern einige Anbieter auf den mobilen Geräten gar keine Daten mehr, sondern rufen diese bei Bedarf über den mobilen Internet-Zugang ab. Andere verschlüsseln sämtliche Daten auf dem Gerät, so dass ein Dieb damit gar nichts anfangen kann. Alle diese Schutzmechanismen greifen nur, wenn sich auch die Nutzer an bestimmte Regeln halten: Die Passwörter etwa sollte man ebenso gut hüten wie die PIN für die Bankkarte.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1329158
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.04.2012/joku
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.