Süddeutsche Zeitung

Darknet-Plattform Wallstreet Market:Deutsche Darknet-Händler werden angeklagt

Im April 2019 nahm die Polizei drei Deutsche fest, die im Darknet Drogenhandel in großem Stil organisierten. Jetzt wurde Anklage erhoben.

Von Max Muth

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beim Landgericht Frankfurt am Main Anklage gegen drei Männer erhoben, die gemeinsam das Darknet-Portal Wallstreet Market betrieben haben sollen. Auf dem Online-Marktplatz, der nur über einen speziellen Browser erreichbar war, wurden Drogen, ausgespähte Daten, gefälschte Dokumente und Schadsoftware gehandelt. Laut den Ermittlern war der Marktplatz zum Zeitpunkt des Zugriffs im April 2019 einer der größten weltweiten Märkte für illegale Güter.

Angeklagt werden ein 23-Jähriger aus Kleve, ein 30-Jähriger aus dem Landkreis Esslingen und ein 33-Jähriger aus Bad Vilbel. Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) wirft ihnen bandenmäßigen unerlaubten Handel mit Betaübungsmitteln in nicht geringer Menge vor, zwei der Angeklagten müssen sich auch noch wegen Untreue verantworten. Der 33-Jährige hatte sich offenbar im März aus dem Geschäft zurückgezogen, die anderen beiden leiteten ab April das gesamte Geld, das auf ihrer Plattform für Waren überwiesen wurde, in ihre eigenen Taschen um. Offenbar hatten sie vor, den Markt zu schließen und mit dem Geld der Händler - rund acht Millionen Euro in Bitcoins - zu verschwinden. Dieses Vorgehen ist bei Darknet-Betreibern so gängig, dass sich sogar ein eigener Name dafür etabliert hat: "Exit-Scam".

Bitcoins und VPN schützen nicht so gut wie angenommen

Die Ermittler waren den Angeklagten zu diesem Zeitpunkt schon auf den Fersen. Verraten haben sie sich letztlich durch Unachtsamkeiten. So ging einer der Angeklagten offenbar fälschlicherweise davon aus, dass Transaktionen mit Bitcoins aus den Drogengeschäften nicht nachverfolgbar wären und kaufte damit bei einer Gaming-Plattform ein. Für den Kauf hinterlegte er seine E-Mail-Adresse. Den anderen beiden Betreibern kam die Polizei über unzureichend gesicherte VPN-Verbindungen auf die Spur.

Bei seinen Ermittlungen bekam das Bundeskriminalamt (BKA) Hilfe von Kollegen des amerikanischen FBI sowie einer niederländischen Spezialeinheit gegen Darknet-Kriminalität. Diese war es auch, die einen entscheidenden Tipp lieferte. Sie spürten die Server der Darknet-Plattform in den Niederlanden auf. Durch die Überwachung der Administratoren dieser Server gelang es schließlich, die deutschen Betreiber ausfindig zu machen.

Auf Wallstreet Market waren zuletzt mehr als eine Million Kunden und mehr als 6000 Verkäufer angemeldet. Insgesamt sollen auf der Plattform 75 Kilo Kokain, mehr als zwei Tonnen Marihuana und Haschisch und mehr als 460 000 Tabletten Ecstasy verkauft worden sein. Von den 36 Millionen Euro, die dafür gezahlt wurden, sollen sich die Angeklagten Provisionen in Höhe von zwei bis 5,5 Prozent ausgezahlt haben.

Ein Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

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