3-D-Technik:Berauscht durch Avatar

Ob Fernseher, Kameras oder Notebooks: Teile der Branche rüsten ihre Geräte derzeit auf 3-D um. Doch nicht alle sind davon überzeugt, dass die dritte Dimension außerhalb des Kinos ihre Wirkung entfaltet.

Wolfgang Luef

Die blauhäutigen Außerirdischen aus Pandora sind zum Symbol geworden. Doch die zwei Meter großen Wesen, Hauptdarsteller des Films Avatar, stehen nicht wie im Film für Freiheit, Widerstand und Naturverbundenheit.

Nein, für viele symbolisieren sie etwas ganz anderes: den durchschlagenden Erfolg einer nicht mehr ganz neuen Technologie: die Renaissance der 3-D-Effekte. Wer im Jahr 2010 über das Potential der 3-D-Technologie für alle möglichen Branchen spricht, der führt zwangsläufig den Namen Avatar im Mund - den Blockbuster von James Cameron.

Auf der IT-Messe Cebit wird dem Trend mit einem gemeinsamen Stand unterschiedlicher Unternehmen gehuldigt. Sony hat bereits eine 3-D-fähige Playstation angekündigt, viele PC-Spiele lassen sich schon heute mit passender Grafikkarte und Brille dreidimensional darstellen.

Die 3-D-Technologie hat der Kinobranche ein Rekordjahr beschert. Nun versuchen viele Branchen, auf diesen Zug aufzuspringen. Die großen Hersteller von TV-Geräten präsentieren 3-D-fähige Flachbildschirme samt Brillen, 3-D-Beamer fürs Heimkino sind bereits am Markt, erste Fernsehsender beginnen mit der Übertragung dreidimensionaler Inhalte, und auch die Top-Spiele der Fußball-WM sollen mit 3-D-Kameras gefilmt werden.

Analysten sind skeptisch

"Wer das einmal probiert hat, der möchte nie wieder zweidimensional spielen", sagt Jens Neuschäfer, Produkt-PR-Manager für Zentraleuropa bei Nvidia. Auf der Cebit zeigt der Hersteller von Grafikprozessoren eine Kombination aus Grafikkarte und einer sogenannten Shutter-Brille: Die Karte rechnet die Bilder eines Computerspiels in 3-D-Bilder um, die akkubetriebene Shutter-Brille sorgt für den 3-D-Effekt - ein leistungsfähiges Display vorausgesetzt.

70.000 Stück hat Nvidia in den vergangenen Monaten in Europa verkauft. Und wenn eines Tages Blockbuster wie Avatar in 3-D auf Blu-Ray erscheinen, werden sie mithilfe der Shutter-Technologie auch am PC abspielbar sein.

Analysten wie Steve Prentice von Gartner, einem auf IT-Themen spezialisierten Marktforschungsinstitut, sind jedoch skeptisch, ob die Rechnung der Branche aufgeht. Gerade Neuerscheinungen von 3-D-Filmen würden im kommenden Jahr vor allem eines aufzeigen: Dass die Technologie außerhalb der Kinos mit dem Erlebnis im großen Saal nicht mithalten kann. "Wir sind da eher pessimistisch", sagt Prentice. Die Großen in der Branche würden derzeit tatkräftig versuchen, 3-D als das neue Ding darzustellen, während viele Konsumenten noch nicht einmal auf HDTV umgestiegen seien.

Im Video: Für den Oscar Bester Film sind zehn Filme nominiert, darunter "Avatar" und "The Hurt Locker".

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Warum unter den Herstellern ein Wettrennen ausbricht

Bei den Herstellern ist dennoch ein regelrechter Wettstreit ausgebrochen, wer zuerst mit der 3-D-Technologie am Verbrauchermarkt ist. Nach Asus hat nun auch Acer ein Notebook entwickelt, das mit 3-D-fähiger Grafikkarte und Display daherkommt.

Fujifilm wiederum hat vor einigen Monaten die erste Kompaktkamera vorgestellt, die dreidimensionale Bilder schießt - sie hat zwei nebeneinander liegende Objektive. In Deutschland kostet das Gerät 499 Euro, und Markus Nierhaus, PR-Manager von Fujifilm Electronic Imaging Europe sagt, man sei mit dem Absatz "sehr zufrieden". Mit speziellen Foto-Folien ist ein 3-D-Druck möglich. Fujifilm bietet außerdem einen digitalen Bilderrahmen, mit dem die Fotos ohne Brille dreidimensional erscheinen.

Derzeit fällt das freilich noch in die Kategorie Spielerei. Nierhaus ist aber überzeugt, dass sich die Technologie durchsetzt. "Es würde mich wundern, wenn nicht Konkurrenten in diesem Jahr ebenfalls 3-D-Kameras vorstellen." Er sieht in der 3-D-Technik "durchaus das gleiche Revolutionspotential" wie in der Digitalfotografie gegenüber den analogen Bildern.

Über die Experimentierphase nicht hinausgekommen

Die Branche sei noch nicht über die Experimentierphase hinausgekommen, meint hingegen Gartner-Analyst Prentice. "Und das wird auch in den nächsten fünf Jahren so bleiben - obwohl die Spiele-Industrie in dieser Zeit bestimmt große Erfolge hat." Für alle anderen Branchen fehle noch eine universelle, benutzerfreundliche Output-Möglichkeit.

Völlig offen bleibt auch die Frage, ob sich 3-D im Business-Bereich sinnvoll einsetzen lässt. Die Organisatoren der Cebit schwärmen bereits von Möglichkeiten etwa für Architekten oder in der Bauindustrie.

Technische Zeichnungen könnten dreidimensional dargestellt werden, auch Grafiken oder Tabellen könnten mit 3-D-Brille virtuell durchflogen werden. Prentice sieht auch hier ähnliche Probleme wie beim Markt für den Endverbraucher: Der 3-D-Input sei einfach, der richtige Output noch ungeklärt.

Beeindruckende Hologramme zur Datenverarbeitung oder Verwaltung, wie man sie aus Filmen kenne, ließe die Realität noch nicht zu. "Da herrscht eine große Diskrepanz zwischen Hollywood und der Wirklichkeit." Und das werde sich so schnell auch nicht ändern.

Lesen Sie hierzu Berichte in der Süddeutschen Zeitung.

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