Süddeutsche Zeitung

Copyright-Debatte:SPD und Piraten positionieren sich im Urheberrechtsstreit

Viele Thesen und ein paar Gemeinsamkeiten: Mit eigenen Positionspapieren konkretisieren SPD und Piratenpartei ihre Haltungen in Sachen Urheberrecht. Die Sozialdemokraten lehnen eine Kulturflatrate ab, die Piraten halten sich in dieser Frage noch bedeckt.

Nach dem öffentlichen Schlagabtausch zwischen Netzaktivisten und Künstlern treiben die Parteien nun mit Nachdruck eine Überarbeitung des Urheberrechts voran. Am Montag legten dafür sowohl SPD als auch die Piratenpartei in Berlin eigene Forderungskataloge vor.

Konkret in der Diskussion steht damit unter anderem die Teillegalisierung sogenannter Tauschbörsen im Netz. Sowohl andere Parteien als auch die Industrie begrüßte, dass die Diskussion damit Fahrt aufnimmt.

Der IT-Branchenverband Bitkom äußerte sich zwar auf Anfrage nicht zu den einzelnen Punkten. Grundsätzlich begrüßte er jedoch, dass damit "die Urheberrechtsdebatte auf die neuralgischen Punkte" fokussiert seien: "Das erleichtert eine öffentliche Diskussion."

Auch Malte Spitz aus dem Bundesvorstand der Grünen sagte auf dapd-Anfrage, "es stärkt und beruhigt die Debatte um die Reform und Modernisierung des Urheberrechts, wenn konkretere Vorschläge auf den Tisch kommen".

Kampf gegen Abmahnungen von Privatnutzern

Die "zehn wichtigsten Punkte einer Urheberrechtsreform" der Piraten sehen etwa vor, Tauschbörsen zu "entkriminalisieren". Ihr Forderungskatalog umfasst dafür die Idee, den "privaten, direkten, nichtkommerziellen" Austausch von Musik und Filmen auf den umstrittenen Tauschbörsen zu legalisieren. Darüber hinaus wollen die Piraten erreichen, dass private Nutzer nicht mit hohen Forderungen abgemahnt werden können.

In dem zwölf Punkte umfassenden Thesenpapier des Arbeitskreises "Urheberrecht" der SPD-Bundestagsfraktion beklagten auch die Sozialdemokraten die hohen Kosten für Abmahn-Anwälte. Zum Umgang mit Tauschbörsen äußert sich die SPD allerdings nicht konkret. Die Piraten bleiben hier mit einem konkreten Vorschlag zunächst allein. Erleichterungen für Schulen und Unis

Annäherungen finden beide Parteien in ihren unabhängig voneinander präsentierten Papieren jedoch in einem anderen Punkt: Beide wollen, dass Bildungsstätten gekaufte Bücher und Fachzeitschriften ihren Schülern Studenten etwa als gescannte Dokumente zur Verfügung stellen können. Die SPD fordert dafür ein Zweitverwertungsrecht, die Piraten sogar eine Nutzung "frei von weiteren Urheberrechtsabgaben".

Bekannte Autoren und Künstler hatten sich jüngst in einem Aufruf gegen eine Aufweichung des Urheberrechts gewandt. "Die neuen Realitäten der Digitalisierung und des Internets sind kein Grund, den profanen Diebstahl geistigen Eigentums zu rechtfertigen oder gar seine Legalisierung zu fordern", schrieben sie in ihrem Aufruf, den inzwischen mehr als 6.000 Kulturschaffende unterzeichnet haben. "Faire und angemessene Vergütung"

Die Piraten entgegneten der Kritik am Montag mit ihren "wichtigsten Punkten". Darin heißt es auch, dass Urheber unbedingt auch künftig noch etwas verdienen sollen. "Wir wollen weiterhin eine faire und angemessene Vergütung für Urheber gewährleisten", heißt es. Daniel Neumann, der das Urheberrechtsprogramm mit entwarf, sagte zudem: "Wir nehmen die Sorgen und Befürchtungen der Urheber sehr ernst."

Dafür initiierten die Piraten nicht zuletzt eine vertiefte Debatte. Sie riefen "alle Kulturschaffenden, Rechteinhaber und Nutzer" zu einem "produktiven Dialog" auf: Auf piratenpartei.de kann bis Sonntag jeder in frei zugängliche Foren, sogenannten Piratenpads, mitdiskutieren - aufgeteilt zu Einzelthemen, etwa zur Gema.

SPD gegen "Zwangsabgabe"

Einer der strittigsten Punkte bleibt dabei die Frage, ob eine Kulturflatrate für die private Nutzung von Musik und Filmen im Netz eingeführt werden soll. Die SPD lehnte eine generelle "Zwangsabgabe" ab. Die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries warnte bei der Vorstellung des Thesenpapieres: "Die Menschen könnten sich das nicht leisten." Den Piraten wiederum fehlt dazu weiter eine Position.

Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) pflichtete der SPD bei. Eine pauschalierte Abgabe, aufgeschlagen etwa auf die Internetkosten, sei "untauglich", um die private Weitergabe von Musik zu finanzieren. Der BVMI warnte zugleich vor einer Aufweichung des Urheberrechts. Auch in den SPD-Thesen kämen "vielfach Tendenzen zum Ausdruck, die Durchsetzung von Urheberrechten nicht konsequent zu gewährleisten".

Experten kritisieren Warnmodell

In einer Sitzung des Unterausschuss Neue Medien im Bundestag diskutierten Experten und Politiker am Montag ebenfalls über das Urheberrecht. Hier stieß ein mögliches Warnmodell, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erarbeitet wurde, eher auf Ablehnung. Das Modell verlangt von Internet-Providern, bei Urheberrechtsverletzungen Anschlussinhabern eine Warnung zukommen zu lassen. Folgt auf die zweite Warnung ein weiteres Vergehen, können rechtliche Konsequenzen folgen.

Ein Vertreter des Internetwirtschaftsverbands Eco erklärte, es sei nicht die Aufgabe der Provider, als Hilfssheriffs zu fungieren. Frank Rieger vom Chaos Computer Club warnte, dass die Fehlerquote bei der Ermittlung der Anschlussinhaber über IP-Adressen zu hoch sei.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1363362
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dapd/joku/cag
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.