Süddeutsche Zeitung

Consumer Electronics Show 2012:Im Schlaraffenland der Gadgets

Bei der Consumer Electronics Show in Las Vegas stellen Technikfirmen ihre Neuheiten vor. Die Trends 2012 sind vor allem Ultrabooks, flache Riesenfernseher und Systemkameras.

Helmut Martin-Jung

"Hallo, kannst du bitte für mich bis morgen herausfinden, was die wichtigsten Elektronik-Trends des Jahres 2012 sind?" - es mag der Tag kommen, an dem Apples digitale Assistentin Siri oder ein anderes System diese Frage tatsächlich versteht und mehr leistet, als nur eine Abfrage bei Google zu starten. Im Moment ist es noch lange nicht so weit, aber das Thema dennoch en vogue - und das nicht erst seit Apples iPhone 4s.

Auch Konkurrent Google arbeitet an einem System namens Majel, das mehr können soll als die bisher verfügbare Spracherkennung. Pioniere wie Nuance kooperieren seit geraumer Zeit schon mit Autoherstellern, die sehr stark auf diese Technik setzen, um internetbasierte Dienste möglichst gefahrlos ins Auto zu bringen.

Wer sich selbst einen Überblick über den Stand der Dinge verschaffen will, ist auf der Consumer Electronics Show - vom 10. bis 13. Januar in Las Vegas - genau richtig und bekommt darüber hinaus natürlich auch die Eingangsfrage beantwortet.

Tablets - der Megatrend der vergangenen CES - werden auch diesmal eine Rolle spielen, allerdings eine viel kleinere. Und sie haben mächtige Konkurrenz erhalten. Nein, noch nicht von Apple, obwohl es nicht mehr allzu lang dauern dürfte, bis die Kalifornier die dritte Version ihres iPads vorstellen werden. Es ist ein anderes Dickschiff der Branche, Intel, das mit dem Erfolg des iPad seine Felle davonschwimmen sieht und deshalb versucht, den Käufern Produkte schmackhaft zu machen, die das beste aus beiden Welten - PC und Tablet - vereinen sollen.

Die sogenannten Ultrabooks sind sehr flache Laptops, deren jüngste Prozessorgeneration von Intel so wenig Energie verbraucht, dass sie in den Flundern nicht durchbrennt, aber trotzdem genug Rechenpower hat. Einige dieser Rechner sind schon auf dem Markt, auf der CES werden zwischen 30 und 50 neue Bewerber in den Ring steigen.

Ihnen allen ist gemein, dass Intel den Herstellern sehr rigide Vorschriften macht. So müssen die Rechner zum Beispiel binnen Sekunden aus dem Tiefschlaf erwachen können. Der Nutzer bleibt durch einen Betriebsmodus namens Connected Standby dennoch auf dem Laufenden, weil das Gerät durch kurze impulsartige Anfragen bei Facebook oder dem E-Mail-Postfach diese Informationen besorgt, ohne dabei großen Energiehunger zu entwickeln. Gleichzeitig arbeitet man bei Intel aber auch daran, Prozessoren für Handys und Tablets zu entwickeln.

Aber auch die Innenausstatter der Tablets und Handys legen gewaltig nach. Die neue Gerätegeneration wird bereits Rechnerherzen mit vier Kernen enthalten, die dennoch nur mäßig am Akku saugen.

Einen Run wie im vergangenen Jahr, als rund hundert Tablet-Prototypen zu sehen waren, wird es aber in diesem Jahr nicht mehr geben. Wegen der starken Konkurrenz und mangels eigener Identität schafften es nur wenige Geräte in die Verkaufsregale - und viele erwiesen sich auch dann noch als Ladenhüter. Dies vielleicht auch deshalb, weil manche Interessenten sich am Ende doch für ein digitales Lesegerät mit einem Schwarzweiß-Bildschirm entschieden haben.

Dass mobile Geräte mehr Bedeutung erlangen, steht dennoch außer Zweifel. Nicht nur, weil Apple weiterhin Millionen iPhones und iPads verkauft, sondern auch, weil es ständig mehr online verfügbare Angebote gibt, die viele sehr gerne nutzen. Das fängt bei sozialen Netzwerken wie Facebook an, geht über Navigations- und Carsharingdienste bis hin zu Online-Datenspeichern, auf denen man zum Beispiel seine ganze digitale Musiksammlung ablegen und mit jedem geeigneten Gerät an jedem Ort mit Internetanschluss wieder abrufen kann.

Dazu gehören auch Angebote wie das Bezahlen mit dem Handy, das aber über zarte Anfänge etwa durch Google noch nicht recht hinausgekommen ist. Die neue leistungsfähige Funktechnik Long Term Evolution (LTE) befindet sich derzeit im Aufbau, sie dürfte die mobile Nutzung von Internetdiensten noch steigern.

Das Internet beeinflusst auch einen Bereich, der noch vor wenigen Jahren kaum etwas damit zu tun hatte: das Fernsehen. Kein hochwertiges Gerät wird heute ohne Internetanschluss ausgeliefert. Da man die Geräte aber anders nutzt als einen PC, setzen die meisten Anbieter auf Miniprogramme, Apps, die den Zugang zu Diensten wie etwa dem Videoportal YouTube erleichtern. In der Branche hat sich dafür der Begriff Smart-TV durchgesetzt.

Doch nicht nur in der Software gibt es Veränderungen, auch die Hardware steht vor dem nächsten Schritt. Der koreanische Hersteller LG etwa wird einen 55 Zoll großen Fernseher mit einem Bildschirm aus organischen Leuchtdioden zeigen. Die Technik verspricht einiges: flache Bauweise - der LG ist nur vier Millimeter dick -, brillantes Bild und Energieersparnis. Allerdings sind die Geräte noch sehr teuer. Immer wieder kommen auch pfiffige Zusatzboxen auf den Markt, die auch ältere Geräte mit dem Netz verbinden oder sich als Abspielgerät für alle Arten digitaler Medien empfehlen.

Bei den Kameras - mittlerweile auch eine elektronisch dominierte Sparte - setzt sich Qualität mehr und mehr durch. Allmählich wird nämlich den meisten Kunden klar, dass viele Megapixel nur dann etwas taugen, wenn sie nicht auf einen viel zu kleinen Sensor gequetscht werden. Deshalb sind zum einen die sogenannten Systemkameras erfolgreich, die kaum größer als Kompaktknipsen sind, aber wechselbare Objektive bieten und größere Sensoren.

Dem müssen die Hersteller von Spiegelreflexsystemen natürlich auch etwas entgegensetzen. Die neuen Spitzenmodelle werden Auflösungen erreichen, die man bisher nur von Mittelformatkameras kannte. Ob das letztendlich die Qualität steigert oder nur das unselige Pixel-Rennen an anderer Stelle fortsetzt, muss sich erst noch erweisen. Schwieriger wird es dagegen für die Massenware werden, die Kompaktkameras. Denn die derzeit besten Handys können es, was die Bildqualität betrifft, mit ihnen schon aufnehmen - und man hat sie eben immer dabei.

Bei den Spielekonsolen ist derzeit noch vieles Spekulation. Über Microsofts Nachfolger für die Xbox 360 ist wenig Gesichertes bekannt, noch zugeknöpfter gibt sich Sony. Einzig bei Nintendo ist relativ klar, dass schon bald der Nachfolger für die Wii erscheinen wird, die Wii U. Die Konsole wurde schon im vergangenen Juni auf der Spielemesse E 3 vorgestellt. Dass sie aber jetzt auch auf der CES debütiert, ist eher nicht wahrscheinlich.

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Quelle:
SZ vom 09.01.2012/kiha
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