Computerspiele:"Klassischer Sport und E-Sport können voneinander lernen"

Die Games-Branche feiert den Koalitionsvertrag, weil dort erstmals Fördergelder für Spielentwicklung und die Anerkennung des E-Sports versprochen werden. "Höchste Zeit", sagt Branchenverbands-Chef Felix Falk.

Interview von Caspar von Au

Im Koalitionsvertrag widmen CDU, CSU und SPD einige Passagen explizit der Gaming-Branche. Der Bund soll künftig Entwicklung von Computer- und Videospielen fördern und E-Sport als Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkannt werden. Felix Falk ist Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Games-Branche (game), der sich vor zwei Wochen aus den bisherigen Branchenverbänden Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) und GAME zusammengeschlossen hat.

SZ: Herr Falk, seit Jahren kämpfen Sie für eine Games-Förderung auf Bundesebene. Jetzt steht sie im Koalitionsvertrag. Sind Sie zufrieden?

Felix Falk: Das ist ein großer Meilenstein für die Games-Branche. Die Kanzlerin und die Generalsekretäre lösen ein, was sie auf der Gamescom versprochen haben, und senden damit ein wichtiges Signal: Nämlich, dass man an die Potenziale von Computer- und Videospielen erkennt und nutzen will. Das ist auch höchste Zeit.

Inwiefern höchste Zeit?

Wir sind zwar ungefähr auf Platz fünf in der Welt, wenn es um den Konsum von Computerspielen geht. Aber beim Produzieren sind Länder wie Frankreich, England und Kanada viel stärker, weil sie viel früher in die Förderung eingestiegen sind.

Felix Falk

„Klassischer Sport und E-Sport können voneinander lernen“ – Game-Verbandsgeschäftsführer Felix Falk.

(Foto: oh)

Warum braucht die stark wachsende Gaming-Branche überhaupt Fördergelder?

Für einen weltweit erfolgreichen Toptitel braucht man 200 und mehr Entwickler, die mehrere Jahre daran arbeiten. Das ist eine Investition, die Studios in Deutschland derzeit kaum stemmen können. In anderen Ländern ist die Spiele-Entwicklung dank Förderung rund 30 Prozent preiswerter. Dort lohnt sich das sogar für den Staat. In Frankreich kommen zum Beispiel auf einen Förder-Euro 1,80 Euro zusätzliche Steuereinnahmen und acht Euro, die wieder investiert werden. Es braucht Starthilfe, um ein "level playing field" zu schaffen, wie es die Kanzlerin nannte.

Wem würde die Förderung zugutekommen? Den internationalen Verlagen, für die man so den Standort Deutschland attraktiver macht, oder eher den kleinen unabhängigen Entwicklern in Deutschland?

Beiden. Immer mehr junge Spieleentwickler gründen direkt nach dem Studium ein eigenes Studio mit ein, zwei, drei Leuten, aber schaffen es dann nicht, sich nachhaltig zu entwickeln. Wenn die Entwicklerlandschaft hier in Deutschland wächst, werden wir auch zu einem attraktiven Standort für die großen Publisher.

Geht Ihnen der Entwurf denn weit genug?

Wichtig ist jetzt, dass wir die Games-Förderung schnell angehen. Sonst verlieren wir den Anschluss an die internationale Entwicklung.

Die neue Bundesregierung will E-Sport als Sport anerkennen. Warum ist das wichtig?

Den E-Sport gibt es zwar schon länger, aber erst seit zwei Jahren schießt er so richtig durch die Decke. Es ist gut, dass die Politik die Chancen und Potenziale so schnell erkannt hat. Damit haben wir die Chance, dass wir bei diesem weltweit boomenden Phänomen wirklich mitspielen können. Mit Teams im Spitzensport, Turnierveranstaltern aus Deutschland, aber auch mit Perspektiven im Breitensport. Dann könnte es gemeinnützige Vereine geben, in denen auch Nachwuchsarbeit oder soziale Arbeit geleistet werden können.

Braucht der E-Sport überhaupt die Anerkennung einer Generation, die nichts damit anfangen kann?

Den E-Sport gibt es auch ohne die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Er wird weiterhin wirtschaftlich boomen, weiterhin werden Millionen Menschen weltweit E-Sport schauen. Aber die Integration braucht es, weil es schade wäre, wenn sich der E-Sport parallel oder abseits von dem entwickelt, was uns gesellschaftspolitisch wichtig ist. Dazu kommt: Klassischer Sport und E-Sport können voneinander lernen und profitieren.

Bis vor wenigen Wochen gab es noch zwei Branchenverbände, jetzt haben Sie sich unter dem Namen "game" zusammengeschlossen. Wie geht es jetzt für Sie weiter?

Unsere Vision ist es, Deutschland zum führenden Standort der Spielentwicklung zu machen. Zugegeben: Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Schafft die Politik die richtigen Rahmenbedingungen, können wir in den nächsten vier Jahren einen großen Sprung machen.

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