Computerspiel "Evolve":Spieler geben Tausende Euro für Gratisspiele aus

Computerspiel "Evolve": Der "Wraith" ist das kleinste Monster bei "Evolve". Was ihm an Stärke fehlt, macht er mit Hinterlist und Wendigkeit wett.

Der "Wraith" ist das kleinste Monster bei "Evolve". Was ihm an Stärke fehlt, macht er mit Hinterlist und Wendigkeit wett.

(Foto: 2K Games/PR)

Trotzdem ist der Unmut unübersehbar. Das Spiel kommt offenbar zu einem Zeitpunkt des Umdenkens über die etablierten Geschäftsmodelle: Immer mehr Spieler sind frustriert davon, für ein Spiel beim Erscheinen Geld zu bezahlen und dann später noch einmal für Zusatzinhalte zur Kasse gebeten zu werden. Dabei gab es das schon immer. Auch früher brachten die Hersteller Spielerweiterungen auf den Markt, und inflationsbereinigt waren Spiele in der Vergangenheit eher teurer als billiger.

Aber mittlerweile hat dieses Verkaufsmodell vom sogenannten "Free to Play", kurz, F2P, Konkurrenz bekommen. Es hat vor zwei Jahren auch "The Secret World" zu Fall gebracht: Das Spiel kostete zu Beginn noch einen monatlichen Abonnementsbetrag, wie es seit "World of Warcraft" für Online-Rollenspiele durchaus üblich ist. Ein neues Spiel, das diesem Modell folgt, hatte es aber offenbar besonders schwer, von den Spielern akzeptiert zu werden.

F2P-Spiele hingegen locken mit einem kostenlosen Basiszugang zu weiten Teilen des Spiels. In "League of Legends", dem derzeit populärsten Computerspiel der Welt, ist immer nur ein kleiner Teil der 123 verfügbaren Spielfiguren gratis nutzbar, die Auswahl wechselt regelmäßig. Wer sich dauerhaft eine oder mehrere Figuren sichern will, muss dafür entweder sehr viel Zeit im Spiel verbringen, oder Geld bezahlen.

Beim direkten Konkurrenten "Dota 2" sind sogar alle Figuren gratis, die Spieler bezahlen lediglich dafür, um an Turnieren teilzunehmen oder wenn sie ihre Helden mit besonderen Waffen oder Rüstungen ausstatten wollen. Für viele Spieler ist das günstiger. Manche versenken auf diesem Weg aber auch Tausende Euro in ein einziges Spiel. 2014 hat die Branche mit dem angeblichen Gratis-Geschäftsmodell "Free to Play" fast acht Milliarden Dollar umgesetzt.

Unfairer Vergleich

Viele Spieler, die jetzt in Foren zum Boykott von "Evolve" aufrufen, wünschen sich ein solches Modell. Und auf den ersten Blick scheint der Multiplayer-Shooter ja auch vergleichbar: Immerhin wollen auch Turtle Rock und 2K Games daran verdienen, zusätzliche Spielfiguren zu verkaufen. Dann soll aber bitteschön, so die Kernforderung, das Grundspiel kostenlos oder wenigstens deutlich günstiger sein.

Ganz fair ist dieser Vergleich aber nicht: Die Entwicklung einer Figur für "Evolve" dürfte wesentlich aufwendiger sein - eben weil das Spielprinzip asymmetrisch ist. Das macht es für die Programmierer besonders schwer, neue Figuren so einzubauen, dass sie nicht das empfindliche Spielgleichgewicht in Gefahr bringen und sich trotzdem ausreichend von den bestehenden Jägern oder Monstern unterscheiden. Auch die grafische Gestaltung der Figuren spielt in den düsteren Dschungeln oder kargen Eislandschaften von "Evolve" eine entscheidende Rolle, weshalb die Möglichkeiten für bunte Rüstungen oder andere kosmetische Spielinhalte begrenzt sind.

Wie groß aber die Zahl derer wirklich ist, die aufgrund ihres Ärgers über die vielen Spielversionen auf den Kauf verzichten, ist aus der Aufregung in den Foren kaum abzulesen. Für die kreative Entwicklung der gesamten Branche wäre es in jedem Fall wünschenswert, wenn nicht ausgerechnet der wahrscheinlich interessanteste Egoshooter der vergangenen Jahre dem wachsenden Unmut über eine gängige Verkaufsstrategie zum Opfer fällt. Turtle-Rock-Mitgründer Phil Robb gibt sich gelassen: "Dagegen braucht man ein dickes Fell", sagt er im Gespräch mit Süddeutsche.de. "Selbst in den schlimmsten Schimpftiraden steckt immer etwas Nützliches - wenn man mal den ganzen Bullshit weggekocht hat."

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