Computerspiel "Evolve":Monster sind auch nur Menschen

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Computerspiel "Evolve": Goliath ist das Einsteiger-Monster im Mehrspieler-Shooter "Evolve"

Goliath ist das Einsteiger-Monster im Mehrspieler-Shooter "Evolve"

(Foto: 2K Games/PR)

Warum der Multiplayer-Shooter "Evolve" zwar eines der besten Spiele ist, die es in diesem Genre gibt, aber trotzdem nicht so viel Spaß macht, wie er sollte.

Von Matthias Huber

Nach nur dreieinhalb Minuten ist es vorbei: Griffin, der Fallensteller, beglückwünscht das Team, der schwergerüstete Markov lädt ein neues Magazin in seine Waffe. Lazarus, der Sanitäter, ist enttäuscht, weil seine Dienste kaum gefragt waren. "Naja, vielleicht wird die nächste Runde besser", sagt der Spieler, der ihn steuert, im Online-Voicechat. "Ich bin raus, danke euch allen", verabschiedet sich der virtuelle Griffin. Die Jäger haben gewonnen, aber ein richtiges Erfolgserlebnis war es nicht. Der Multiplayer-Shooter "Evolve" ist eines der besten Spiele dieses Genres. Aber solche enttäuschenden Spielrunden kommen dennoch viel zu oft vor. Woran liegt das?

Evolutions-Stufe eins: die Jagd

Auf den ersten Blick ist "Evolve" ein einfaches Spiel: Vier Jäger ballern auf ein übermannsgroßes Monster, es wehrt sich mit Fäusten, Felsbrocken, Feueratem und Blitzen. Wer am Schluss noch steht, hat gewonnen. Das erinnert an die Bosskämpfe von Online-Rollenspielen wie "World of Warcraft" - nur dass in diesem Fall auch der Boss von einem Spieler gesteuert wird.

Vier gegen einen also, das klingt nach Unfairness per Design. Die Entwickler sprechen von einem "asymmetrischen Shooter". Anfangs sind die Vorteile bei den Jägern, später, wenn das Monster stärker geworden ist, werden sie zu den Gejagten. In einer idealen Welt haben Jäger und Monster aber genug Handwerkszeug, um ihre jeweiligen Nachteile durch eine geschickte Strategie auszugleichen. Doch die Entwickler von "Evolve" haben ihre Rechnung ohne die Ungeduld der Spielergemeinde gemacht.

Denn "Evolve" wird dann unfair, sobald unter den fünf Spielern einer ist, der das Spiel noch nicht ganz verstanden hat. Egal, ob er auf Monster- oder Jägerseite steht. Dann können die vier verbleibenden wenig ausrichten, um das Spiel noch zu retten.

In den ersten Minuten entscheidet sich also, ob eine Partie spannend oder langweilig wird. Weil "Evolve" schmerzhaft deutlich macht, wie wichtig es für das Spielerlebnis ist, sich auf alle Teilnehmer verlassen zu können. Aber warum ist es auch heute noch, sechs Wochen nach Veröffentlichung, so schwer, ein halbwegs verlässliches Jäger-Team oder einen fähigen Monster-Spieler zu finden?

Anderen Mehrspieler-Titeln gelingt es, ihren Spielern innerhalb einer Partie etwas beizubringen, sie bilden die Lernkurve im Miniaturformat im Spielablauf einzelner Runden nach. Beispielsweise beginnt jedes "Starcraft"-Match mit einer nur rudimentär vorhandenen Basis. Mit jedem neuen Gebäude und jeder neuen Figur steigt für den Spieler die Komplexität, bis er nach 15 oder 20 Minuten eine Hundertschaft an Figuren gleichzeitig steuern muss. Die nächste Partie fängt wieder von vorne an.

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