Chinas Supercomputer:Rechnen für den Ruhm

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China baut den schnellsten Supercomputer der Welt - und fügt den USA damit einen gewaltigen Imageverlust zu. Auch Deutschland rüstet seine Spitzenrechner auf.

Helmut Martin-Jung

Welchen Schaden richtet eine Atombombe an? Wo könnte es noch Öl- oder Gasvorkommen geben und wie wird eigentlich das Wetter morgen? Diese scheinbar so verschiedenen Fragen haben eines gemein: Um sie zu beantworten, werden in zunehmendem Maße Supercomputer eingesetzt.

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Die meisten und schnellsten dieser Zahlenfresser stehen seit Jahrzehnten in den USA, wo viele der dafür verwendeten Technologien entwickelt wurden. Die Liste der 500 schnellsten Supercomputer, die in der nächsten Woche herauskommt, wird allerdings erstmals seit 2002 wieder ein anderes Land anführen: China.

Zwar ist die Liste noch nicht geschlossen, doch ihre Verwalter rechnen nicht mehr damit, dass es bis zum Montag noch einem anderen Betreiber gelingt, eine Maschine in Gang zu bekommen, die schneller rechnet als Tianhe-1A: 2,5 Billiarden mathematische Operationen pro Sekunde schafft die Anlage, etwa 40 Prozent mehr als der bisherige Rekordinhaber aus den USA.

Das Forschungszentrum in der Hafenstadt Tientsin, 100 Kilometer südöstlich von Peking, wo die Anlage steht, wird von den Ministerien für Verteidigung und für Bildung kontrolliert. Mit Milliardensummen hat China diese Technik vorangetrieben und dabei nicht bloß westliche Ideen kopiert.

Supercomputer von heute darf man sich nicht als monolithische Klötze vorstellen. Sie bestehen aus Zehntausenden einzelner Chips, wie man sie ganz ähnlich auch in Computern fürs Büro findet. Beim Supercomputer Tianhe-1A, zu deutsch Milchstraße, wurden zusätzlich zu 14.336 Prozessoren von Intel auch 7168 Graphikchips des amerikanischen Herstellers Nvidia verwendet.

Prestigeprojekt zum Schaden der USA

Graphikchips verfügen über Hunderte separater Recheneinheiten. Diese leisten zwar einzeln viel weniger als Recheneinheiten auf einem Hauptprozessor. Weil es aber Hunderte davon gibt, können sie parallel arbeiten und erreichen somit unter bestimmten Voraussetzungen enorme Geschwindigkeiten.

Allerdings lässt sich der Geschwindigkeitsgewinn nur für wenige Anwendungen nutzen, ist also mehr theoretischer Natur, sagt Arndt Bode, Leiter des Münchner Leibniz-Rechenzentrums. Er hält Tianhe-1A für ein Prestigeprojekt, das für die Amerikaner einen "gewaltigen Imageverlust" bedeute.

Allerdings zeige das Projekt, dass China in der Welt der Höchstleistungsrechner ernst genommen werden wolle. "In den nächsten Jahren werden in China sicher auch andere Anlagen in Betrieb gehen, die dem Forschungsbetrieb mehr bringen."

Auch Deutschland mischt mit

In Deutschland und Europa hat man bisher auf Graphikchips verzichtet. Denn einen hiesigen Superrechner wie den des Leibniz-Rechenzentrums in Garching benutzen Hunderte Forscher für unterschiedliche Anwendungen. Es bräuchte Tausende von Mannjahren, einen solchen Rechner fit zu machen für Berechnungen mit Graphikchips, sagt Bode.

Weil Höchstleistungsrechner in der Forschung eine immer höhere Bedeutung erhalten, fließt aber auch in Europa viel Geld in die komplizierten Maschinen. Das Gauß-Zentrum, in dem die Standorte Stuttgart, Jülich und München/Garching zusammengeschlossen sind, wird für neue Projekte beispielsweise mit 400 Millionen Euro gefördert.

In Garching wurde vor wenigen Tagen Richtfest gefeiert für die Erweiterung des dortigen Höchstleistungsrechners. In einem Jahr soll dann eine Anlage in Betrieb gehen, die schneller ist als Tianhe-1A, aber ausschließlich normale Prozessoren einsetzt.

Lesen Sie hierzu Berichte in der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 29.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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