Süddeutsche Zeitung

Chat-App:Facebook führt Verschlüsselung für den Messenger ein

  • Facebook testet eine Funktion, mit der Messenger-Nachrichten komplett verschlüsselt werden.
  • Wie viele der 900 Millionen Nutzer das Angebot tatsächlich nutzen werden, ist unklar.

Von Hakan Tanriverdi, New York

900 Millionen Menschen nutzen den Facebook-Messenger - sie können nun mit einem einfachen Klick ihre Privatsphäre besser schützen als zuvor. Denn die Plattform hat angekündigt, die so genannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einzuführen. Die Firma nennt dieses Feature "Secret Conversations" und schreibt im Firmenblog: "Auf einer Testbasis sind Secret Conversations bereits heute verfügbar. Wir werden die Funktion diesen Sommer weitläufiger verfügbar machen."

Mit einem einfachen Klick heißt in diesem Fall: Die Nutzer müssen sich aktiv dafür entscheiden. Die Funktion ist nicht automatisch eingeschaltet. Haben sie diese Form der Unterhaltung aktiviert, können sie einzelne Nachrichten mit einem Countdown versehen. Nach Ablauf löscht sich die Botschaft dann von selbst.

Bislang wurden die Nachrichten bei Facebook auf dem Server des Unternehmers gespeichert - und zwar im Klartext. Regierungen - und Facebook selbst - haben so Zugriff auf den Inhalt der Nachrichten. Dieser Zugriff soll nun wegfallen. Die Ende-zu-Ende Verschlüsselung sichert die Kommunikation zwischen Sender und Empfänger ab. Nur auf deren Geräten kann die Nachricht gelesen werden. In der Regel bedeutet das: Kriminelle, die sich Zugang zum Account verschaffen, Geheimdienste, die Polizei und Facebook selbst werden derart verschlüsselte Nachrichten nicht lesen können.

Viber und Whatsapp nutzen bereits Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

Das soziale Netzwerk folgt mit diesem Schritt auf andere Chat-Apps wie Viber und Whatsapp. Auch Google hatte angekündigt, in einer neuen App namens Allo, die bald erhältlich sein werde, diese Form der Verschlüsselung anzubieten. Doch im Unterschied zu Whatsapp und Viber werden die Apps von Facebook und Google eben nur auf Wunsch hin zusätzlich abgesichert.

Facebook begründet diese Einschränkung mit der Bequemlichkeit der Nutzer: "Viele Leuten wollen, dass der Messenger auch dann funktioniert, wenn sie vom Computer zum Telefon wechseln." Das ist mit der neuen Funktion nicht möglich. Nutzer müssen sich entscheiden, auf welchem Gerät sie abgesichert kommunizieren wollen. Ebenfalls dürfte eine Rolle spielen, dass Facebook vermehrt auf künstliche Intelligenz setzt - und diese bei Facebook darauf ausgelegt ist, Nachrichten zu analysieren. Das Unternehmen muss sie dafür also lesen können.

Facebook setzt auf ein Verschlüsselungssystem, das von Open Whisper Systems entwickelt wurde. Es ist quelloffen (damit von Außenstehenden überprüfbar) und wird auch von Whatsapp und Google verwendet. Wieviele Nutzer sich tatsächlich für die Verschlüsselung entscheiden und auf Komfort verzichten, lässt sich noch nicht vorhersagen.

Eines ist aber klar: Dem Image von Facebook, das stets als Negativbeispiel für Datensammelwut herhalten muss, schadet die Entscheidung mit Sicherheit nicht. Doch auch für die Nutzer ist der Schritt ein Gewinn. Mit geringem Mehraufwand können sie sicher und privat kommunizieren, ohne dass Facebook oder irgendjemand anderes mitlesen kann.

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