Cebit 2009:IT-Fachkräfte dringend gesucht

Lesezeit: 2 min

Branchenverbände machen auf der Cebit gute Stimmung, um für den nächsten Aufschwung gerüstet zu sein.

Thorsten Riedl

Ein Indikator für die Lage in einer Branche ist die Zahl der freien Betten zu einer wichtigen Messe. Bislang waren es Besucher der Cebit in Hannover gewohnt, dass Hotelzimmer zur weltweit wichtigsten Computerausstellung lange im Voraus ausgebucht waren. Privatunterkünfte waren die Alternative, Messemuttis sorgten sich um ihre Gäste.

Cebit-Neuheiten 2009
:Schnell und sparsam

Vom Null-Watt Computer bis zum schnellsten Prozessor - Clever Parking und Fernsehen aus der Steckdose. Wir zeigen die interessantesten Neuheiten der Cebit 2009.

In diesem Jahr hat der Wirtschaftsabschwung auch die Informationstechnik- und Telekommunikationsbranche (ITK) erfasst. Hotelzimmer gibt es problemlos, viele private Betten bleiben leer. Einen Tag vor Beginn der Messe haben Branchenverbände am Montag dennoch versucht, gute Stimmung zu verbreiten: "Unsere Branche klagt nicht wie andere", sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. "Natürlich werden wir nicht unbeeinflusst bleiben." Der Sektor hat nun Furcht vor dem Start eines neuen Schweinezyklus' - vor dem Wegbleiben von Fachkräften.

In den vergangenen Jahren hatten sich Beobachter schon an das Lamentieren in der IT- und Telekommunikationsbranche gewöhnt: Es fehle an gut ausgebildeten Fachkräften, teilte der Bitkom-Präsident bei seinen quartalsweise stattfindenden Pressekonferenzen mit. Die Firmen der Branche würden sich in ihren Wachstumschancen gebremst fühlen.

Die Politik müsse daher für ein leichteres Einwandern von ausländischen Experten sorgen und die Ausbildung in Schulen und Universitäten verbessern. 2009 hat sich die Lage geändert. Viele Technologieunternehmen entlassen Beschäftigte, Microsoft oder Google etwa zum ersten Mal in ihrer Firmengeschichte.

Die Branche hat Angst, dass ihr angesichts der Negativmeldungen die Experten davonlaufen, entlassen werden oder dass junge Leute ein anderes Studienfach wählen. "Wir dürfen nicht wieder in einen Schweinezyklus verfallen", heißt es vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Man kennt das aus den achtziger und neunziger Jahren. In den wirtschaftlichen Krisenzeiten entließen die Firmen damals gut ausgebildete Fachkräfte.

Cebit-Neuheiten 2009
:Schnell und sparsam

Vom Null-Watt Computer bis zum schnellsten Prozessor - Clever Parking und Fernsehen aus der Steckdose. Wir zeigen die interessantesten Neuheiten der Cebit 2009.

Das war ein Signal für Schulabgänger, nun nicht ein Ingenieurs- oder Informatikstudium zu beginnen. Als die Konjunktur wieder anzog, fehlte der Industrie gut ausgebildetes Personal. Umgekehrt funktioniert das auch: So sahen gerade in den Boomjahren der IT viele Jugendliche ihre Zukunft in einem Technikstudiengang. Heute hat sich die Absolventenzahl in den entsprechenden Fächern im Vergleich zum Jahr 2000 verdreifacht.

Bislang hat die Rezession den Arbeitsmarkt in den technischen Berufen noch nicht erreicht. "Informatiker werden gesucht", sagte Dieter Westerkamp, stellvertretender Leiter für Technik und Wissenschaft im VDI, in Hannover. Fast 18000 freie Stellen hat der VDI im Februar gezählt. "Vor zwölf Monaten waren es genauso viele."

Demgegenüber stehen knapp 7000 arbeitslose Informatiker, so dass der VDI auf einen Bedarf von 11000 Fachkräften in der Branche kommt. Insgesamt stehen in dem Sektor hierzulande 180000 Menschen in Lohn und Brot, ein Sechstel mehr als in den Boomjahren um die Jahrhundertwende, als in IT und Internet alles möglich schien.

Der Pessimismus in der ITK-Branche wächst allerdings: Hatten vergangenen Oktober in einer Bitkom-Umfrage erst 39 Prozent der Teilnehmer gesagt, dass sich die Umsätze wegen der Wirtschaftskrise voraussichtlich schwächer entwickeln werden als gedacht, erwarteten dies in der jüngsten Untersuchung von Februar schon 59 Prozent. Fast zwei Drittel sagen zur Begründung, Kunden hätten angekündigt, Projektbudgets stornieren zu wollen, zu verschieben oder sogar zu kürzen.

64 Prozent der Bitkom-Mitgliedsunternehmen wollen deshalb ihre Umsatzerwartung für 2009 nach unten korrigieren. Die meisten Firmen des Sektors haben 2009 abgeschrieben: Nur 15 Prozent rechnen mit einem "deutlichen Anziehen der Nachfrage" in Deutschland noch in der ersten Hälfte 2009, 31 Prozent erwarten das im zweiten Halbjahr. 47 Prozent hoffen darauf im Jahr 2010 oder sogar erst 2011.

Trotz des Stimmungsrutsches sehen die Auguren von Bitkom keinen Anlass, ihre Prognose für dieses Jahr zu revidieren. Der Branchenverband rechnet weiter mit stagnierenden Erlösen von 144,6Milliarden Euro. "Wir haben keinen Anlass an dieser Stelle, negativ ins Jahr zu schauen", sagte Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Neben den Umsatzaussichten der Mitglieder werde eine Reihe anderer Faktoren zusammengefasst. Erst wenn die Cebit gelaufen ist, will der Verband zum zweiten Halbjahr hin seine Prognose erneuern.

© SZ vom 03.03.2009/mri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: