Browser-Erweiterungen:Taktiken der Vernebelung

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Wenn Nutzerprofile verschwimmen, werden Überwachung und Datensammelei bedeutungslos? (Foto: imago stock&people)

Browser-Erweiterungen können helfen, die eigenen Internetgewohnheiten zu verschleiern. So lässt sich die Datensammelei von Google und Konsorten ad absurdum führen.

Von Michael Moorstedt

Man muss sich den gewöhnlichen Internetnutzer ja als Stoiker vorstellen. Seit Jahren schon erodiert seine Privatsphäre, mit jedem Software-Update, mit jeder aktualisierten AGB und jedem neuen Gerät muss auch ein Stück Datenschutz aufgegeben werden. Aber der Nutzer macht einfach immer weiter wie gewohnt. Doch auf einmal regt sich Widerstand.

Anfang vergangener Woche hat Donald Trump ein Gesetz unterzeichnet, das es amerikanischen Internetanbietern erlaubt, die Online-Aktivitäten und Bewegungsmuster ihrer Nutzer zu überwachen, auszuwerten und zu vermarkten. Dazu gehört auch der Browserverlauf. Werbekunden gelangen somit an Informationen darüber, welche Seiten die Nutzer besuchen.

Seitdem wird auf einmal nach Möglichkeiten gesucht, der Überwachung zu entgehen. Plötzlich sind "Virtual Private Networks" beliebt, aber für den Normalnutzer immer noch sehr schwer einzurichten. Einen etwas weniger aufwendigen Weg gehen eine ganze Reihe von Browser-Erweiterungen, die versuchen, die eigenen Internetgewohnheiten zu verschleiern. All diese Zusatzprogramme mit naheliegenden Namen wie Ruin My Search History oder Noiszy funktionieren ähnlich. Im Hintergrund öffnet sich ein neues Browserfenster, in dem in unregelmäßigen Abständen willkürliche Webseiten aufgerufen werden. Lange genug, um als Pageview zu zählen, aber nicht monoton genug, um als automatisiert erkannt zu werden.

So ineffizient wie möglich

Obfuscation nennt sich diese Praxis einigermaßen umständlich. Als "vernebeln" erklärt diesen Begriff das Wörterbuch. Der Gedanke dahinter ist einfach: Wenn man der Ausschnüffelei schon qua Gesetz nicht entgehen kann, dann sollte man wenigstens dafür sorgen, dass sie so ineffizient wie möglich abläuft. Wenn auf einmal alles relevant erscheint, ist gar nichts mehr relevant. Die Nutzerprofile verschwimmen, dadurch werden Überwachung und Datensammelei bedeutungslos, so die Hoffnung.

Experten der Digital-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation sind sich jedoch nicht sicher, ob die selbstinduzierte Browser-Verschmutzung wirksam ist. Es laufe auf ein statistisches Katz-und-Maus-Spiel hinaus, bei dem es um die Frage geht, ob die Internetanbieter in der Lage sind, die Störgeräusche von den tatsächlichen Signalen zu filtern. Es müsste schon eine große Menge an Internetnutzern die Programme für sich arbeiten lassen, um einen Ausschlag zu bewirken, heißt es.

Auf die Spitze trieb das Vernebeln der Datenbanken lange Zeit ein kleines Programm namens Adnauseum. Das klickte selbständig auf sämtliche Werbebanner und Pop-up-Anzeigen, die dem Nutzer im Netz so begegnen - und zeigte ihm sogar an, wie viel Werbe-Dollar gerade sinnlos in den Äther geblasen wurden. Seit ein paar Monaten allerdings sperrt Google die Erweiterung in seinem Web-App-Store. Wenn es um den ungestörten Fluss von Werbegeldern geht, versteht der Konzern keinen Spaß.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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