Das ist also das neue Silicon Valley. In München-Neuaubing stehen bislang aber nur ein Möbelhaus, ein Indoorspielplatz und viele leere Parkplätze um das stillgelegte Ausbesserungswerk der deutschen Bahn.
Drinnen, im dreistöckigen Industriebau, stehen Sitzsäcke und ein Kicker, rote Bayern gegen gelbe Dortmunder. Hier hat das Start-up Brabbler seine Büros, gegründet hat es Eric Dolatre. Der 53-Jährige trägt einen Bart wie der große Glatzkopf der Siebzigerjahre-Popgruppe Dschinghis Khan. Und er trägt ein graues T-Shirt und Jeans, seit Mark Zuckerberg die Uniform des erfolgreichen Nerds. Dolatre hat eine Mission. Er will den "Großen wie Facebook kräftig auf die Füße treten".
Dafür hat er mit seinen Mitstreitern einen Dienst entwickelt, der mehr sein will als die 37. Messaging-App. Ein Dienst, mit dem Nutzer ganz einfach miteinander verschlüsselt kommunizieren sowie Termine planen und Dateien austauschen können. Ohne, dass Zuckerberg mitlesen und dem Nutzer Werbung unterjubeln kann. Und damit Millionen verdient.
Der Dienst kostet Geld
Ihr Produkt soll endlich eine vernünftige Alternative zu den amerikanischen Unternehmen Facebook oder Whatsapp sein. Ein Dienst aus Deutschland, der sich an das deutsche Datenschutzgesetz hält. Und tatsächlich wird er anders als diese beiden Konkurrenten sein: Er kostet Geld. Drei Euro im Monat oder 30 Euro im Jahr. Die Nutzer müssten doch verstehen, dass ihnen Whatsapp und Facebook nichts schenken, dass sie mit ihren Daten einen hohen Preis bezahlen. Und dann lieber mit barem Geld zahlen.
Dolatre will wieder den Erfolg haben, den er vor 20 Jahren hatte. Damals hatte er in München den E-Mail-Dienst GMX mitgegründet. 1997 zur Computermesse Cebit ging er online. Im Prinzip war das nichts Neues, Hotmail von Microsoft gab es schon. Auch deutsche Konkurrenz: So versuchte sich die Deutsche Post an einem E-Mail-Dienst. Wer dort eine virtuelle Adresse haben wollte, musste erst einmal ein Postkarte hinschicken.
Bei GMX ging die Anmeldung schnell und dank Werbung war es kostenlos, und für die wenigen kostenpflichtig, die keine Werbung wollten. Drei Jahre später, das Ende der New Economy war bereits zum Greifen nah, hat Dolatre seine Anteile an GMX gut verkauft. Der Hostingdienst United Internet aus Montabaur hat dafür viel Geld bezahlt. Als viele andere wie das Online-Kaufhaus Boo.com längst pleite waren.
Das Internet hat Dolatre reich gemacht. Nach 2000 ist er viel auf Reisen gegangen. Er hat in Südamerika Wein getrunken und sich über das Packeis der Antarktis schippern lassen. Dann hat er eine Familie gegründet. Er hat ein Haus im Westen der Stadt gebaut, er fährt ein spritfressendes Auto. Zusammen mit seinem Bruder hat er ein Restaurant in Haidhausen eröffnet, es hat keinen Wlan-Empfang. Und manchmal hat er in andere Start-ups investiert, zum Beispiel in eine kleine Berliner Firma, die Bio-Kosmetik herstellt.