Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Folgen Sie diesen Twitter-Accounts unauffällig

Twitter geht an die Börse. Beim Kurznachrichtendienst sind Boris Becker, die PR-Beratung des Todessterns, Lady Gaga und sogar Gott selbst angemeldet. Also alle. Süddeutsche.de sagt Ihnen, wem Sie folgen könnten.

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Gagalyktisch

Lady Gaga arrives at Berghain nightclug to promote her latest album in Berlin

Quelle: REUTERS

Twitter geht an die Börse. Beim Kurznachrichtendienst sind Boris Becker, die PR-Beratung, des Todessterns, Lady Gaga und sogar Gott selbst angemeldet. Also alle. Süddeutsche.de sagt Ihnen, wem Sie folgen könnten.

@ladygaga, 27, hat ein #ProblemmitHashtags. Sie ist besessen von ihnen und verwendet sie ununterbrochen. #SieschreibtganzeSätzeundzweckentfremdetdasPrinzipsomit. Ein anderes Prinzip von Twitter hat sie dagegen verstanden: Es eignet sich zu schamloser Eigen-PR. Auf Twitter gab die Musikerin, die gerade Werbung für ihr neues Album "Artpop" macht, Mittwochabend einen Auftritt im Weltraum bekannt. Gaga soll im Rahmen eines Festivals im Jahr 2015, das #ZeroGColony, vom Raumschiff #VirginGalactic aus ein Konzert geben.

Die Virgin Galactic gehört zur Virgin Group, halb Musik-, halb Flugkonzern, und soll die #ÄradesWeltraumtourismus einläuten. Ob Lady Gaga dort ein Konzert geben könnte oder ein Konzert geben wird? Keine Ahnung. Lady Gaga gibt keine Antworten, in ihrem Twitter-Account befeuert sie nur Gerüchte.

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Zyniker vor dem Herrn

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Quelle: Screenshot

@TheTweetofGod ist ein sarkastische Zeitgenosse, der die Menschen nicht gerade für die beste seiner Kreationen hält. Er beschwert sich darüber, dass der Vatikan seine Tweets blockiert, während die Kardinäle einen neuen Papst wählen. Und er stellt klar, dass die Republikaner nicht seine Idee gewesen seien, sondern die seines großen Widersachers. Dazu gibt er Tipps wie: "Das Geheimnis eines erfolgreichen Gebets: Wünsch Dir was, das ich sowieso immer mal machen wollte." . Der Autor, David Javerbaum, Witzschreiber für Jon Stewarts "Daily Show", macht die Einträge. Hier noch ein Tweet: "Warum dehnt sich das Universum immer weiter aus? Weil ich ein erfolgreicher Geschäftsmann bin..."

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Daumen hoch

FILE âē Film Critic Roger Ebert Dead At 70

Quelle: Getty Images

@ebertchicago war einer der bekanntesten und einflussreichsten Filmkritiker der Welt. Für die Chicago Sun-Times schrieb er Besprechungen und an seinem Daumen - hoch oder runter - hingen viele Film-Schicksale. Nach seinem Tod im April 2013 gab seine Frau Chaz bekannt, den Twitter-Account fortzuführen, auf expliziten Wunsch von Roger Ebert. Seither finden sich dort Filmtipps und Neuigkeiten aus Hollywood. Der Account folgt einem Grundprinzip von Ebert, das da lautet: Roger liebte Filme. Bis auf die, die er hasste.

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Gelehriger Pelikan

Chile-Pelikan im Sonnenlicht

Quelle: dpa

@MagicRecs ist Twitters eigener Empfehlungsalgorithmus. Der Name, abgekürzt, bedeutet "magische Empfehlungen". Die Zauberei steckt in Twitters Daten: Wer folgt wem? Wer retweetet was? Springen mehrere Menschen, denen man folgt, auf eine Nachricht oder einen neuen Account, registriert Twitter eine Anomalie in seinem Datenstrom. Interessant! Jetzt! Diese Information schickt @magicrecs dann als Privatnachricht an den Nutzer. Der sieht somit beliebte Links oder interessante neue Personen auf Twitter sehr schnell - und ohne ständig auf Twitter zu sein. Big Data mal praktisch.

Wäre doch auch doof, wenn nur die Werbefuzzis in Twitters Datenmine schürfen dürften. Und so geht's: @magicrecs folgen. Fertig. Das Accountfoto zeigt einen Pelikan (warum auch immer, hier zu sehen ein Symbolbild). Dem Vogelalgorithmus kann man antworten. "Good" lobt, "Bad" tadelt ihn. Angeblich lernt der Pelikan.

Twitter experimentiert noch mit einem zweiten Vogel, dem @eventparrot. Der soll Eilmeldungen schicken. Klappt aber noch nicht so gut.

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Nie ohne Lichtschwert

Darth Vader, Star Wars

Quelle: picture-alliance/ dpa

@deathstarpr äußert sich auch zu aktuellen Themen jenseits des Kriegs der Sterne. Beispiel? "Tokio hat die Olympischen Spiele 2020 bekommen. Wenn Lichtschwertkampf bis dahin immer noch keine Disziplin ist, wird es ein Desaster." Oder: "Wenn Prinz William und Kate Middleton ein Tochter haben und sie nicht Prinzessin Leia nennen, verschwenden sie nur jedermanns Zeit." Oder: "Wir sind vom neuen iPhone erst dann begeistert, wenn es sechs Millionen Formen der Kommunikation beherrscht und Prinzessin Leia als Hologramm darstellen kann."

Zwischendurch gibt es immer wieder Momente aus "Star Wars", kommentiert aus der Sicht der PR-Abteilung des Todessterns: "Ja, wir haben den Planeten Alderaan in die Luft gesprengt - aber zu unserer Verteidigung: Die Explosion sah ziemlich cool aus."

Es ist ein bitterböser Account für alle, die die Star-Wars-Filme und schwarzen Humor lieben - und sich dafür interessieren, wie ein Jedi-Ritter die Alltagssorgen lösen würde.

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Großes Tennis

Authors And Celebrities At Frankfurt Book Fair 2013

Quelle: Getty Images

@TheBorisBecker, 45, hat etwas von einem Unfall auf der Autobahn. Man muss hinschauen. Und man fühlt sich schlecht dabei. Schlecht, weil Boris Becker irgendwie schon noch THE Boris Becker ist. Der Held von Wimbledon. Abgekämpfter Olympiasieger, Namensgeber des Becker-Hechts und seinerzeit wichtigster Grund, an einem sonnigen Frühlingsnachmittag alleine zu Hause French Open zu schauen. Jetzt müssen wir ihm beim Versuch, die Marke Boris Becker neu zu erfinden, zusehen.

Nimmt man seinen Twitter-Auftritt zum Maßstab, erfordert das 1. wenig Zeit - 24 Tweets am 3. November - und 2. wenig Kreativität. Die Timeline ist voll von Boris-und-Lilly-Bildern, Zeugnissen irgendwelcher Restaurantbesuche, Werbung für die Becker-Biografie und vor allem: Tweets von Fans, die ihm trotz aller Peinlichkeiten innig ihre Sympathie bekunden. Nicht einmal der - zufällig parallel zum Verkaufsstart der Becker-Biografie ausgebrochene - Twitter-Streit mit Oliver Pocher ändert daran etwas. Mit einem Becker-Tweet ausgedrückt: "Humor ist...wenn man trotzdem lacht!!!"

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Besser als Fernsehen

Koalitionsverhandlungen

Quelle: dpa

@peteraltmaier, 55, ist der Bundeszwitscherminister, pardon, Umweltminister im zweiten und möglicherweise auch dritten Kabinett Merkel. Kein anderer Minister twittert so exzessiv wie CDU-Mann Peter Altmaier, selten verbringt er fünf ruhige Minuten, ohne auf dem Handy zu knibbeln. Wie viele andere Twitterer auch misst er Bekanntheit an der Follower-Zahl (derzeit gut 50.000). Nach Fernsehauftritten, das hat Altmaier mittlerweile herausgefunden, sause die Zahl prompt in die Höhe. Seine Parole, verbreitet via Twitter: "Tweet You, read You!"

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Dumme Sache

File photograph of Investor Carl Icahn speaking at the Wall Street Journal Deals & Deal Makers conference at the New York Stock Exchange

Quelle: REUTERS

@Carl_C_Icahn, 77, Investorenlegende und Multimilliardär, hat Twitter zwar erst im Juni als neue Waffe in seinen Schlachten gewählt. Mit seinen Stänker-Tweets gegen Konzerne hat er aber schon für Furore gesorgt, vor allem an der Börse. Etwa in der Übernahmeschlacht um den kriselnden PC-Hersteller Dell. Seinen Rückzug verkündete er schließlich bei Twitter. Warum? Das stellt er in seinem Profil klar: "Manche Leute werden reich, weil sie sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen. Ich verdiene mein Geld mit natürlicher Dummheit."

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Börsengang des Kurznachrichtendiensts:Selbst ist die Frau

2012 Crossing Brooklyn Ferry Festival - Day 1

Quelle: AFP

@amandapalmer, 37, twittert selten weniger als 20 Tweets am Tag. Wer ihr auf Twitter folgt, erfährt alles über die amerikanische Rocksängerin und Kabarettistin, wirklich alles: Neue Projekte, Skurrilitäten, spontane Zusatzkonzerte, nächtliche Gedanken, ihre Ehe mit dem britischen Schriftsteller Neil Gaiman und Fotos, Fotos, Fotos.

Palmer führt über Twitter ein quasi-öffentliches Leben in beständiger Kommunikation mit ihren Fans. Diese Publikumsnähe ist Teil ihres Geschäftsmodells, das vielleicht sogar ein Modell für die Rock- und Popmusik des nächsten Jahrzehnts ist. Durch die enge Bindung gelang es Palmer, nach der Trennung von ihrer Plattenfirma das Geld für die Produktion ihres neues Albums ("Theatre is Evil") selbst zu beschaffen.

Über die Crowd-Funding-Plattform Kickstarter sammelte sie 1,2 Millionen Dollar ein - die höchste je erzielte Summe. Aktuell arbeitet sie daran, sich unabhängiger von Twitter zu machen. Auf ihren Konzerten ruft sie eindringlich dazu auf, ihr eine leere E-Mail zu schicken. Ziel ist es die Fans einfacher zu erreichen.

© Süddeutsche.de/hatr/bavo
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