Blogversteigerung bei Ebay:"Das wäre ein Traum"

Bei Ebay wird alles versteigert: das Papst-Auto, ein Toast mit Jesus-Antlitz oder die eigene Seele. Jetzt soll der Verkauf eines deutschen Blogs mehr als 100.000 Euro einbringen.

S. Gierke

Die Nachricht jagte Schockwellen durch die Blogosphäre. Robert Basic will sein Blog "Basic Thinking" verkaufen! Große Aufregung im Netz der journalistischen Graswurzler!

basicthinkingblog bei ebay

Robert Basic will sein Blog "Basic Thinking" bei Ebay versteigern.

(Foto: Foto: basicthinkingblog/sde)

Denn Robert Basic ist Alpha-Blogger, einer der bekanntesten Deutschlands. Sein Blog Basic Thinking rangiert gegenwärtig auf Platz eins der deutschen Blogcharts. Darin beschäftigt sich der gebürtige Kroate hauptsächlich mit Internetthemen, rührt gern auch mal Privates und Anekdotisches unter und veröffentlicht so fast täglich mehrere Beiträge. "Hingeschrieben, wie ich rede", das sagt er selbst. Oft ist er dafür kritisiert worden, Quantität gehe bei ihm vor Qualität, er schreibe, bevor er denke. Seinem Erfolg hat das offenkundig nicht geschadet.

Mehr als 100.000 Kommentare

Weit mehr als 8000 Leser hatte der gebürtige Kroate Basic in den letzten Monaten beinahe jeden Tag. Über 12.000 Texte hat der 42-Jährige in fünf Jahren verfasst und seine Leser haben über 100.000 Kommentare geschrieben. Für ihn hat sich das irgendwie auch finanziell gelohnt. Etwas über 3000 Euro macht er nach eigenen Angaben im Monat mit Werbung. "Und ich musste dafür gar nicht viel tun, meine Werbepartner sind zu mir gekommen."

Eine Ausnahme. Denn nur die wenigsten Blogger verdienen mit ihren Blogs tatsächlich Geld, sieht man von Kleckerbeträgen ab. Allenfalls die sogenannten A-Blogger erwirtschaften nennenswerte Summen hierzulande: Das Bildblog natürlich, oder Spreeblick zum Beispiel. Andere Blogger, wie Don Dahlmann, nutzen die durch ihr Blog gewonnene Bekanntheit als Sprungbrett, um im Internet als Berater für Firmen oder als Autor tätig zu werden.

Doch die meisten bloggen gar nicht, um Geld zu verdienen. Sie tun es aus Spaß, wollen sich keinen kommerziellen Zwängen unterwerfen und sich etwa um Werbung kümmern müssen. Sie wollen die Kommunikation mit ihren Communitys nicht durch kommerzielle Aspekte beschädigen, glauben an die progressive Kraft des Mediums. Basic glaubt, beide Seiten vereinbaren zu können.

Viel ist über ihn hereingebrochen in den letzten Tagen. Schon kurz, nachdem er die ersten Verkaufs-Überlegungen veröffentlicht hatte, musste er aus der Blogosphäre viel Kritik einstecken. Der Verkauf sei ein PR-Gag, der Blog ohne ihn doch gar nichts wert oder: Basic habe erkannt, dass das Potential der Blogs ausgeschöpft sei und wolle noch schnell Kasse machen. 2007 hatte Basic noch notiert: "Die Frage eines Verkaufs stellt sich nicht." Er hatte das in der Annahme geschrieben, dass niemand bereit wäre, 100.000 Euro für den Blog zu zahlen.

"Das wäre ein Traum"

Mittlerweile glaubt er daran, dass der Verkauf sogar mehr als 100.000 Euro bringen könnte. Doch auch er behauptet, es gehe ihm in der Hauptsache gar nicht um das Geld: "Der Status, den das Blog mittlerweile erreicht hat, führt dazu, dass die Leute jetzt eine hohe Erwartungshaltung haben, Professionalität erwarten. Ich habe das aber immer so gesehen: Ich blogge als Mensch, nicht als professioneller Journalist. Deshalb will ich etwas komplett Neues anfangen, gehe damit aber natürlich ein finanzielles Risiko ein."

Zwei neue Blogs wird der Autor aus dem hessischen Usingen gründen. Doch bis die wieder Geld bringen, kann es dauern. "Aus dem Grund wäre ich froh, wenn ich beim Verkauf mindestens meinen Jahres-Umsatz bekomme, das waren ungefähr 37.000 Euro, um den Ausfall zumindest für einige Zeit ausgleichen zu können."

Basic versteigert sein Blog auf Ebay. Die Auktion läuft noch bis 15. Januar. Bisher ist der von Basic festgelegte Mindestpreis nicht erreicht, der ungefähr bei 30.000 bis 40.000 Euro liegen dürfte. Wie hoch der Preis schließlich sein wird, das kommt wohl darauf an, ob es einen Bieterwettstreit geben wird. Basic hofft: "Es gibt anscheinend auch Interessenten aus Amerika, dort gibt es ein stärkeres Bewusstsein für die Professionalisierung von Blogs."

"Kein Interesse an meiner Person"

Das Argument, sein Blog sei ohne ihn nichts wert, lässt er nicht gelten: "Wenn man das professioneller aufzieht, als ich es getan habe, dann kann man die Leserzahlen ganz leicht vervielfachen", rührt er für sein Blog die Verkaufstrommel. "Und die meisten, die mich lesen, haben sowieso überhaupt kein Interesse an meiner Person, die konsumieren die Inhalte."

Die New York Times bezifferte den Wert des bekanntesten einflussreichen US-Politblog-Netzwerks Huffington Post 2008 auf 200 Millionen US-Dollar. Soweit ist man hierzulande noch lange nicht. Doch das Interessante an dem Verkauf von Basic Thinking ist, dass damit in Deutschland ein Präzedenzfall geschaffen wird, dass es dann einen wirklichen Anhaltspunkt dafür gibt, was ausgewiesene Top-Blogs hier wert sind, ob sie überhaupt etwas wert sind.

"Wenn das bekannteste deutsche Blog für nur 1000 Euro verkauft würde, dann wird es überall heißen, das mit den Blogs, das war alles Schrott, ein Hype. Der Schaden wäre sehr groß, das ist ein Risiko", sagt Basic. Doch die Sorgen sind unbegründet, das Höchstgebot am Mittwochvormittag beträgt bereits mehr als 25.000 Euro. Durch den Rummel um den Verkauf ist dem Käufer außerdem viel mediale Aufmerksamkeit sicher, die er sich wohl auch etwas kosten lassen wird.

"Heute heißt es leider, nur wenn etwas einen Geldwert hat, ist es auch wichtig. Ich finde das zwar traurig, aber deshalb muss das Blog einfach einen guten Preis bekommen." Basic verkauft sich auch als Idealist, und man möchte ihm glauben. Er will im Internet die Möglichkeit sehen "Menschen zusammenzubringen, so dass sie sich auf einer hohen, gesellschaftlichen Ebene austauschen können. Wenn man damit auch noch Geld verdienen kann: toll."

Er hofft deshalb, dass der Verkauf seines Blogs auch eine Signalwirkung für die Bloggerszene hat: "Vielleicht wachen einige auf, vielleicht wird sich die Professionalisierung beschleunigen. Und vielleicht können wir dann irgendwann in den nächsten Jahren sagen: 10.000 Menschen in Deutschland ernähren sich von Blogs. Das wäre ein Traum."

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