Blogger in Birma:Cyber-Dissidenten

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Im Internetzeitalter kann sich Birma nicht mehr völlig abschotten. Es gibt Handys und es gibt Blogs von Exil-Birmanen, die ihre eigenen Quellen haben.

Mirjam Hauck

Als 1988 Birmas Militär die Proteste der Bevölkerung blutig niederschlug und Tausende Regimegegner ermordete, bekam die Welt davon kaum etwas mit. Zwar hat sich 19 Jahre später an der repressiven Informationspolitik nichts geändert. Doch im Gegensatz zu früher dringen Berichte über die dramatische Lage in Rangun und Mandalay nach draußen. Denn die Birmanen stellen Fotos und Berichte über ihre Proteste und die Militärgewalt ins Netz - und das Internet können die Generäle nicht vollständig kontrollieren.

Berichtet in seinem Blog aus Birma: Ko Htike (Foto: Screenshot: sueddeutsche)

Zwar zensiert die regierende Militärjunta das Internet: Sie sperrte viele Newsseiten und E-Mail-Dienste des Landes. Zudem hat Bagan Cyber als einer der beiden birmanischen Internet Service Provider die Bandbreite gedrosselt. Dennoch gelingt es einzelnen Bloggern, auf Webseiten Nachrichten über die dramatische Lage im Land zu verbreiten.

Ko Htike, ein in London lebender Birmane, hat seinen Literatur-Blog inzwischen in eine politische News-Site verwandelt. Er veröffentlicht ungefiltert Fotos, Videos und Informationen, die ihm von einem Untergrundnetzwerk aus Birma geschickt werden. "Ungefähr zehn Menschen senden mir Informationen, entweder über Internetcafés, freie Hosting-Sites oder manchmal auch über E-Mail", sagte er der BBC.

Neben Bildern von patrouillierenden Soldaten in schweren Militärfahrzeugen, Demonstranten und Helfern, die einem verletzten Mönch helfen, zeigen dramatische Appelle, wie die Situation im Land eskaliert und wie groß die Angst der Menschen ist. In dem Augenzeugenbericht auf Ko Hitkes Website heißt es: "Rangun gleicht einem Kriegsschauplatz, über ein Telefon habe ich mehr als 50 Schüsse gehört. Aber die Menschen geben ihren Protest nicht auf, es kommen immer mehr auf die Straßen. Sie (das Militär) ist mit Tränengas in eine Grundschule eingedrungen."

Das Interesse an Ko Htikes Blogs ist groß. Seitdem er Nachrichten aus Birma auf seiner Website veröffentlicht, haben sich die Zugriffszahlen verzehnfacht. Neben Ko Hitke gibt es weitere Online-Aktivisten - viele leben außerhalb Birmas. So veröffentlicht eine Gruppe von Exil-Journalisten auf ihrem Portal Mizzima News fast minütlich Meldungen über die aktuelle Situation in Rangun. Sie melden, dass Regierungssoldaten das Feuer auf Demonstranten nahe des Ngwekyaryan Klosters eröffnet und zwei Menschen erschossen haben.

Auch Blogger aus den Nachbarländern Kambodscha und Vietnam zeigen Fotos, Videos und Berichte aus Birma und bekunden ihre Solidarität mit den Demonstranten. "Wir stehen an deiner Seite, Birma", überschreibt der Kambodschaner Somongkol Teng seinen Blog.

Direkt aus Rangun berichtet Nyein Chan Yar. Er zeigt Bilder von verwüsteten Klöstern und Videos der Demonstrationen, die auch bei YouTube verlinkt sind. Zudem fordert er die Vereinten Nationen auf, die Bürger bei ihrem Kampf gegen die Militärdiktatur zu unterstützen. Die meisten Blogger sind Studenten der Universität in Rangun. Sie sind es auch, die die Exil-Birmanen und deren Internetseiten mit Nachrichten, Fotos und Videos versorgen.

Zwar verfügen weniger als ein Prozent der Birmanen über einen Internetzugang. Doch das herrschende Regime hat das Potential des Web als schlecht kontrollierbares Medium unterschätzt. Nach der Absetzung des früheren Premierministers Khin Nyunt im Jahr 2004 hat die Regierung nach Ansicht von Menschenrechtsaktivisten wenig Zensur im Internet ausgeübt. Diese Freiheit lassen sich die Birmanen jetzt nicht mehr nehmen.

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