Diese Geschichte hat viele Anfänge. Sie beginnt in einem schicken Strandclub auf Ibiza, in dem einer der Winklevoss-Zwillinge zum ersten Mal von Bitcoin erfährt. Die Investoren-Brüder haben Geld und Ruhm - dank ihnen bekommt auch Bitcoin von beidem ein bisschen. Sie beginnt 2008, als ein Mysterium namens Satoshi Nakamoto eine E-Mail an eine Handvoll Physiker, Mathematiker und Technik-Liebhaber schreibt: "Ich habe an einem neuen elektronischen Zahlungssystem gearbeitet."
Sie beginnt in der Arbeitsecke im Wohnzimmer eines Computertüftlers in Santa Barbara, der seinen Rechner ein paar Bitcoins schürfen lässt - und damit blitzschnell sehr reich wird. Und sie fängt in diesem April an, als Goldman Sachs 50 Millionen Dollar in ein Bitcoin-Start-up steckt.
Wo auch immer man den Auftakt der Digitalwährung sieht, die Geschichte ist noch jung. "Das System ist noch sehr unreif", sagt der Autor und New York Times-Journalist Nathaniel Popper. "Wir warten noch darauf, dass Leute einen Weg finden, damit man es auf einfache Art und Weise nutzen kann." Er hat ein Buch über Bitcoin geschrieben, das in der vergangenen Woche in den USA erschienen ist, es heißt "Digital Gold". Bitcoin, glauben Optimisten, könnte für die Finanzwelt das sein, was das Internet für die Medien war: der große Erneuerer, der den alten Giganten Macht abnimmt und an das Volk überträgt.
Der Kurs schwankt enorm
Wenn man Bitcoin mit dem Internet vergleicht, sagt Popper, seien wir auf dem Level von 1994. "1994 wäre es hart gewesen, vorherzusehen, wer die großen Spieler des Internets werden." Aber er ist optimistisch, dass sich die Währung - vielleicht in abgewandelter Form - durchsetzt, so wie das Internet sich durchsetzte, obwohl manche Internetfirma unterging. "Der Vorteil von Bitcoin, als erster am Markt gewesen zu sein, wird sehr schwer einzuholen sein für andere Währungen."
Bitcoin hat Schwierigkeiten, die Insolvenz einer Tauschbörse hat Vertrauen gekostet, der Kurs fällt seit Monaten. "Ich versuche, mich ab und zu daran zu erinnern, dass Bitcoin wahrscheinlich zusammenbricht", sagt einer der Mitentwickler, Erik Voorhees, in Poppers Buch. "Obwohl ich so optimistisch bin, versuche ich mir klar zu machen, dass innovative Dinge meistens scheitern." Doch derzeit gibt es auch Nachrichten, die darauf hindeuten, dass Bitcoin trotz allem im Mainstream ankommt. An der New York Stock Exchange gibt es seit vergangener Woche einen Bitcoin-Index, der die Preise von verschiedenen Bitcoin-Börsen nachverfolgt, an denen man die Digitalwährung in Dollar, Euro oder anderes Analoggeld tauschen kann.
Die Investmentbank Goldman Sachs, die erste, die in ein Bitcoin-Start-up investierte, spricht von einem "Megatrend", der das Finanzwesen verwandeln könnte. Die Winklevoss-Zwillinge, bekannt von ihrem Rechtsstreit um ihre Beteiligung an der Facebook-Gründung, und etliche andere Finanzinvestoren stecken Millionen in das neue Geld.
Hinter Bitcoin stecken komplizierte Algorithmen. Anders als analoges Geld werden Bitcoin nicht vom Staat gedruckt, sondern mit einem komplizierten Algorithmus von Computern errechnet; "mining" nennt man das. Der Begriff soll nach Gold und Zuverlässigkeit klingen. Inzwischen kann man mit Bitcoin beim Elektroautobauer Tesla oder beim Online-Händler Overstock.com zahlen und beim Time -Verlag Abos abschließen. Eine Kirche in London akzeptiert Bitcoin für die Kollekte.