Big Brother Awards 2008:Ausgezeichnet ausgespäht

Die Telekom, SKL oder Beate Uhse - Datenschutz-Affären gab es dieses Jahr reichlich. Die skandalträchtigsten bekommen den Big Brother Award. Wir zeigen die Preisträger.

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Bundestag, ddp

Quelle: SZ

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Big Brother Award 2008

Einmal im Jahr vergeben Datenschutzorganisationen den Big Brother Award. Der Negativpreis geht an Firmen, Organisationen oder Menschen, die missbräuchlich mit Informationen umgehen. Wir zeigen die Preisträger:

Kategorie Verbraucher: Mitglieder des 16. Deutschen Bundestags

Ausgezeichnete Tat: Das Durchwinken mehrerer Gesetze, die das langfristige Speicher und die Weitergabe von detaillierten Daten über Reisende erzwingen.

Am 24. Januar 2008 beschloss der Bundestag das "Gesetz zur Änderung seeverkehrsrechtlicher, verkehrsrechtlicher und anderer Vorschriften mit Bezug zum Seerecht". Künftig werden die Daten der Passagiere von Fähr- und Kreuzfahrtschiffen automatisch an die Schifffahrts-Behörden und an die Bundespolizei übermittelt. Der Ausflug auf die ostfriesischen Inseln wird also in Zukunft registriert - zur Gefahren-Abwehr.

Am 15. November 2007 haben die Abgeordneten einem Gesetz zugestimmt, das das Flugdaten-Abkommen der EU mit den USA ratifiziert. Name, Anschrift und Kreditkartendaten werden von den Fluggesellschaften bereits vor dem Flug an die US-Behörden übermittelt und beim Heimatschutzministerium gespeichert.

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EU-Parlament, ddp

Quelle: SZ

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Kategorie Europa/EU: Rat der Europäischen Union

Ausgezeichnete Tat: EU-Terrorliste

Darin werden zahlreiche Organisationen und Einzelpersonen als "terroristisch" eingestuft. Die Liste ist weder demokratisch legitimiert noch unterliegt sie einer demokratischen Kontrolle.

Wer einmal auf der Liste steht, hat kaum mehr eine Chance auf ein normales Leben. Er wird politisch geächtet, wirtschaftlich isoliert und sozial ruiniert. Das gesamte Vermögen wird eingefroren, alle Konten und Kreditkarten werden gesperrt und Barmittel beschlagnahmt sowie Arbeits- und Geschäftsverträge faktisch aufgehoben.

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Telekom, dpa

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Kategorie Arbeitswelt und Kommunikation: Deutsche Telekom

Ausgezeichnete Tat: Die Bespitzelung von Telekom-Aufsichtsräten und Journalisten

Der Konzern hatte sich intern an Daten vergriffen, deren Verwendung zu Ermittlungszwecken ansonsten nur mit richterlichem Beschluss möglich ist. Mehrere hunderttausend Telefon- und Mobilfunkdatensätze von eigenen Aufsichtsräten und Journalisten wurden illegal ausgewertet, um herauszufinden, auf welchem Wege vertrauliche Informationen an Medien gelangt waren.

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Yello Strom, AP

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Kategorie Technik: Yello Strom

Ausgezeichnete Tat: Digitalstrom-Technik für Privatkunden

Mithilfe der Digitalstrom-Technik lässt sich der Stromverbrauchs einer Wohnung und sogar einzelner Geräte sekundengenau erfassen.

Der Yello-Stromzähler überträgt die Daten alle 15 Minuten über das Internet an die Zentrale: Dann werden sie auf die Yello-Homepage gestellt.

Die detailreiche Verbrauchsmessung gibt viele Informationen über den Verbraucher preis: Wann steht er auf, wann geht er aus dem Haus? Wann kocht er, wann schaut er Fernsehen oder ist er verreist?

Foto: ap

Marktforschung, Istock

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Kategorie Verbraucher II: Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute (ADM)

Ausgezeichnete Tat: Die Empfehlung, heimlich Telefoninterviews mitzuhören.

Der ADM ist die Standesorganisation der größten und umsatzstärksten Markt- und Sozialforschungsinstitute. Für seine Mitglieder gab er die Richtlinie aus, Telefoninterviews bei Bedarf ohne Kenntnis der Gesprächspartner heimlich mitzuhören. Nachdem die Datenschutzbehörde diese Praxis beanstandet hatte, distanzierte sich der ADM aber nicht von dieser Richtlinie. Er propagiert diese rechtswidrige Praxis weiterhin.

Der ADM begründet das so: Das Interviewziel könne nur erreicht werden, wenn der Interviewer sich "normal" verhalte. Deshalb sei es zulässig, ihm das zeitweise Mithören nicht mitzuteilen.

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Michael Glos, AP

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Kategorie Politik: Das Bundeswirtschaftsministerium

Ausgezeichnete Tat: ELENA

Im Juni dieses Jahres hat das Bundeskabinett die Einführung eines elektronischen Meldeverfahrens beschlossen, mit dem alle Arbeitgeber die Einkommensdaten ihrer Angestellten an eine zentrale Sammelstelle übermitteln müssen. Es nennt sich "Elektronischer Entgeltnachweis", kurz ELENA.

Ziel des Verfahrens sind Bürokratieabbau und Kostensenkung. Doch dank ELENA entsteht ein Datenpool, der nicht nur für Sozialbehörden interessant sein dürfte, sondern auch den Zugriffswunsch der Finanzämter auslösen wird.

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DAK, ddp

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Kategorie Gesundheit und Soziales: Deutsche Angestellten Krankenkasse (DAK)

Ausgezeichnete Tat: Weitergabe von Patientendaten

Zigtausende chronisch Kranker, die bei der DAK versichert sind, erhielten 2007 einen Anruf der amerikanischen Firma Healthways International. Die DAK hatte dem Unternehmen die Patientendaten 200.000 chronisch kranker Versicherter weitergegeben - um für das Gesundheitsberatungsprogramm der DAK zu werben.

Foto: ddp

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